Perspektive

Japan:

Premierminister bereitet Krieg vor

Der japanische Premierminister Shinzo Abe erinnerte letzte Woche an das Beispiel des Falklandkrieges, um seine harte Haltung im Streit mit China um eine Inselgruppe im ostchinesischen Meer zu rechtfertigen. Das ist eine ernste Warnung: die Bruchlinien für einen neuen, schrecklichen weltweiten Konflikt werden in Asien gezogen.

Abe zitierte die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher und ihre zynische Rechtfertigung für die Kriegserklärung an Argentinien im Jahr 1982: „Die Prinzipien des Völkerrechts müssen stärker sein als gewaltsame Erpressung.“ Daraufhin schickte sie das britische Militär in einen blutigen Konflikt, der auf beiden Seiten hunderte von Todesopfern forderte, um einen winzigen Rest des britischen Empires im Südatlantik zu retten.

Abes Kommentar ist eine unmissverständliche Absichtserklärung: seine Regierung ist bereit, einen Krieg gegen China zu riskieren, um ihre Kontrolle über eine Gruppe von unbewohnten Felsinseln im Ostchinesischen Meer zu verteidigen, die in Japan Senkaku- und in China Diaoyu-Inseln genannt werden.

Es ist offensichtlich, welch große Gefahren dabei drohen. Im Gegensatz zu Argentinien ist China eine große Atommacht mit einem großen, zunehmend modern gerüsteten Militär. Ein bewaffneter Konflikt zwischen Japan und China könnte außer Kontrolle geraten und andere Mächte mit hineinziehen, vor allem die USA, die bereits erklärt haben, sich im Falle eines Krieges um die Inseln auf die Seite Tokios zu stellen.

Der Hauptverantwortliche für das Schüren dieser Spannungen ist die Obama-Regierung, die seit 2009 eine diplomatische und strategische Offensive in ganz Asien führt, mit der sie Chinas Stellung als potenzieller wirtschaftlicher und militärischen Rivale untergraben will. Obamas „Schwerpunktverlagerung auf Asien“ (Pivot to Asia) hat Amerikas Verbündete und strategische Partner dazu ermutigt, eine härtere Haltung gegen China einzunehmen und damit die vielen potenziellen Brandherde der Region entzündet – darunter die Koreanische Halbinsel, Seegebietsstreitigkeiten im Südchinesischen Meer und den ungelösten Grenzstreit zwischen Indien und China.

Hinter diesem Ausbruch des Militarismus steht der zunehmende weltweite Zusammenbruch des Kapitalismus. Der amerikanische Imperialismus versucht seit zwanzig Jahren verzweifelt, seinen Niedergang durch seine Militärmacht auszugleichen. Obama hat mit seiner Hinwendung zu Asien den Einsatz unvorstellbar erhöht. Ein Konflikt zwischen Atommächten droht.

Der rechte Nationalist Abe verfolgt eine ähnliche Strategie, um zwei Jahrzehnte wirtschaftlicher Stagnation zu beenden, in denen Japan seine Position als zweitgrößte Wirtschaftsmacht an China verloren hat. Er ist entschlossen, ein „starkes Japan“ aufzubauen, dass die Interessen des japanischen Imperialismus mit wirtschaftlichen und militärischen Mitteln durchsetzen kann.

Kurz nach der Wahl setzte Abe sofort Pläne zum Aufbau eines Militärs um, das nicht mehr durch die „pazifistische“ Verfassung der Nachkriegszeit gehindert wird. Gleichzeitig übernahm seine Regierung eine aggressive Geldpolitik, die der Politik der „quantitativen Lockerung“ der amerikanischen Federal Reserve ähnelt, um den Yen abzuwerten und die Exporte auf Kosten von Japans Rivalen zu stärken.

Abes Bezugnahme auf den Falklandkrieg enthält noch eine weitere ominöse Warnung. Thatchers Entscheidung, einen Krieg im Südatlantik zu führen, sollte nicht nur die Stärke Großbritanniens auf der Weltbühne zeigen. Sie war auch gegen den „Feind im Innern“ gerichtet, wie sie es später formulierte – die britische Arbeiterklasse. Zuvor konnte sie den Widerstand der Arbeiter gegen ihre wirtschaftsfreundliche Agenda nicht brechen, also benutzte sie mit Unterstützung der Labour Party den Falklandkrieg, um Nationalismus und Kriegsstimmung zu schüren, und damit einen Frontalangriff auf die Arbeiterklasse vorzubereiten, der seinen Höhepunkt in der Niederlage des britischen Bergarbeiterstreiks von 1984-85 fand.

Auch Abes Ambitionen, eine „starke Wirtschaft“ aufzubauen, erfordert einen offenen Angriff auf die soziale Position der japanischen Arbeiterklasse. Wie überall auf der Welt, versucht die herrschende Klasse auch in Japan, die Last des weltweiten Wirtschaftszusammenbruchs auf ihre Rivalen im Ausland und die eigene Arbeiterklasse abzuwälzen. Das Schüren von japanischem Patriotismus und Militarismus, an dem sich das ganze politische Establishment beteiligt, ist die notwendige Vorbereitung für einen Angriff auf die Überreste des japanischen Systems der „lebenslangen Beschäftigung“ und des begrenzten Sozialstaates.

Die Wiedergeburt des japanischen Militarismus erinnert an die 1930er Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg. Der japanische Kapitalismus wurde vom Zusammenbruch des Welthandels in der Großen Depression besonders schwer getroffen. Um Märkte und Rohstoffe zu gewinnen, begann der japanische Imperialismus im Jahr 1931 einen Krieg, um die Mandschurei zu erobern, im Jahr 1937 fiel er in China ein. Im eigenen Land führte das militaristische Regime ein ganzes System von Polizeistaatsmaßnahmen ein, um jeden Widerstand der Arbeiterklasse gegen die unerträgliche soziale Lage niederzuschlagen.

Das sind auch die historischen Wurzeln der tiefen Feindschaft der Arbeiter und Jugendlichen gegenüber dem japanischen Militarismus, der in den Parteien keinen Ausdruck findet. Während der Wahl stellte sich das ganze politische Establishment – darunter die Kommunistische Partei Japans – auf die eine oder andere Weise hinter die Forderungen des japanischen Imperialismus nach der Aneignung der Senkaku-Inseln und ermöglichten so Abe und seiner rechten Liberaldemokratischen Partei die Machtübernahme.

Die Kommunistische Partei Chinas wendet die gleichen Methoden an. Sie schürt giftigen Nationalismus, um die Aufmerksamkeit von der Wirtschaftskrise und den wachsenden sozialen Spannungen im eigenen Land abzulenken. Als Reaktion auf Tokios Entscheidung vom letzten September, die Senkaku/Diaoyu-Inseln zu „verstaatlichen“ gab Peking grünes Licht für antijapanische Proteste, bei denen japanische Bürger und Geschäfte angegriffen wurden. Die chinesischen Medien werden zunehmend von Analysten dominiert, die über Chinas militärische Kapazitäten referieren und über das Ergebnis eines offenen Kriegs mit Japan spekulieren.

Nicht wenigen politischen Kommentatoren fallen die besorgniserregenden Parallelen zwischen den aktuellen Spannungen in Ostasien und den Konflikten auf dem Balkan auf, die zum Ersten Weltkrieg führten. Die Entwicklung zu einem Dritten Weltkrieg, egal ob er in Asien oder woanders auf der Welt ausbricht, ist das Produkt des unlösbaren Widerspruchs des Kapitalismus zwischen der Weltwirtschaft und dem veralteten Nationalstaatssystem auf der einen Seite und dem Privateigentum und der vergesellschafteten Produktion auf der anderen Seite.

Die einzige gesellschaftliche Kraft, die in der Lage ist, die Gefahr eines Krieges zu bannen, ist die Arbeiterklasse. Dazu muss sie einen gemeinsamen Kampf führen, um das historisch bankrotte Profitsystem zu beenden. Die Arbeiter Japans, Chinas und der Welt haben kein Interesse an einem Konflikt um ein paar desolate Felseninseln im Ostchinesischen Meer. Ihre Zukunft liegt im Kampf für den Aufbau einer weltweiten sozialistischen Planwirtschaft, die organisiert wird, um die sozialen Bedürfnisse der Menschheit zu erfüllen anstatt die Profitgier einer winzigen reichen Elite.

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