Nation-Redakteurin verteidigt Obama in TV-Interview

Katrina vanden Heuvel, Redakteurin und Herausgeberin der linksliberalen Zeitschrift Nation, trat am 19. Mai in einem Interview mit ABC News als Verteidigerin der Obama-Regierung auf. In einem Internet-Politmagazin dieses Senders („Diese Woche“) spielte vanden Heuvel die Bedeutung der Angriffe auf demokratische Rechte herunter.

Vanden Heuvels Auftritt zeigt einmal mehr, dass die Nation die Aufgabe übernommen hat, eine „links“ lautende Begründung für die reaktionäre Außenpolitik der Obama-Regierung und der Demokratischen Partei zu liefern. Allein die Tatsache, dass sie zu einer solchen Sendung eingeladen wird, zeigt deutlich, dass die kapitalistischen Medien genau wissen, welchen Dienst die Nation der herrschenden Klasse erweist.

Das Interview kam zu einer Zeit am vergangenen Sonntag, als die neusten Skandale rund um die Obama-Regierung die Medien beherrschten. Die US-Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) hatte mehrere den Republikanern nahestehende Vereine, die Steuerbefreiung beantragt hatten, ungerecht behandelt. Hinzu kamen Gerüchte, das Weiße Haus habe 2012 die Umstände des Angriffs auf das US-Konsulat und einen CIA-Außenposten in Bengasi vertuscht, bei dem der amerikanische Botschafter in Libyen und drei weitere US-Angestellte getötet worden waren. Drittens erschütterte der Lauschangriff auf Redakteure und Reporter von Associated Press (AP) die Regierung.

Dieses letztere Thema, das Ausspionieren der AP-Journalisten, wurde von den Medien und Politikern am wenigsten beachtet. Dabei stellt gerade dies den klarsten und dreistesten Angriff auf demokratische Grundrechte dar: Die Regierung hat die Pressefreiheit verletzt, um Whistleblower und Investigativ-Journalisten einzuschüchtern, zu verfolgen und von der Veröffentlichung von Regierungsgeheimnissen abzuhalten.

Die Republikaner bauschen das IRS-Thema aus parteipolitischen Gründen am meisten auf, und aus dem Bengasi-Debakel versuchen sie, Profit zu schlagen, während sie seine wirkliche Brisanz verschleiern, nämlich die Tatsache, dass die US-Regierung in den neokolonialen Kriegen in Libyen und Syrien mit Organisationen zusammenarbeiten, die Verbindungen zu Al-Qaida unterhalten.

Im Sonntagsprogramm “Diese Woche” war Vanden Heuvels Diskussionspartner der Washington Post Kolumnist George Will. Dieser führte die strengen Steuerprüfungen gegen regierungsfeindliche Gruppen, (die vor allem, aber nicht ausschließlich, den Republikanern nahestehen) als Beispiel dafür an, dass Obama “den Regierungsapparat benutzt, um Feinde der Regierung zu bestrafen”. Er wies darauf hin, dass schon Nixon den IRS benutzt habe, um politische Gegner anzugreifen, und verglich den Fall mit dem Watergate-Skandal, der Nixons Präsidentschaft beendet hatte.

Darauf erwiderte vanden Heuvel: “Watergate, im Ernst, George? Ich meine, Watergate war ein einzigartiger Skandal wegen seiner tiefen Kriminalität. Da gab es im Weißen Haus einen Präsidenten, der die subversiven Machenschaften des FBI und anderer Institutionen, einschließlich des IRS, anleitete (...). Wir müssen die Sache untersuchen, aber wir sollten sie nicht Watergate nennen, weil das unsere Geschichte und das ganze Wesen der Verfassungskrise verdreht.”

Mit anderen Worten, heute gibt es unter Obama vanden Heuvel zufolge keine Verfassungskrise.

In Wirklichkeit ist die derzeitige Regierung gerade dabei, einen Sturmangriff auf die Bürgerrechte und die Verfassung zu führen, der alles übertrifft, was Nixon unternommen hat.

Obama maßt sich das Recht an, insgeheim und ohne Prozess jeden, auch US-Bürger, überall auf der Welt durch Drohnen ermorden zu lassen, selbst innerhalb der Vereinigten Staaten. Er bespitzelt Journalisten ohne richterliche Anordnung auf massive und beispiellose Weise. Er lässt mutmaßliche Terroristen oder ihre Helfershelfer ohne Anklage oder Gerichtsverfahren zeitlich unbegrenzt einsperren, und er schickt die Armee in fremde Länder, ohne die Zustimmung des Kongresses einzuholen.

Erst vergangenen Monat führte die Regierung einen Probelauf durch, um Mittel und Methoden eines Polizeistaats auszutesten, als sie nach den Bombenanschlägen beim Bostoner Marathon die ganze Stadt Boston abriegelte.

Nur wenige Minuten, nachdem vanden Heuvel das Weiße Haus bezüglich der IRS-Affäre verteidigt und geleugnet hatte, dass Obama die Verfassung verletze, sagte sie im Zusammenhang mit der Beschlagnahmung von AP-Telefonaufzeichnungen genau das Gegenteil. “Diese Regierung hat den Stab von Bush übernommen”, sagte sie, “und sie hat es versäumt, zu halten, was sie versprochen hat. Bei der Pressefreiheit hat sie die schlechteste Bilanz (...). Diese Regierung hat mehr Menschen wegen der Weitergabe von Informationen verfolgt (...) als alle anderen.”

Im Einklang mit dem verlogenen und prinzipienlosen Journalismus ihrer Zeitung denkt vanden Heuvel, sie könne mit zwei Zungen sprechen, ohne dass es jemand merkt. Aber wenn Obama, wie sie einräumt, die schlimmsten Angriffe auf die Pressefreiheit aller US-Regierungen der Geschichte führt, dann ist er sicherlich eines historischen Angriffs auf die Verfassung schuldig, auf die er geschworen hat, und gehört vor Gericht gestellt.

Natürlich fühlte vanden Heuvel sich als Redakteurin und Herausgeberin einer Nachrichtenzeitung verpflichtet, das Weiße Haus wegen seines Angriffs auf AP zu kritisieren, umso mehr, als die bürgerlichen Zeitungen New York Times und Washington Post dies auch getan hatten. Dennoch achtete sie peinlich darauf, dass ihre Aussagen unverbindlich blieben, und sie begnügte sich damit, zu wiederholen, was die etablierten Medien zu diesem Fall zu sagen hatten.

In der Tat schwenkte sie in der Frage der Verletzung der Pressefreiheit rasch von einer Kritik an Obama auf die offizielle Position des Weißen Hauses und der Demokratischen Partei ein. “Ich würde behaupten”, sagte sie, “dass die Entschlossenheit, Präsident Obama zu blockieren, die Republikanische Partei zusammenschließt. (...) In der vergangenen Woche war es wieder schlimm, zu sehen, wie sie die Bestätigung der Amtsträger blockierten, die für eine funktionierende Regierung nötig sind.”

Die Nation gibt den Ton an, und sie spricht für eine ganze Gesellschaftsschicht der oberen “linken” Mittelschicht, einschließlich pseudo-sozialistischer Ausprägung wie die International Socialist Organization. Diese arbeitet mit den führenden Vertretern der Nation zusammen und teilt ihre Positionen. Alle diese Organisationen dienen ungeachtet gewisser rhetorischer Unterschiede als linke Flanke der Obama-Regierung und der Demokratischen Partei.

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