Demonstrationen gegen den Syrien-Krieg in Duisburg und Berlin

Am Freitag fanden in verschiedenen deutschen Städten Demonstrationen gegen den Syrien-Krieg statt. Reporter der WSWS sprachen mit Teilnehmern der Proteste.

In Duisburg hatte das „Duisburger Netzwerk gegen Rechts“ zu einer Demonstration aufgerufen. Etwa 200 Menschen, vor allem kurdischer Herkunft, versammelten sich am Hauptbahnhof und zogen durch die Duisburger Innenstadt.

Demonstration in Duisburg

Wir sprachen am Rande der Demonstration mit Gamze, die in Essen studiert und sich gegen den bevorstehenden Krieg in Syrien wandte. Sie war äußerst empört über die allseitige Kriegspropaganda in den Medien.

„Ohne den Faschismus relativieren zu wollen, aber was die Zeitungen schreiben oder die Fernseh-Nachrichten bringen, erinnert an die schlimmsten Zeiten Deutschlands, an die Nazis“, sagte sie. Nach all den Kriegen der letzten Jahre sei es eindeutig, dass es hier um „geostrategische Interessen geht. Jetzt ist Syrien an der Reihe, dann der Iran und irgendwann Russland und China.“

Anders als in Tunesien und in Ägypten, wo die Revolution von der Bevölkerung getragen wurde, seien in Syrien von Beginn an Handlanger des Imperialismus unterstützt worden. „Man kann über Assad denken, was man möchte“, sagte sie, „aber die so genannten Rebellen sind zum Großteil islamistische Terroristen von der al-Nusra-Front. Und diese werden von der Türkei und den USA unterstützt.“

Viele kurdische Demonstrationsteilnehmer erinnerten an das Massaker, das die al-Nusra-Front im kurdischen Rojava angerichtet hat. „Über 50 Menschen, darunter viele Frauen und Kinder sind brutal ermordet worden“, sagte Gamze. Halil, ein älterer Kurde, berichtete, er sei vor drei Wochen in der Türkei gewesen, direkt an der syrischen Grenze. „Die türkische Regierung bewaffnet die Islamisten.“

Gamze, wie auch ihr Bekannter Omed aus Afghanistan, sind von den politischen Organisationen in Deutschland enttäuscht. „Zur Zeit des Vietnam-Kriegs sind alle auf die Straße gegangen und haben den Krieg als das bezeichnet, was er war: ein imperialistisches Verbrechen“, sagt Gamze.

Omed, der noch zur Schule geht, ergänzte: „Die gesamte so genannte Linke hat im Kampf gegen den Krieg versagt. Die [Linkspartei-Vorsitzende Katja] Kipping und [ihr Stellvertreter Jan] Van Aken haben schon letztes Jahr ‚Adopt a Revolution‘ unterschrieben.“ Er meinte damit den Aufruf mit dem Titel „Syrien: Freiheit braucht Beistand“, der zur Einmischung in Syrien auffordert und den auch führende SPD-, Grünen- und CDU-Politiker unterzeichnet haben.

Omed meinte, die USA schritten jetzt nur ein, weil die Oppositionskräfte schwächer geworden seien. „Sie missachten die nationale Souveränität und die Menschenrechte, die sie angeblich unterstützen.“

Rojin, die mit ihren Freundinnen an der Demonstration teilnahm, befürchtet, dass sich der Krieg zu einem dritten Weltkrieg ausdehnt. Die USA legten eine Lunte an ein Pulverfass. „Der Krieg gegen Syrien ist doch in Wirklichkeit gegen Russland und China gerichtet.“ Wenn dann auch noch der kurdische Friedensprozess gestoppt werde, könne ein Flächenbrand entstehen. „Das ist wie der bekannte Domino-Effekt“, sagte sie.

Rojin, Cevher, Melissa, Nalin

 

Katharina, eine ältere Arbeiterin, fragte uns: „Wo sind die anderen? Wo sind Gewerkschaften, Parteien oder Kirchen?“ Auch sie war angewidert von den Nachrichten. „Dass denen nie etwas anderes einfällt. Jetzt ist es Giftgas. Und jetzt muss Krieg geführt werden? Als wenn ein Krieg Menschenleben rettet.“

Sie erregte sich vor allem über die Scheinheiligkeit der Bundesregierung. „Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur, geliefert wird auch in Kriegsgebiete. Dabei wird gut verdient. Und wenn dann alles zerstört ist und es zum Wiederaufbau geht, wird wieder gut verdient. Und für die Kriegsopfer ist nichts da, da sollen wir dann gefälligst spenden. Das ist doch Volksverdummung.“

Berlin

In Berlin organisierten baathistische Gruppen und Assad-Anhänger eine Demonstration vor der amerikanischen Botschaft. Der Aufruf im Internet „Hände weg von Syrien“ zog aber auch zahlreiche Kriegsgegner an, die keine Sympathien für das Assad-Regime hegen, aber ihre Feindschaft gegen jegliche Militärintervention zum Ausdruck bringen wollten.

Ein junger Demonstrant in Berlin

Ein junger Demonstrant erklärte, er und seine Freundin seien gekommen, um sich gegen die imperialistische Politik der westlichen Staaten auszusprechen. „Man kann Krieg nicht mit Krieg bekämpfen. Das Ganze war ja auch geplant. Wenn man Krieg will, dann bekommt man ihn aus politischer Sicht auch.“

Er kritisierte die deutsche Regierung für ihre Unterstützung der Kriegspläne. „Es ist ja bekannt, dass die deutsche und die amerikanische Regierung besondere Beziehungen pflegen. Es wird im Prinzip alles gemacht, was die amerikanische Regierung sagt. Es ist nicht zu erwarten, dass sie sich ausgerechnet jetzt gegen die amerikanische Regierung stellt.“

Er ist skeptisch, dass eine andere Regierung den Kurs ändern würde. „Wir haben ja gesehen, dass sich nicht viel geändert hat, als andere Parteien an der Macht waren. Vielleicht gibt es einen Wandel, wenn die Parteien drankommen, die noch nicht regiert haben. Aber wahrscheinlich ist es nicht. Es gibt ja noch eine Macht hinter der Macht.“

Nena, eine Abiturientin indischer Herkunft, und ihre Freundin aus der Türkei fragten nach den Hintergründen des Krieges. „In den Medien werden vollkommen andere Sachen berichtet, als mir meine Freunde aus dem Nahen Osten erzählen. Sie sagen, dass die Rebellen überhaupt keine Unterstützung in der Bevölkerung haben. Die ganze Medienkampagne für die Rebellen ist unglaublich verwirrend.“ Nenas Freundin meinte, dass nicht nur Syrien betroffen sei, sondern auch andere Ländern in den Konflikt gezogen würden.

Eine der Studentinnen auf der Demonstration in Berlin

„Wir sind auf jeden Fall gegen eine militärische Intervention in Syrien“, sagten zwei Studentinnen. „Ein Eingreifen wird dieselben Folgen haben wie in Libyen – tausende Tote. Man wird behaupten, dass dort demokratische Werte verteidigt werden, aber davon sieht man am Ende nichts. Die Zustände im Land werden sich eher noch verschlechtern.“

Um den Krieg zu stoppen, sollte man keine Waffen mehr produzieren und dorthin exportieren, sagte eine der beiden. „Wir brauchen ein humanistisches Weltbild. Man sollte die Länder mit Lebensmitteln, Medikamenten und Bildungsinitiativen unterstützen, so dass in der Gesellschaft Gerechtigkeit und Gleichheit gefördert werden. Aber es ist natürlich schwierig, in anderen Ländern für Werte einzustehen, wenn sie auf internationaler Ebene auch nicht befolgt werden.“

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