PSG interveniert in Diskussion zur deutschen Sicherheitspolitik

Unter dem Titel „Zwischen NSA und NSU: Die deutsche Sicherheitsarchitektur auf dem Prüfstand“ veranstaltete die Humanistische Union am Mittwoch in Berlin eine Podiumsdiskussion. Sowohl die Gastgeber als auch alle vertretenen Parteien nutzten die Veranstaltung, um die Geheimdienste zu verteidigen und ihre Machenschaften zu verharmlosen.

Auf dem Podium an der Berliner Humbold-Universität waren Sprecher aller Bundestagsparteien und der Piraten vertreten. Bereits in ihren Eingangsstatements machten die Diskutanten klar, dass sie nicht gewillt sind, die kriminelle Praxis der National Security Agency (NSA) oder die Zusammenarbeit des Verfassungsschutzes mit dem rechts-terroristischen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) offen anzusprechen.

Das Podium

Während der CDU-Direktkandidat für den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg Götz Müller und der stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Axel Behring die Arbeit des Verfassungsschutzes vehement rechtfertigten, weil dieser den Staat verteidige und in einer „wehrhaften Demokratie“ unverzichtbar sei, äußerten Linkspartei, SPD, Grüne und Piraten verhaltene Kritik.

Die Grüne Paula Riester und der Juso-Landesvorsitzende Kevin Kühnert mahnten einige Reformen des Verfassungsschutzes an. Die Landesgeschäftsführerin der Linken, Katina Schubert, behauptete, ihre Partei wolle den Verfassungsschutz generell abschaffen. Da dies aber nicht unmittelbar möglich sei, müsse man auch mit „Zwischenschritten“ zufrieden sein.

Schubert nahm für die ursprünglich angekündigte Petra Pau an der Podiumsdiskussion teil. Pau war Mitglied im NSU-Untersuchungsausschuss und hatte kurzfristig abgesagt. Das ehemalige SPD-Mitglied Schubert war 2001 in die PDS eingetreten. Von 2006 bis 2008 war sie stellvertretende Parteivorsitzende. 2004 war sie persönliche Referentin des damaligen Wirtschaftssenators von Berlin Harald Wolf, dem Architekten der Sozialkürzungen des rot-roten Senats.

Über die flächendeckende Überwachung der gesamten Bevölkerung durch die NSA und deren enge Zusammenarbeit mit deutschen Geheimdiensten waren auf dem Podium nur Verharmlosungen zu vernehmen. Es wurde über ein „digitales Völkerrecht“ und Möglichkeiten zur privaten Verschlüsselung von Daten diskutiert, aber kein Wort über die Dimensionen der Grundrechtsverletzung verloren.

Norman Bäuerle, der die Veranstaltung leitete, ließ den Beiträgen der Teilnehmer freien Lauf und bemühte sich nicht, die Diskussion auf wesentliche Fragen zu lenken, geschweige denn die Rolle der Parteien im NSA- bzw. NSU-Skandal zu hinterfragen.

Dies tat erst Christoph Vandreier, Bundestagskandidat der Partei für Soziale Gleichheit, der sich aus dem Publikum zu Wort meldete. Es war bezeichnend für die Veranstaltung, dass der PSG-Kandidat von Bäuerle als Einziger mehrmals gedrängt wurde, seinen ohnehin kurzen Beitrag zu beenden.

Christoph Vandreier

Vandreier warf den Parteivertretern eine gezielte Verharmlosung vor. In den letzten Monaten sei ans Licht gekommen, dass die gesamte Bevölkerung ausgespäht werde und „Telefonate, Mails und Bewegungsdaten systematisch überwacht, gespeichert und ausgewertet werden“, sagte der PSG-Kandidat. „Außerdem sind unter den Augen des Verfassungsschutzes und der Geheimdienste zehn Migranten ermordet worden. Alle Fakten des Abschlussberichtes des NSU-Ausschusses deuten darauf hin, dass dies unter Mithilfe des Verfassungsschutzes geschehen ist.“

Das werde vom Podium verharmlost, “weil sich mit Ausnahme der Piratenpartei, die dazu noch keine Gelegenheit hatte, alle auf dem Podium vertretenen Parteien an der Abschaffung demokratischer beteiligt haben“.

Vandreier verwies auf die Ausarbeitung und Verabschiedung der Anti-Terror-Gesetze durch die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2002. „Es waren auch SPD und Grüne, die die Zusammenarbeit mit der NSA intensiviert und die Überwachung der Bevölkerung ermöglicht haben.“

Die Forderung von Katina Schubert nach einer Abschaffung des Verfassungsschutzes diene dazu, die Rolle der Linkspartei zu vertuschen, sagte Vandreier. Führende Vertreter der Linken säßen in parlamentarischen Kontrollgremien, die als scheindemokratischer Deckmantel der Geheimdienste dienten, und verteidigten deren Geheimhaltungspflicht.

Vandreier verwies auf Steffen Bockhahn, der als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags (PKG) tiefen Einblick in die Geheimdienste habe, und auf Ulrich Maurer, der für die Linkspartei in der G 10-Kommission sitzt. Maurer habe Ende Juni im Deutschlandfunk erklärt, dass sich die Geheimdienste in Deutschland an Recht und Gesetz hielten und deshalb die G 10-Kommission auch entsprechend informierten.

Als Grund für den Angriff auf demokratische Rechte nannte Vandreier die sozialen Angriffe und die Kriegspolitik, die die Bundesregierung verfolge und die alle anderen Parteien unterstützten, während die große Mehrheit der Bevölkerung sie ablehne. „Diese Politik ist mit demokratischen Rechten nicht vereinbar. Aus diesem Grund sind sich alle Parteien einig, die demokratischen Rechte anzugreifen und die Bevölkerung zu überwachen.”

Deshalb sei der Aufbau einer „unabhängigen Bewegung von unten notwendig, um die demokratischen Rechte zu verteidigen“. Diese müsse sich sowohl gegen die Geheimdienste, als auch gegen die auf dem Podium vertretenen Parteien wenden, schloss Vandreier.

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