Rechtsextreme schmieden Allianz für die Europawahl

Am Mittwoch gaben die Vorsitzende des französischen Front National (FN), Marine Le Pen, und der Chef der niederländischen Partei der Freiheit (PVV), Geert Wilders, im niederländischen Parlament eine Pressekonferenz. Die beiden Rechtsextremisten verkündeten, dass ihre Parteien bei der Europawahl im Mai 2014 gemeinsam als Allianz der Freiheit auftreten werden. Weitere rechte Parteien signalisierten Unterstützung.

Le Pen und Wilders werden ihre Gegnerschaft zur EU ins Zentrum des Wahlkampfs stellen. „Es ist ein historischer Tag, weil heute die Befreiung beginnt“, sagte Wilders auf der Pressekonferenz. „Die Befreiung von der Elite aus Europa. Die Befreiung von einem Monster aus Brüssel. Wir wollen Souveränität aus Brüssel zurückholen und den Nationalstaaten wiedergeben.“

Le Pen erklärte, man sei mit der EU in einer Art „Sklaverei“ gelandet. Länder müssten wieder selbst über ihr Geld, ihre Gesetze, ihre Grenzen bestimmen können. Sie forderte einen EU-Austritt Frankreichs, bzw. ein Referendum, das darüber entscheidet. Die EU werde zusammenbrechen und Frankreich müsse darauf vorbereitet sein, so Le Pen. Die PVV lässt untersuchen, was ein Zusammenbruch der EU die Niederlande kosten würde.

Die Allianz der Freiheit soll um weitere Mitglieder erweitert werden. Ende letzter Woche hatte die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) zu einem nicht-öffentlichen Treffen mit dem FN, dem belgischen Vlaams Belang, der italienischen Lega Nord, den Schwedendemokraten und der Slowakischen Nationalpartei (SNS) geladen.

Nach Aussage des FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache kam es auf dem Treffen zu einem „intensiven Gedankenaustausch über gemeinsame Ziele und Inhalte über eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene“. Die Chancen für eine gemeinsame Fraktion seien realistisch. Zentrale gemeinsame Programmpunkte seien der Kampf gegen Zuwanderung, die drohende „Islamisierung“ und schließlich die „Fehlkonstruktion des Euro“. Die Vertreter der sechs Parteien seien übereingekommen, dass der Euro langfristig durch nationale Währungen ersetzt werden solle. Das neue Bündnis will im europäischen Parlament Fraktionsstatus erhalten. Dazu wären 25 Abgeordnete aus mindestens sieben Ländern erforderlich.

Die rechte Alternative für Deutschland lehnte eine Einladung ab. „Beide Parteien kommen weder jetzt noch in Zukunft für uns infrage“, sagte Parteichef Bernd Lucke dem Sender n-tv. „Mit Rechtsextremisten haben wir nichts zu tun.“ Auch die britische UKIP ging auf Distanz zu dem Bündnis. Eine Zusammenarbeit mit der offen faschistischen British National Party (BNP) und der ungarischen Jobbik wurde hingegen von Seiten der Allianz für die Freiheit abgelehnt.

Auch zwischen den potentiellen Mitgliedern der Allianz bestehen Differenzen. Während etwa der Front National eindeutig antisemitische Wurzeln besitzt, zeichnete sich Wilders PVV bisher durch eine stark pro-israelische Haltung aus. Frühere Zusammenschlüsse rechtsextremer Parteien im Europäischen Parlament, wie die 2007 gegründete Fraktion Identität, Tradition, Souveränität, zerbrachen rasch an den nationalen Gegensätzen.

Nun wittern die Rechtsextremen Morgenluft. Fünf Jahre heftiger sozialer Angriffe in nahezu jedem europäischen Land haben die EU und ihre Institutionen unter breiten Schichten der Bevölkerung diskreditiert. Diese massive Opposition wollen die Rechten nutzen, um ihre reaktionäre Agenda durchzusetzen.

Die einzelnen Parteien sind schon seit einigen Jahren bemüht, ihre rückständigen Positionen mit sozialer Demagogie zu verbinden. Wilders hat seine extrem neoliberalen wirtschaftspolitischen Forderungen in den Hintergrund gestellt und wendet sich nun vor allem gegen die EU. Schon die nationalen Wahlen von 2012 hatte er als „Referendum über Europa – über den Euro, den Rettungsfonds ESM und über das Diktat aus Brüssel mit seinen Bürokraten“ bezeichnet.

Der FN kritisiert in wachsendem Maße den Sparkurs der französischen Regierung, fordert die Verstaatlichung schwächelnder Betriebe und spricht sich für höhere Sozialleistungen für französischstämmige Arbeiter aus.

Tatsächlich hat die Gegnerschaft der Rechtsradikalen gegen die EU nichts mit den Interessen der Arbeiter gemein. Die Allianz der Freiheit artikuliert die Interessen eines Teils der Bourgeoisie und wohlhabender Mittelschichten, die angesichts wachsender nationaler Konflikte auf eigene Währungen und Wirtschaftspolitik setzen. Sie richtet sich ganz direkt gegen die Arbeiter.

Wirtschaftsprotektionismus und die Rückkehr zu nationalen Währungen, wie sie von der Allianz gefordert werden, hätte für die Arbeiter ebenso katastrophale Folgen wie das Spardiktat der EU und der Euro.

Mit der FPÖ, der Lega Nord, der SNS und der PVV war die Mehrheit der sieben potentiellen Bündnispartner bereits an nationalen Regierungen beteiligt. All diese Koalitionen haben sich durch besonders heftige Angriffe auf die sozialen Rechte der Arbeiter ausgezeichnet. Als die PVV von Oktober 2010 bis 2012 die niederländische Regierung tolerierte, setzte sie brutale Gesetze gegen Migranten durch und rüstete den Staat gegen die sozialen Proteste der Arbeiter hoch.

Auch andere rechte Parteien, die bisher noch nicht an nationalen Regierungen beteiligt waren, werden von den herrschenden Kreisen hofiert. So umwirbt in Frankreich die konservative UMP seit geraumer Zeit den FN und diskutiert über eine mögliche Zusammenarbeit. In Griechenland wurde die offen faschistische Chrysi Avgi systematisch vom Staat aufgebaut, um Arbeiter zu terrorisieren und ihren Widerstand zu unterdrücken.

Trotz dieser klaren Bilanz sind die rechtsextremen Parteien in der Lage, mit ihrer Anti-EU Haltung und ihrer sozialen Demagogie verzweifelte Teile des Kleinbürgertums und sogar verwirrte Arbeiter zumindest als Wähler zu gewinnen. Umfragen zufolge würden die PVV in den Niederlanden mit 21 Prozent der Stimmen und der FN in Frankreich mit 24 Prozent jeweils stärkste Partei bei den Europawahlen.

Die Ultrarechten können sich als Gegner der sozialen Angriffe der EU gerieren und einen gewissen Einfluss gewinnen, weil sich sämtliche etablierte Parteien und Organisationen der Verteidigung der EU und ihrer Institutionen verschrieben haben. Die sozialdemokratischen Parteien sind in ganz Europa zu den Vorreitern der sozialen Kürzungen geworden, und die Gewerkschaften setzen Massenentlassungen und Lohnsenkungen auf Betriebsebene durch.

Vorgeblich linke Organisationen wie die Linkspartei in Deutschland oder die Koalition der Radikalen Linken (SYRIZA) in Griechenland verteidigen die EU und setzen alles daran, die Arbeiter an die alten bürokratischen Apparate zu binden und eine unabhängige Bewegung der Arbeiter zu verhindern. Das bereitet den Boden für die Rechtsextremen.

Je weiter sich die sozialen Gegensätze verschärfen, desto weiter rücken diese pseudolinken Organisationen nach rechts und an den Staat heran. Auf die wachsende Opposition der Arbeiter gegen die EU reagieren sie, indem sie die reaktionären Institutionen der EU verteidigen.

Die Europäische Linksfraktion hat unlängst die direkte Wahl des Kommissions-Präsidenten durch die Bevölkerung gefordert, um dieser vollkommen undemokratischen Institution einen demokratischen Anstrich zu geben. Die Kommission ist hauptverantwortlich für die sozialen Angriffe der EU. Als Kandidaten für das Amt wurde der Vorsitzende SYRIZAs, Alexis Tsipras, ins Spiel gebracht.

Die Vorsitzende der deutschen Linkspartei, Katja Kipping, hat sich ebenfalls hinter die EU gestellt und behauptet, man könne diese in ein Instrument zur Verbesserung der sozialen Lage der Arbeiter verwandeln, indem man einen europäischen Sozialpakt verabschiede.

Unter diesen Bedingungen können die Rechten wachsen und an die Feindschaft gegen die EU appellieren. Ein Kampf gegen die rechte Gefahr ist deshalb untrennbar mit einem Kampf gegen die pseudolinken Tendenzen und für eine unabhängige Mobilisierung der Arbeiter verbunden. Er muss sich gegen die EU der Banken und Konzerne richten und für Vereinigte Sozialistische Staaten von Europa eintreten.

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