PSG-Wahlkampagne in Köln

„Es ist unerträglich, dass in Kiew Faschisten an der Macht sind“

Viele Menschen reagieren mit Wut und Empörung auf die Kriegshetze deutscher Politiker und Medien. In den letzten beiden Wochen sprachen Mitglieder und Unterstützer der Partei für Soziale Gleichheit (PSG) mit Arbeitern, Arbeitslosen und Studenten in Köln. Sie warben für die Veranstaltung, die die PSG im Rahmen ihres Europawahlkampfs am 1. Mai in Köln durchführen wird.

Nahezu jeder, der angesprochen wurde, stimmte überein, dass sich die Politik der Bunderegierung, der USA und der Europäischen Union in der Ukraine-Krise gegen Russland richtet und einen Krieg provoziert. Die Empörung richtete sich vor allem gegen die Kriegshetze der Medien.

Viele zeigten sich aufgrund ihrer Erfahrungen mit den Kriegen im Irak, in Afghanistan, in Libyen und auch in Syrien wenig überrascht, dass die USA und die EU ihre wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen auch mit militärischen Mitteln verfolgen. Verwundert waren jedoch die meisten über die Berichterstattung der Medien und über ihre Forderung nach militärischen Einsätzen in Osteuropa.

Am Samstag warb ein Team im Stadtteil Kalk für den Wahlkampf der PSG. Rund 22.000 Bewohner leben in diesem alten Arbeiterbezirk. Über die Hälfte hat einen Migrationshintergrund. Viele Tausend waren bis in die späten 1980er Jahre in der Stahl-, Metall und Chemieindustrie beschäftigt. Inzwischen sind alle größeren Werke wie Klöckner-Humboldt-Deutz, Hagen (Batterien), Chemische Fabrik Kalk seit Jahren geschlossen. Die Arbeitslosigkeit ist hier seitdem mit über 25 Prozent höher als in den meisten anderen Kölner Stadtteilen.

Pascal kam vor 15 Jahren aus Burkina Faso. Der afrikanische Staat zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Wirtschaftliche Abhängigkeit, Korruption, Putsche, Gewalt und autoritäre Herrschaft prägen das Land seit Jahrzehnten.

Er nahm den Wahlaufruf der PSG „Kämpft gegen Krieg!“, schüttelte den Kopf und schimpfte auf die Medien: „Es wird immer schlimmer. Die Medien sind völlig korrumpiert. Sie propagieren nur, was ihnen die Bundesregierung sagt.“ Die Freiheit der Presse scheine es nicht mehr zu geben. Er verfolge die Entwicklung in der Ukraine sehr genau.

„Es ist katastrophal und es wird noch schlechter“, meinte er. „Wir erleben eine neue Politik der Kolonialisierung, bei der es um wirtschaftliche Interessen geht.“ Das sei im Irak so gewesen, in Afghanistan und in Libyen. In Syrien sei es aktuell nicht anders. „All die Kriege haben der dortigen Bevölkerung nur Leid gebracht, nichts hat sich zum Guten geändert“, sagte Pascal.

Pascal im Gespräch mit dem Europawahlkandidaten der PSG Dietmar Gaisenkersting

Nun richteten sich die USA und die europäischen Länder in der Ukraine gegen Russland. „EU, USA und NATO verfolgen eine zunehmend aggressive Politik. Es ist wie im Kalten Krieg. Die Welt, wie sie ist, macht mir Angst.“

Die 65-jährige Rita Popova erzählte, sie sei in der Ukraine geboren, habe später lange in Moldawien gewohnt und lebe nun bereits seit 16 Jahren in Deutschland.

„Meine jüdische Familie wurde während der faschistischen Besatzung der Ukraine fast vollständig ermordet. Für uns ist es heute unerträglich, dass in Kiew Faschisten an der Macht sind.“ Für sie sei es unvorstellbar, dass nach der Erfahrung der Nazi-Herrschaft nun Kräfte an der ukrainischen Regierung beteiligt seien, die den Faschisten Stepan Bandera und Adolf Hitler verehrten.

„Die deutschen Medien informieren die Menschen hier falsch“, erklärte sie. „Sie verbreiten Lügen über die Ostukraine und Russland. Die normale Bevölkerung hier müsste hören, was die Menschen in Charkow und Donezk denken und sagen.“

Dann würden die deutsche und die europäische Bevölkerung insgesamt verstehen, dass Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und der französische Staatspräsident François Hollande (PS) „große Fehler begehen“, weil beide die Kiewer Regierung gegen Russland unterstützten und eine militärische Auseinandersetzung provozierten, die einen Krieg zwischen der EU, den USA und Russland auslösen könne.

Dass Steinmeier und viele andere offen mit den Faschisten der Swoboda zusammenarbeiten, bestürzte Rita Popova. „Es ist auch ein schlimmes Zeichen, wenn die Faschisten in die Europäische Union geholt werden.“ Das werde schlimme Folgen „auch für die Menschen in Deutschland und ganz Europa haben“.

Nurettin Özdemir aus Kalk war nicht überrascht über die Unterstützung der ukrainischen Faschisten durch die deutsche Politik und Medien. Der 52-Jährige hatte bereits schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht, als er vor über 20 Jahren gegen die Brandanschläge in Solingen protestierte. Damals, am 29. Mai 1993, waren fünf Mitglieder der Familie Genç im Alter von vier bis 27 Jahren dem rassistischen Verbrechen zum Opfer gefallen.

„Schon damals wurden die Rechten benutzt, um gegen Ausländer vorzugehen. Die Polizei sah zu“, sagte Nurettin Özdemir. Heute in der Europawahl kämen wieder die Rechten nach oben, um gegen Ausländer zu hetzen. „Dabei sind wir Türken seit 50 Jahren hier.“ Sein Arm weist in einem breiten Schwenk über die Kalker Hauptstraße, auf der sich viele türkische Geschäfte, Lebensmittelmärkte, Cafés und Imbissbuden befinden. „Wir sind fest integriert. Die Rechten wollen uns spalten wie die Menschen in der Ukraine.“

Wolfgang, Kölner Arbeiter, der am Informationstisch der PSG vorbeikam, war empört. „Die Medien denken, sie können uns für dumm verkaufen“, schimpfte er. Er habe sich schon bei der Berichterstattung über die Proteste auf dem Kiewer Maidan verwundert die Augen gerieben. „Da war doch etwas faul, das sah man doch sofort. Die wollten uns etwas von friedlichen Demonstranten erzählen. Aber diese friedlichen Demonstranten waren vermummt, trugen Waffen und Armeekleidung.“ Er nahm den PSG-Wahlaufruf mit.

Ein älteres russisches Ehepaar kam gezielt zum Informationsstand der PSG. Sie hätten schon in den Tagen zuvor die vielen Plakate der PSG im Stadtteil mit der Ankündigung der PSG-Veranstaltung am 1. Mai gesehen. Sie leben seit 17 Jahren in Köln. Obgleich keine Verteidiger Putins sind sie der Meinung, dass Russland recht habe. „Die EU und die USA destabilisieren alle Länder rings um Russland. Ihre Politik in der Ukraine ist eine Provokation.“

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