Die Wahlkampagne der PSG in Leipzig

In der vergangenen Woche verbreitete ein Team der Partei für Soziale Gleichheit in Leipzig den Aufruf „Stimmt gegen Krieg! Wählt PSG!“ und stieß dabei auf große Unterstützung.

An Infotischen in der Stadt, am Jobcenter und beim Schichtwechsel bei BMW und Amazon wurden Tausende Wahlerklärungen verteilt. Außerdem hängten Unterstützer der Partei massenhaft Plakate in der Stadt auf, die in doppelter Hinsicht Akzente setzten.

Die Kommunalwahl in Sachsen, die am selben Tag wie die Europawahl stattfindet, überlagert auch in Leipzig vollständig den Europawahlkampf. Bilder von örtlichen Parteigrößen dominieren das Stadtbild, die Alternative für Deutschland wandelt sogar ihren normalen Slogan ab und behauptet: „Wir lieben Leipzig“.

Wenn Plakate mal über den Stadtrand hinaus blicken, machen sie nirgends die wachsende Gefahr eines Krieges oder die Rückkehr des deutschen Militarismus zum Thema. Und das ist alles andere als ein Zufall.

Die Diskussionen des PSG-Teams mit Arbeitern und Jugendlichen zeigten sehr schnell, wie nah die Kriegsfrage unter der Oberfläche eines geschäftigen und nicht selten stressbehafteten Alltages liegt.

Während die Europawahl selbst eher wenig Interesse weckte, führte die Kriegsfrage, die die PSG ins Zentrum ihrer Kampagne gestellt hat, zu lebhaften Diskussionen. Viele Arbeiter und Studenten interessierten sich erst aufgrund des Hinweises auf die Gefahr, die sich aus den Entwicklungen in der Ukraine für den Frieden ergibt, für den Aufruf.

Sie waren sich durchaus im Klaren darüber, dass der Regimewechsel in Kiew durch faschistische Banden herbeigeführt wurde, die durch die westlichen Regierungen, die deutsche eingeschlossen, unterstützt wurden. Weniger Klarheit allerdings gab es darüber, dass nicht die Entwicklungen in der Ukraine zu einer verstärkten Aufrüstung der NATO in Osteuropa führten, sondern dass umgekehrt die lange geplante Verstärkung der NATO-Präsenz an der russischen Westgrenze eines Anlasses bedurfte, der durch den Putsch in der Ukraine gezielt provoziert wurde.

Ebenso wenig ist bekannt, dass das offensive Eingreifen der deutschen Regierung in der Ukrainekrise Bestandteil einer grundlegenden Veränderung der deutschen Außenpolitik ist, die seit Längerem parteiübergreifend ausgearbeitet und im Oktober vergangenen Jahres von Bundespräsident Gauck verkündet wurde: Des Endes der militärischen Zurückhaltung.

In einer Frage aber gab es in den Diskussionen große Übereinstimmung: In der Frage der Gleichschaltung und des Propagandacharakters der deutschen Medien. Ein junger Arbeiter brachte das recht deutlich zum Ausdruck: „Es ist wirklich auffällig und wirkt auf mich etwas bedrohlich, wie die großen Zeitungen und Fernsehsender gleichzeitig und beinahe über Nacht aggressiv gegen Russland eingestellt sind.“

Auch historische und soziale Fragen waren Inhalt der Diskussionen in Leipzig. So zeigten sich zwei polnische Philosophiestudenten von der Aktualität der Schriften Leo Trotzkis, die auf dem Büchertisch an der Universitätsbibliothek auslagen, so beeindruckt, dass sie für ihr eigenes Projekt gleich am Ort ein Interview mit einem Genossen über die aktuelle Bedeutung Trotzkis führen wollten.

Ein Student aus Spanien wiederum war an unserer Einschätzung der Europäischen Union sehr interessiert und bestätigte die Auffassung, dass die EU vor allem ein Mittel in der Hand der europäischen Banken und Konzerne sei, um die sozialen Angriffe auf die Bevölkerung in jedem einzelnen europäischen Land durchzusetzen.

Eine Arbeiterin bei Amazon war begeistert über das Ziel unserer Partei, die Arbeiter international zu vereinigen. „Bei einem internationalen Großkonzern, wie auch Amazon einer ist, kann man sich nur international zur Wehr setzen.“ Sie arbeitet seit drei Jahren dort: „Ich tue dies nur – wie viele andere übrigens auch – weil es unmöglich ist, in dieser Region etwas anderes zu finden.“

In der weiteren Diskussion zeigte sie sich schockiert über die kaltblütigen Äußerungen der türkischen Regierung angesichts der Bergwerkskatastrophe in Soma. Und sie erzählte von einem Ereignis, bei dem auch in ihrem Betrieb mit dem Leben der Arbeiter russisches Roulette gespielt wurde.

So wurde im Herbst letzten Jahres in der Presse vermeldet, auf dem Gelände von Amazon sei ein herrenloser Koffer entdeckt worden. Darauf seien die Polizei alarmiert und 1.000 Mitarbeiter evakuiert worden. Unsere Gesprächspartnerin bestand darauf, dass an diesem Tage niemand evakuiert worden sei. Die Wahrscheinlichkeit, dass der gefundene Koffer wirklich gefährlich sei, erschien den Verantwortlichen wohl so gering, dass sie eine stundenlange Unterbrechung des laufenden Betriebes für problematischer erachteten als die Möglichkeit eines „Arbeitsunfalles“, bei dem Hunderte Mitarbeiter hätten Schaden nehmen können.

Am Sonntag fand dann in Leipzig eine Wahlveranstaltung statt, auf der Peter Schwarz von der Redaktion der World Socialist Web Site ausführlich auf die Hintergründe der Krise in der Ukraine, die Kriegspolitik der herrschenden Klasse und die politische Antwort der PSG einging. Neben Arbeitern und Jugendlichen aus Leipzig waren auch zwei russische Immigranten gekommen, die sich offensichtlich Sorge über die wachsende Hetze gegen Russland machten.

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