Europawahl in Österreich: Gewinne für rechtsextreme FPÖ

Die rechtsextreme Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) hat bei der Europawahl am 25. Mai deutlich an Stimmen hinzugewonnen. Gegenüber 2009 legte die Partei um Christian Strache um 7 Prozent zu und erreichte 19,7 Prozent der Stimmen. Damit liegt sie auf Platz drei hinter der konservativen Volkspartei (ÖVP), die trotz Verlusten von 3 Prozent den ersten Platz mit 27 Prozent halten konnte, und den Sozialdemokraten (SPÖ), die bei rund 24 Prozent stagnierten. Die Wahlbeteiligung betrug nur 45,4 Prozent.

Nicht mehr im EU-Parlament vertreten ist die Liste des EU-kritischen, rechten ehemaligen SPÖ-Mitglieds Hans-Peter Martin, die 2009 fast 18 Prozent der Stimmen erreicht hatte, sich aber nach einem mutmaßlichen Spesenskandal und heftigen parteiinternen Streitereien aus der Politik zurückgezogen hat.

Neben der FPÖ konnten zwei weitere Parteien vom Niedergang der Liste Martin profitieren, die nicht in der österreichischen Regierung, einer Großen Koalition von SPÖ und ÖVP, vertreten sind.

Die Grünen steigerten sich um 4,6 auf 14,5 Prozent und die liberale Partei Neos, die zum ersten Mal zur Europawahl antrat, erreichte 8,1 Prozent. Politisch am Ende ist dagegen die Partei des mittlerweile verstorbenen Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider, die FPÖ-Abspaltung BZÖ. Sie fiel von 4,6 auf 0,5 Prozent. In ihrer Hochburg Kärnten verlor sie sogar 20 Prozent. Die Parteispitze verkündete unmittelbar nach den Wahlen, man wolle bis zum Herbst über die Auflösung der Partei beraten.

In der Hauptstadt Wien, traditionell eine Hochburg der SPÖ, erlitten die Sozialdemokraten erneut Verluste, bleiben aber mit 27 Prozent stärkste Partei. Die Grünen liegen mit 20 Prozent an zweiter Stelle, in einigen Bezirken haben sie die SPÖ sogar überholt. Drittstärkste Partei in Wien ist mit rund 18 Prozent die FPÖ. Die ÖVP kam nur auf 16,6 Prozent und ist nur noch in der Innenstadt und den Nobelvierteln Döbling und Hietzing stärkste Kraft.

In Graz, der zweitgrößten Stadt Österreichs, wurden die Grünen mit 25 Prozent stärkste Kraft vor der ÖVP und der FPÖ (je 19 Prozent). Die SPÖ, die in Graz jahrzehntelang den Bürgermeister stellte, liegt mit 18 Prozent nur noch auf Platz vier.

Laut einer Umfrage wählten vor allem Wähler unter 29 Jahren die FPÖ. SPÖ und ÖVP finden hier deutlich weniger Zuspruch. Beide Parteien haben in den letzten Jahren durch Sparmaßnahmen und soziale Angriffe der Jugend jede Perspektive geraubt. Erst Ende letzten Jahres vereinbarte die Große Koalition weitere Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Auch die Mittel für Schulen und Universitäten wurden gekürzt.

Die Stimmengewinne der FPÖ haben innerhalb der SPÖ eine Diskussion über die weitere Ausrichtung der Partei ausgelöst. Die rechte Politik und der Sparkurs werden dabei nicht in Frage gestellt. Die Auseinandersetzung dreht sich viel mehr darum, ob sie weiter im Bündnis mit der ÖVP verfolgt werden sollen, oder durch eine engere Zusammenarbeit mit den Rechtsextremen. In der SPÖ mehren sich Stimmen, die den „Stillstand“ in der Großen Koalition beklagen und entschiedenere Kürzungen verlangen. Immer mehr SPÖ-Politiker bekräftigen, dass dies nur im Bündnis mit den Rechten möglich sei.

Die SPÖ lässt sich auch vom aggressiven Europawahlkampf der FPÖ nicht von einer möglichen Zusammenarbeit abschrecken. So musste der ursprüngliche Spitzenkandidat der FPÖ, Andreas Mölzer, zurücktreten, nachdem er die Europäische Union als „Negerkonglomerat“ bezeichnet und den österreichischen Fußball-Nationalspieler David Alaba in einem Artikel rassistisch beleidigt hatte.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl erklärte zum guten Abschneiden der FPÖ in Wien: „Man kann damit leben. Es ist so, wie es ist, das hat man als Demokrat zu akzeptieren“, äußerte er gegenüber dem ORF und machte damit deutlich, dass er die FPÖ als potenziellen Bündnispartner akzeptiert.

Vor allem Kanzler Werner Faymann (SPÖ), der die Koalition mit der ÖVP geschlossen und bislang stets verteidigt hat, gerät zunehmend in die Kritik. Mehrere Landespolitiker forderten öffentlich, die Koalition mit der ÖVP platzen zu lassen und im Parlament neue Mehrheiten zu suchen. „Man soll Koalitionen grundsätzlich bilden, um für die Leute etwas zu tun – egal mit welcher Partei“, sagte zum Beispiel der Kärntner Arbeiterkammerpräsident Günther Goach. Er machte deutlich, dass er auch eine Koalition mit der FPÖ nicht ausschließt.

Der burgenländische SPÖ-Chef Hans Niessl plant bereits eine Mitgliederbefragung zur Landtagswahl im nächsten Jahr, ob die Sozialdemokraten dann gegebenenfalls Koalitionsgespräche mit der FPÖ führen werden.

Die ÖVP, die von 2000 bis 2007 in einer Koalition mit der FPÖ (bzw. dem BZÖ) regiert hatte, fühlt sich trotz eigener Stimmenverluste bestärkt, in der Regierung eine aktivere Rolle zu spielen. Dabei sind sich ÖVP und SPÖ einig, den Sparkurs zu verschärfen. Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) kündigte an, man wolle nun eine Verwaltungsreform – sprich Stellenabbau im öffentlichen Dienst – forcieren.

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