Israel beruft Reservisten für das Blutbad im Gazastreifen ein

Die israelische Regierung hat weitere 16.000 Reservisten einberufen, um sie das Massaker an Palästinensern im Gazastreifen weiterzuführen. Insgesamt hat sie seit Beginn des Konfliktes Anfang Juli 86.000 Soldaten mobilisiert.

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte bei einer Kabinettssitzung am Donnerstag, die Israelischen Verteidigungskräfte hätten die Aufgabe, sämtliche Tunnel zu zerstören, die die Hamas – die amtierende Regierungspartei im Gazastreifen – und andere islamistische Gruppen gebaut haben. Dies beschrieb er als die "erste Phase" der Entmilitarisierung des Gazastreifens.

Die Tunnel sind zum neuen Allzweck-Vorwand für Israels Aggression gegen die palästinensische Bevölkerung des Gazastreifens geworden, eine schmale Enklave, in etwa so groß wie die Fläche der Städte Detroit oder Philadelphia, in der 1,8 Millionen Menschen leben. Das Gebiet ist vollständig von feindlichen Militärkräften umstellt: Dem israelischen Militär im Osten und Süden, dem ägyptischen Militär im Westen und der israelischen Marine an der Mittelmeerküste.

Bei den ersten israelischen Luftangriffen auf den Gazastreifen war noch nicht von Tunneln die Rede. Stattdessen wurde der Abschuss von primitiven Raketen durch die Hamas und andere Milizen als Hauptgrund für die israelischen Bombenangriffe genannt. Doch als der Bodenangriff auf den Gazastreifen am 18. Juli begann, schoben die israelische und amerikanische Propaganda die Tunnel in den Vordergrund, da die Suche nach ihnen und ihre Zerstörung eine langfristige Präsenz im Gazastreifen rechtfertigen könnte.

Netanjahu deutete an, dass jeder mögliche Waffenstillstand in der nahen Zukunft nur kurzfristig sein würde, um es zu ermöglichen, die Toten zu begraben und die Zivilbevölkerung mit Notfallvorräten zu versorgen. Danach würden die Kampfhandlungen schnell weitergehen. "Wir sind entschlossen, diese Mission zu beenden, mit oder ohne Waffenstillstand", erklärte Netanjahu. Die Logik dieser Haltung ist ein unbefristeter Bodenkrieg, bei dem jeder neue Tunnel als Rechtfertigung benutzt wird, um noch tiefer in den Gazastreifen einzudringen.

Die jüngste Einberufung von Reservisten und die Entsendung von IDF-Truppen in den Gazastreifen deutet stark darauf hin, dass das nächste Stadium im Krieg Israels ein direkter Bodenangriff auf die Stadt Gaza selbst sein wird, eines der am dichtesten bevölkerten Gebiete der Welt. Die nach vier Wochen bereits erschreckend hohe Zahl der Todesopfer würde dann noch viel weiter steigen.. Ein solches Vorgehen würde einhergehen mit verschärften Razzien in den Häusern von Hamas-Funktionären. Das wären keine Militäroperationen, sondern Angriffe von israelischen Todesschwadronen, die ganze Familien ermorden.

Ab Mittwochabend gab es zwanzig Luftangriffe, am Donnerstag folgten weitere. Elf Menschen wurden in dem Lager Nurisat im Zentrum von Gaza getötet, darunter drei Kinder, 46 wurden verletzt. Mehr als 250.000 Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben – etwa fünfzehn Prozent der Gesamtbevölkerung des Gazastreifens.

Das Gesundheitsministerium in Gaza geht von 1.432 Toten und mehr als achttausend Verwundeten aus. "Die Krankenhäuser in Gaza hatten es gestern sehr schwer", sagte ein Sprecher. "Alle Leichenhallen der Krankenhäuser waren voll mit Leichen, und die Verletzten lagen in Krankenhausfluren, weil nicht genug Betten da waren."

80 Prozent der Todesopfer durch israelische Bomben, Raketen, Granaten und Kugeln waren Zivilisten, darunter 327 Kinder und 166 Frauen. Alleine die Zahl der Kinder übersteigt die Gesamtzahl der Todesopfer durch den Absturz des malaysischen Flugzeuges in der Ostukraine, dennoch haben weder die Obama-Regierung, noch die Europäische Union, noch die Mainstreammedien gefordert, die Verantwortlichen für dieses Massaker an Unschuldigen zu bestrafen.

Die gegenwärtige israelische Militäroperation dauert nun schon sehr lange und hat mehr Todesopfer gefordert als die Operation Gegossenes Blei von Dezember 2008 bis Januar 2009, die in einer Studie der UN-Menschenrechtskommission als Kriegsverbrechen verurteilt wurde. Washington ist an dem Blutvergießen direkt beteiligt, da Vertreter des Pentagons bestätigt haben, die Lieferung von Handgranaten, Mörsergeschossen und anderer Munition und Ausrüstung begonnen zu haben, um die Truppen, die Gaza angreifen, mit Nachschub zu versorgen, wie es seit Langem in Abkommen zwischen den USA und Israel vereinbart ist.

Am Donnerstag wuchs die Kritik an Israels vorsätzlicher Bombardierung von UN-Flüchtlingszentren im Gazastreifen. Unter anderem wurde am Mittwoch eine Schule angegriffen, wobei mindestens neunzehn Menschen ums Leben kamen. Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay erklärte, sechs UN-Schulen im Gazastreifen seien von israelischen Bomben und Granaten getroffen worden, und forderte "wirkliche Rechenschaft" dafür.

"Der Beschuss und die Bombardierung von UN-Schulen, durch den verängstigte Frauen, Kinder und Zivilisten – auch UN-Personal – getötet und verletzt wurden, die Zuflucht vor dem Konflikt gesucht haben, sind schreckliche Taten und möglicherweise Kriegsverbrechen," erklärte sie. "Der direkte Beschuss von Häusern ist ein Verstoß gegen Israels Verpflichtung, das Recht auf Unterkunft, Nahrung und sauberes Wasser für die Bewohner des Gazastreifens zu sichern, das es als Besatzungsmacht hat."

Selbst die US-Regierung ringt die Hände über das Massaker an palästinensischen Zivilisten – sie unterstützt jedoch weiterhin ungehindert das israelische Regime und die Verbrechen, die es verübt. Der Sprecher des Weißen Hauses Josh Earnest erklärte: "Der Beschuss einer UN-Einrichtung, in der unschuldige Zivilisten leben, die vor Gewalt fliehen, ist völlig inakzeptabel und nicht zu entschuldigen."

Die wahre Haltung des amerikanischen Imperialismus drückte sich in den beiden Resolutionen aus, die der Senat am Dienstag, bzw. das Repräsentantenhaus am Mittwoch verabschiedeten. In ihnen verpflichteten sich beide Parlamentsparteien zur Unterstützung Israels und verurteilten die Hamas für das Abfeuern von Raketen. Die Resolution des Repräsentantenhauses wiederholte Netanjahus Lügen und verurteilte die Hamas dafür, Zivilisten als "menschliche Schutzschilde" einzusetzen, indem sie Raketenbatterien in dicht besiedelte Gebiete und in die Nähe von Schulen, Krankenhäusern und Moscheen platziere.

Zur gleichen Zeit enthüllte die Jerusalem Post, dass israelische Militärs bereits im April Pläne für den aktuellen Krieg im Gazastreifen entworfen hatten, als der IDF-Stabschef Generalleutnant Benny Gantz ein Memorandum an seinen Stab schickte, für den Sommer einen Krieg gegen die Hamas vorzubereiten und damit begann, große Truppenteile zur Gaza-Division zu verlegen. Das bestätigt den Verdacht, dass die Empörung über die Entführung und Ermordung von drei jungen israelischen Siedlern im Mai nur ein Vorwand für die Ausführung bereits bestehender Pläne war.

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