Perspektive

Die internationale Bedeutung der australischen “Feiern” zum Ersten Weltkrieg

Zum Gedenken an den Ersten Weltkrieg hat die australische Regierung außerordentliche Feierlichkeiten angesetzt, an denen sich die Regierungen der Bundesstaaten, die Medien und Bildungseinrichtungen beteiligen. Diese Zeremonien sind Teil einer globalen ideologischen Offensive der herrschenden Eliten. Damit bereiten sie sich darauf vor, die Menschheit erneut in eine Katastrophe zu stürzen, dieses Mal mit potentiell nuklearen Konsequenzen.

Als die Gedenkveranstaltungen im Januar begannen, erklärte Ministerpräsident Tony Abbott, dies sei ein „Fest für das Volk“, denn der Erste Weltkrieg sei der „Schmelztiegel, der unsere Nation geformt hat“. In den nächsten vier Jahren soll es an jedem einzelnen Tag irgendeine Feierlichkeit in diesem Sinne geben.

Die Bundes- und die Staatsregierungen wollen 300 Millionen Dollar ausgeben, die noch durch Spenden der Wirtschaft ergänzt werden sollen. Das ist doppelt so viel, wie Großbritannien für entsprechende Feiern ausgibt. So werden die Schulen von Propaganda überflutet, und es wird Wettbewerbe, Ausflüge und Sonderprojekte geben, die sich besonders an Kinder in einem Alter richten, in dem sie am stärksten beeinflussbar sind.

Im Kalten Krieg pflegten australische Regierungen und Medien ein solches Vorgehen als “kommunistische Gehirnwäsche“ zu verurteilen. Heute organisieren sie selbst eine Kriegspropagandakampagne von wahrhaft industriellem Ausmaß. In den nächsten vier Jahren wird kein einziges Kind oder Teenager diesem Sperrfeuer in der Schule entgehen können. Sie werden sogar gezwungen sein, sich daran zu beteiligen.

Die Intensität dieser Operation ist ein Hinweis auf die zugrunde liegende Intention: Die Bevölkerung soll auf die Rolle eingestimmt werden, die Australien bei den Vorbereitungen auf einen neuen Weltkrieg spielt.

In Australien, wie überall auf der Welt, ist die herrschende Elite mit einer starken Antikriegsstimmung konfrontiert. Sie will sie mit allen Mitteln brechen, und die Vergiftung der jungen Köpfe spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Die Opposition gegen Krieg zeigte sich 2003, als die größten Antikriegsdemonstrationen in der Geschichte des Landes gegen den heraufziehenden Irakkrieg der USA stattfanden. Auch wenn diese Bewegung durch die Orientierung ihrer Führung im Sande verlief, ist die Stimmung, auf der sie aufbaute, nicht vergangen. Den Kriegsgegnern hatte damals ihre Führung weisgemacht, dass die Invasion durch den Druck der Massen aufgehalten werden könne.

Dennoch hat die Spirale endloser Gewalt diese Stimmungen in den letzten zehn Jahren noch verstärkt. Gleichzeitig wächst die Drohung eines neuen Weltkriegs, und der australische Imperialismus spielt bei den Kriegsvorbereitungen der USA eine Schlüsselrolle.

Australien steht ganz klar hinter der “Konzentration auf Asien”- (Pivot to Asia) -Politik der US-Regierung, die Präsident Obama im November 2011 offiziell im australischen Parlament aus der Taufe hob. Der australische Militärapparat hat sich seitdem vollkommen in die militärischen Vorbereitungen des Pentagon für einen Krieg gegen China integriert. Zwischen dem Indischen und dem Pazifischen Ozean gelegen, ist Australien für militärische Operationen der USA von zentraler Bedeutung. Es ist Teil des Luft-/See-Kampfplans des Pentagon für Angriffe auf das chinesische Festland und für die Blockade lebenswichtiger Schifffahrtsrouten unmittelbar im Norden des Landes, durch die Öl und andere lebenswichtige Importe nach China gelangen.

Amerikanische Kommunikationseinrichtungen, vor allem in Pine Gap in Zentralaustralien, beteiligen sich tagtäglich an amerikanischen Militäroperationen, von Nahost bis nach Ostasien. Die Integration ist schon so weit gediehen, dass jedwede amerikanische Offensive unvermeidlich ihre australischen Stützpunkte mit einbeziehen würde. Für eine australische Beteiligung an einem von den USA provozierten Krieg gegen Russland und/oder China, bei dem es potentiell zum Einsatz von Atomwaffen kommen könnte, bedürfte es mit anderen Worten nicht einmal mehr eines eigenen Beschlusses. Sie wäre schlicht ein fait accompli.

Die Rolle des australischen Imperialismus wird dadurch noch unterstrichen, dass sich die australische Regierung an den Provokationen gegen Russland beteiligt, die im Zusammenhang mit dem Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs über der Ukraine stehen. Auch die Oppositionsparteien unterstützen dieses Vorgehen. Schon am Morgen nach dem Flugzeugabsturz, unmittelbar nach einer Instruktion der Obama-Regierung, stellte sich Abbott an die Spitze der internationalen Kampagne gegen Russland. Sodann drängte Australien im UN-Sicherheitsrat auf die Entsendung eines internationalen Untersuchungsteams, das möglicherweise von bewaffneten Polizei- und Militärkräften begleitet werden sollte.

Kommentare in den kapitalistischen Medien vertreten auch die Meinung, dass der Erste Weltkrieg nicht nur notwendig, sondern dass auch die Beteiligung Australiens wichtig gewesen sei. Die Rechtfertigung vergangener Verbrechen ist immer die Vorbereitung neuer.

Äußerungen Paul Kellys zufolge, des Herausgebers von Murdochs Australian, „mussten wir in diesem Krieg mitkämpfen“. Wer etwas anderes behauptet, „ist einfältig und hat keine Ahnung“.

Kelly zitiert Carl Bridge, den Direktor des Menzies Center of Australian Studies am Kings College in London. Bridges argumentiert für die australische Verteidigung des britischen Empire im Ersten Weltkrieg, und seine Stellungnahme unterstreicht die wesentlichen, im Kern materiellen und wirtschaftlichen Gründe, warum sich das ganze politische Establishment auch heute hinter Amerikas Kriegstreiberei stellt.

„Großbritannien war der Handelspartner Australiens, mit dem sechzig Prozent des Handels abgewickelt wurden”, schreibt Bridge. „Wenn Großbritannien in Schwierigkeiten geriet, dann musste Australien in Schwierigkeiten geraten. Unsere gesamte Wirtschaft wäre kollabiert. Dann die Frage der Investitionen. Die bei weitem meisten Investitionen aus dem Ausland kamen aus London.“

Heute ist zwar China der größte Handelspartner Australiens, aber die Wirtschaft insgesamt wird vom Finanzkapital bestimmt, das mit den globalen Geldmärkten verwoben ist, und diese werden von den USA beherrscht. Im Januar wischte die australische Außenministerin Julie Bishop die Vorstellung beiseite, die wirtschaftlichen Interessen des australischen Imperialismus stünden im Gegensatz zu seinen strategischen Interessen. China sei zwar der größte Exportmarkt Australiens, aber sobald man Investitionen und Finanzgeschäfte berücksichtige, „sind unser wichtigster wirtschaftlicher Partner die Vereinigten Staaten“.

Eine frühere Generation kapitalistischer Politiker hielt sich an die Verpflichtung von Labor-Führer Andrew Fisher, im Blutbad des Ersten Weltkriegs das britische Empire und seine Raubzüge „bis zum letzten Mann und zum letzten Schilling“ zu verteidigen. Sie erkannten, dass das für die Verteidigung der Profite, Märkte und Reichtümer der Klasse, die sie vertraten, unabdingbar war.

Aus den im Wesentlichen gleichen Gründen stellt sich die gesamte politische Elite heute hinter den Kriegskurs des US-Imperialismus, der noch schlimmere Folgen haben könnte.

Der Enthusiasmus des australischen politischen Establishments beim Einsatz für diese Agenda, der sich in ihren “Feierlichkeiten” für den Ersten Weltkrieg zeigt, darf nicht als hinterwäldlerische Marotte abgetan werden. Er ist vielmehr das sicherste Zeichen, dass die imperialistischen Kriegsgötter weltweit wieder losgelassen werden. Sie werden die Menschheit in eine Katastrophe stürzen, wenn die internationale Arbeiterklasse ihrer veralteten Gesellschaftsordnung kein Ende setzt.

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