Troika fordert in Griechenland weitere Sparmaßnahmen

Am 3. September beendeten Vertreter der griechischen Regierung und der “Troika” aus Internationalem Währungsfonds (IWF), der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank ihre Gespräche in Paris.

Die Gespräche wurden im Vorfeld der sechsten vollständigen Begutachtung des griechischen Sparprogramms organisiert, die von Abgesandten der Troika am Ende dieses Monats in Athen stattfinden soll. Die Delegierten beschlossen, dass die vollständige Beurteilung der Troika Anfang Oktober abgeschlossen sein soll.

Die Gespräche wurden vom Vorsitzenden der Delegation der Europäischen Kommissions, Declan Costello, als “konstruktiv” und “nützlich” beschrieben. Allerdings machte die Troika deutlich, dass bis zum Abschluss einer vollständigen Überprüfung keine Entscheidungen über weitere Kredite an Griechenland getroffen würden.

Griechenland muss nachweisen, dass es die erforderlichen Angriffe verhängt hat und in der Lage ist, den mit der Troika vereinbarten Zeitplan für weitere Sparmaßnahmen einzuhalten, bevor der IWF eine weitere Darlehenstranche in Höhe in 3,5 Milliarden Euro auszahlt. Athen wartet derzeit auf die letzte Tranche von 1,8 Milliarden Euro aus dem Europäischen Finanzstabilisierungsfond. Griechenland muss der Troika außerdem Vorschläge unterbreiten, wie es eine prognostizierte Lücke von zwei Milliarden Euro im Haushalt des Jahres 2015 schließen will.

Griechenland hat rund zweihundert Milliarden Euro in Form von Darlehen erhalten. Praktisch alle diese Mittel fließen in die Tilgung der 320 Milliarden Euro Schulden, die Griechenland bei internationalen Finanzinstitutionen hat, was auf eine gigantische Rettungsaktion für die Banken und Superreichen hinausläuft.

Alle neuen Darlehen sind abhängig davon, dass Griechenland die 542 Maßnahmen zum Abschluss bringt, die einer “Liberalisierung” der Wirtschaft dienen, dem öffentlichen Dienst weitere Arbeitsplatzverluste aufzwingen und es einfacher für Arbeitgeber machen, in der Privatwirtschaft Massenentlassungen von Arbeitern durchzuführen. Kathemerini stellt fest, dass ein Teil der Verhandlungen “eine(r) fortlaufenden Rationalisierung des öffentlichen Dienstes und der zweiten Phase der Reform des Rentensystems” dient.

Berichten zufolge war die Regierungskoalition aus der konservativen Neuen Demokratie und der sozialdemokratischen PASOK- nur in der Lage, die Hälfte der vereinbarten Maßnahmen durchzuführen. Protothema berichtete “[D] ie Regierung hat eine Menge zu tun und muss dringend bis zum 25. September 250 von 542 anhängigen Voraussetzungen erfüllen” und fügte hinzu “Die nächsten 100 Tage werden wohl über die Zukunft des Landes entscheiden”.

Die Regierung ist unfähig, auch nur eine der äußerst unbeliebten Sparmaßnahmen der letzten Jahre rückgängig zu machen, ohne den Zorn der Troika auf sich zu ziehen. Vor dem Hintergrund, dass Griechenlands primärer Haushaltsüberschuss vor Schuldentilgung das diesjährige Ziel von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten wird, schlug Finanzminister Gikas Hardouvelis während der Gespräche in Paris der Troika vor, mehrere Steuersenkungen zu genehmigen.

Die Financial Times berichtet: “Doch griechische Hoffnungen, der Troika im Vorfeld einer wirtschaftspolitischen Rede von Antonis Samaras, dem Ministerpräsidenten, in der nächsten Woche auch nur die bescheidensten Zugeständnisse abzuringen, dürften enttäuscht werden.

“Wolfgang Schäuble, der deutsche Finanzminister betonte vor Kurzem bei einem Besuch griechischer Minister, dass Steuersenkungen durch Einsparungen an anderer Stelle ausgeglichen werden müssten.”

Es tauchten Berichte auf, dass das umstrittenste Thema bei den Gesprächen Forderungen nach neuen Gesetzen waren, die darauf ausgelegt sind, Arbeitskämpfe zu verhindern und Arbeitgebern die rechtliche Handhabe für Aussperrungen zu geben.

Kathemerini berichtete: “Der kleine Koalitionspartner PASOK beharrt darauf, dass er eine Änderung der Arbeitsrechte, die seit den 1980er Jahren in der griechischen Gesetzgebung verankert sind, nicht akzeptieren werde. Aber Quellen haben angedeutet, dass die Troika entschlossen ist, jegliche politische Mitsprache bei Massenentlassungen und der Einführung von mehr Flexibilität im privaten Arbeitsmarkt abzuschaffen.” [Hervorhebung hinzugefügt]

Die PASOK lehnt eine solche Regelung nicht vom Standpunkt der Verteidigung der Interessen der Arbeiter ab. Nachdem sie im Oktober 2009 an die Macht gekommen war, setzte die PASOK auf der Grundlage der bestehenden Arbeitsgesetze in vollständiger Zusammenarbeit mit ihren Anhängern in den verschiedenen Gewerkschaftsverbänden die erste Welle brutaler Sparmaßnahmen und Arbeitsplatzvernichtungen durch. Die PASOK war über viele Jahrzehnte hinweg der wichtigste Partner der griechischen Gewerkschaftsbürokratie, und konnte in der Vergangenheit vielen Gewerkschaftsbürokraten komfortable Positionen als Parteiabgeordnete sichern.

Die Times of Change Website erklärte: “Verlässliche Quellen sagten, die Fragen des Arbeitsrechts wurden für die ‘sensibelsten’ gehalten, wobei sich die Troika die Entscheidung über die vom Arbeitsminister vorgestellten Vorschläge solange vorbehielt, bis ihr die derzeit in Arbeit befindlichen Berichte vorliegen und sie Gespräche mit den Sozialpartnern führen konnte.”

“Sozialpartner” bezieht sich auf die Gewerkschaften, mit denen die griechische Regierung derzeit Gespräche über die Schaffung eines neuen “Arbeitsgesetzbuchs” führt, um die stark diskreditierte Gewerkschaftsbürokratie noch stärker in den griechischen Staat zu integrieren. Ein neues Arbeitsgesetzbuch wurde von der Troika als Teil eines Zeitplans für Maßnahmen verlangt, die in diesem Jahr durchgeführt werden müssen.

Die kontinuierliche Erosion der demokratischen Grundrechte der Arbeiterklasse wird von der herrschenden Elite und der internationalen Finanzaristokratie, die das Land mit autoritären Dekreten regieren, für wesentlich gehalten. In den vergangenen zwei Jahren wurden zahlreiche Dekrete erlassen, die bisher nur in Kriegszeiten oder Notfällen wie Naturkatastrophen angewendet wurden. Seit Juni 2012 hat es rund fünfundzwanzig solcher Dekrete gegeben.

Derzeit findet die Vernichtung einer noch immer riesigen Anzahl von Arbeitsplätzen statt, während die Arbeitslosigkeit offiziell auf einem Rekordhoch von rund 27 Prozent steht. Die Beschäftigten im öffentlichen Sektor wurden seit 2010 um mehr als zwanzig Prozent auf nur noch 675.000 Beschäftigte reduziert.

Kyriakos Mitsotakis, der Minister für Verwaltungsreformen und Delegierter bei den Pariser Gesprächen, versicherte der Troika, dass bis Dezember 15.000 Beamte entlassen werden würden, um ein im letzten Jahr vereinbartes Ziel zu erreichen. Darüber hinaus würden in diesem Jahr weitere 6.500 Arbeitsplätze gestrichen.

Jahre der Sparpolitik haben in Griechenland zu einer Talfahrt bei den Löhnen geführt. Ein Bericht der Sozialversicherungsanstalt (IKA) aus dem letzten Jahr ergab, dass die Löhne im Jahr 2013 um mehr als zehn Prozent einbrachen. Der an einen Arbeiter gezahlte Tagessatz lag bei 54,66 €. Arbeiter von kleineren Unternehmen (mit weniger als zehn Angestellten) erhielten ungefähr sechzig Prozent von dem, was Arbeiter bei größeren Firmen mit nach Hause nahmen. Der durchschnittliche Monatslohn eines Teilzeitbeschäftigten lag im Jahr 2013 bei nur 445,33 €.

Ein in diesem Monat veröffentlichter OECD-Bericht stellte fest, dass die realen Stundenlöhne in Griechenland seit 2010 in jedem Jahr drastisch fielen. Sie fielen im Jahr 2013 um 5,5 Prozent, um 4,8 Prozent im Jahr 2012, um 8,8 Prozent im Jahr 2011 und um 6,9 Prozent im Jahr 2010. Außer im Jahr 2012 fielen die Löhne griechischer Arbeiter seit 2010 in jedem Jahr stärker als in den anderen 33 OECD-Länder.

Insgesamt sind die Ausgaben für die Beschäftigten im öffentlichen Sektor um mehr als ein Drittel gekürzt worden. Im vergangenen Jahr machten sie weniger als sechzehn Milliarden Euro aus, wohingegen sie im Jahr 2009 noch 24,5 Milliarden Euro betrugen.

Diese Maßnahmen wurden durchgesetzt, weil sie angeblich der einzige Weg waren, die Wirtschaft zu restrukturieren und die Gesamtverschuldung Griechenlands gegenüber den internationalen Finanzinstitutionen zu reduzieren. Tatsächlich ist es aber so, dass nach Jahren der Rezession und einem in vier Jahren um 25 Prozent gefallenem Bruttoinlandsprodukt, die Schulden deutlich gestiegen sind. Seit 2010 hat sich die Gesamtverschuldung Griechenlands von 126 Prozent des BIP auf 175 Prozent des BIP erhöht.

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