Der Klimawandel und das kapitalistische System

Für den People's Climate March in New York City und ähnliche Veranstaltungen auf der ganzen Welt am Sonntag wurden Hunderttausende Teilnehmer erwartet. Sie, vor allem die zahlreichen Jugendlichen, drücken eine wachsende Besorgnis in der Bevölkerung über die Folgen der Erderwärmung für die globale Umwelt aus.

Die wissenschaftlichen Beweise für den Klimawandel sind überwältigend und unwiderlegbar. Jedes Jahr dokumentieren neue Berichte führender Wissenschaftler die Auswirkungen von großen Mengen von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen auf die Umwelt und drängen auf sofortiges Handeln, um eine Katastrophe abzuwenden. Die Folgen des Klimawandels zeigen sich bereits in Form von zunehmenden Wetter-Großereignissen, darunter Dürren, Überschwemmungen, tödlichen Stürmen und anderen Naturkatastrophen.

Doch trotz der Dringlichkeit der Lage reagiert das politische Establishment nicht nennenswert. Der Grund für diesen eindeutigen Widerspruch ist die grundlegende Tatsache, dass es unmöglich ist, das Problem des Klimawandels und andere wichtige Umweltprobleme im Rahmen des kapitalistischen Nationalstaatensystems zu lösen.

Aus diesem Grund bietet die Perspektive, auf deren Grundlage der People's Climate March organisiert ist, keinen Ausweg. Appelle an die Vereinten Nationen, die Regierungen der Großmächte, Präsident Obama und die Milliardäre, die viele der Umweltschutzorganisationen finanzieren - all das wird nichts erreichen.

Vom wissenschaftlichen und technischen Standpunkt aus gesehen ist die notwendige Politik gegen den Klimawandel klar. Die Ausmusterung fossiler Brennstoffe beispielsweise und ihre Ersetzung durch erneuerbare Energiequellen wie Wind- oder Solarenergie, Thermalkraft, Wasserkraft oder Biomasse könnte durch ein großes koordiniertes Arbeitsbeschaffungsprogramm im Weltmaßstab erreicht werden.

Allerdings stößt jeder ernst gemeinte Vorschlag zur Verringerung der Auswirkungen des Klimawandels und zur Umkehrung der Erderwärmung auf zwei unüberwindbare Hindernisse: das Privateigentum an den Produktionsmitteln, das bei einer handvoll kapitalistischer Milliardäre liegt; und die Aufteilung der Welt in rivalisierende kapitalistische Nationalstaaten.

Die riesigen Konzerne und Banken, die die wahren Herrscher der Welt sind, repräsentieren die Interessen einer unbedeutenden Minderheit der Menschheit - an oberster Stelle die etwa 2.000 Milliardäre, die eine globale Finanzaristokratie bilden, die noch räuberischer, arroganter und reaktionärer ist als der französische Adel vor 1789 oder die Grundbesitzer und Kapitalisten im Zarenreich vor 1917.

Ein paar Dutzend Energiekonzerne haben das Monopol auf die Öl- und Gasvorkommen der Welt und betrachten jede Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen als Gefahr für ihre riesigen Gewinne. Diese Unternehmen sind untrennbar mit den großen Banken und Finanzinstituten verbunden.

Auch das kapitalistische Nationalstaatensystem stellt eine undurchdringliche Barriere für rationale politische Entscheidungen zum Klimawandel und anderen Umweltproblemen dar, die notwendigerweise im globalen Maßstab durchgeführt werden müssen. Alle Mächte die an den globalen Klimaverhandlungen teilnehmen - die USA, die EU, China, Russland, die OPEC-Staaten - betrachten diese Themen vom Standpunkt der Interessen ihrer eigenen herrschenden Klasse, und nicht unter dem Gesichtspunkt des Überlebens der Menschheit.

Die amerikanische herrschende Klasse spielt dabei die reaktionärste Rolle. Sie weigert sich, das Kyoto-Protokoll zu akzeptieren und hat die Verhandlungen in Kopenhagen, Cancun und Durban torpediert. Nachdem die Obama-Regierung an die Macht kam und versprochen hatte, Maßnahmen gegen die Erderwärmung zu ergreifen, hat sie sich pflichtbewusst zum Werkzeug der Wirtschafts- und Finanzelite und des Militär- und Geheimdienstapparates gemacht. Die Demokratische Partei lehnt alle Maßnahmen ab, die eine wirkungsvolle Reaktion auf Umweltprobleme darstellen würden und ist damit nicht besser als diejenigen, die die Erderwärmung schlicht leugnen.

Die wahre Rolle der Obama-Regierung zeigte sich letzte Woche in zwei Aktionen: am Dienstag verschob die Umweltschutzbehörde neue Standards für CO-2-Emissionen von amerikanischen Kraftwerken auf nach der Wahl am 4. November - ein dreister Versuch, die Gunst der Energiemonopolisten zu erringen. Am Donnerstag bewilligte der Kongress endgültig Obamas Pläne, 500 Millionen Dollar für proimperialistischen "Rebellen" in Syrien im Rahmen der Vorbereitungen eines größeren Krieges im Nahen Osten auszugeben.

Die Socialist Equality Party (SEP) warnt, dass im Kampf gegen den Klimawandel kein einziger Schritt nach vorne unternommen werden kann, ohne mit dem amerikanischen- und dem Weltimperialismus zu brechen und dem kapitalistischen System selbst offen den Krieg zu erklären. Nur die unabhängige Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms bietet einen Ausweg.

In diesem Kontext weisen wir die Behauptung in vollem Umfang zurück, die Bedrohung der Umwelt würde durch wirtschaftliche Entwicklung an sich ausgelöst, oder durch den angeblich zu hohen Lebensstandard der arbeitenden Bevölkerung, oder durch Überbevölkerung. Solche Vorstellungen, die aus der Zeit von Thomas Malthus in der Frühphase des Kapitalismus stammen, stellen einen reaktionären Versuch dar, der Menschheit an sich die Schuld an Problemen zu geben, welche die kapitalistische Produktionsweise verursacht hat.

Sozialismus bedeutet einen Fortschritt gegenüber dem Kapitalismus, keinen Rückschritt zu einer reduzierteren und primitiveren Lebensform. Die Erde kann eine wachsende Bevölkerung mit einem Lebensstandard ernähren, dessen Durchschnitt deutlich über dem liegt, der heute unter dem Kapitalismus herrscht.

Die gesellschaftliche Grundlage zum Sturz des Kapitalismus ist die Arbeiterklasse. Damit sind nicht die Gewerkschaften gemeint, von denen viele am People's Climate March teilnehmen. Die Gewerkschaften vertreten schon lange nicht mehr die Arbeiterklasse. Sie spielen heute eine wichtige Rolle darin, einen unablässigen Angriff auf Arbeitsplätze und Lebensbedingungen durchzuführen und tun alles in ihrer Macht stehende, um die Demokratische Partei und das kapitalistische System zu stützen.

In Wirklichkeit sehen die Gewerkschaften und die Organisationen, die um sie herumkreisen (darunter viele dem Namen nach "sozialistische" Organisationen) die Klimademonstration als Gelegenheit, die Demokratische Partei zu stärken und ihre Wahlchancen bei der bevorstehenden Wahl zu verbessern.

Die SEP und ihre internationalen Mitstreiter kämpfen für ein revolutionäres Programm, das die Verstaatlichung aller Großkonzerne und Banken unter der demokratischen Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung umfasst. Das muss der Ausgangspunkt für eine rationale Umgestaltung der Weltwirtschaft werden, um statt privatem Profitstreben die Bedürfnisse der Massen zu befriedigen - darunter auch die Beseitigung von Umweltproblemen.

Diese Umgestaltung muss durch die internationale Vereinigung der arbeitenden Bevölkerung aller Länder erreicht werden: durch die Abschaffung nationaler Grenzen und des Nationalstaatensystems und die Schaffung einer internationalen Föderation sozialistischer Republiken, die wirtschaftliche Ungleichheit abschaffen werden.

Der Kampf für dieses Programm erfordert den Aufbau einer politischen Führung der Arbeiterklasse. Wir rufen alle Teilnehmer der Klimademonstrationen und Proteste auf, sich mit der SEP in Verbindung zu setzen, die World Socialist Web Site zu lesen und sich zu entscheiden, jetzt den Kampf für den weltweiten Sozialismus aufzunehmen.

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