ThyssenKrupp macht wieder Gewinn und verschärft Sparprogramm

ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger verkündete in der vergangenen Woche, dass der Konzern im Geschäftsjahr 2013/14, das am 30. September endete, einen Nettogewinn von 210 Millionen Euro erzielt hat. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) sei mit 1,3 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt worden.

Die Aktionäre sollen eine Dividende von 11 Cent pro Aktie erhalten. Hauptprofiteure davon sind die Krupp-Stiftung, die 23 Prozent der Aktien von ThyssenKrupp hält, und der Finanzinvestor Cevian, der mit über 15 Prozent der Aktien neuer Großaktionär ist. Cevian wird Anfang nächsten Jahres seinen Deutschland-Chef Jens Tischendorf in den Aufsichtsrat von ThyssenKrupp entsenden.

Der Gewinn wurde direkt aus den weltweit 160.000 Beschäftigten, davon 60.000 in Deutschland, herausgepresst. 6.000 Arbeitsplätze wurden im Konzern abgebaut, über 3.000 in der Verwaltung und rund 2.000 im europäischen Stahlbereich. Darüber hinaus umfassten die Sparmaßnahmen Ausgliederungen, Lohnsenkungen und schlechtere Arbeitsbedingungen für die verbliebenen Beschäftigten.

Die „Sanierungs-Partnerschaft“ des ThyssenKrupp-Vorstands mit der Gewerkschaft IG Metall und den Betriebsräten ist derart eng und effektiv, dass das ursprüngliche Ziel, die Kosten im vergangenen Geschäftsjahr um 850 Millionen Euro zu senken, um 150 Millionen Euro übertroffen wurde.

Für die Stahlarbeiter gilt seit 1. Oktober eine von Betriebsrat und IG Metall ausgehandelte Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 34 auf 31 Stunden für die nächsten vier Jahre. Dies kommt einer 10-prozentigen Lohnkürzung gleich und ist mit steigender Arbeitshetze und erhöhtem Stress aufgrund der niedrigeren Schichtbesetzung verbunden.

Mit am härtesten betroffen sind die Arbeiter des Edelstahlwerks AST im italienischen Terni. Mitte Juli verkündete der ThyssenKrupp-Vorstand den Abbau von 550 der 2.600 Arbeitsplätze in diesem Werk. Das Edelstahlwerk Acciai Speciali Terni Spa. ist der größte Arbeitgeber der Stadt in Umbrien.

AST war letztes Jahr zusammen mit dem Edelstahlbereich Innoxum (früher Nirosta) von ThyssenKrupp an den finnischen Konkurrenten Outokumpu verkauft worden, musste aber aufgrund von Auflagen der EU-Kommission und finanziellen Problemen von Outokumpu wieder zurückgenommen werden. Der beschlossene Arbeitsplatzabbau soll das Unternehmen, das derzeit Verluste erzielt, wieder profitabel machen, damit es verkauft werden kann.

Seit Bekanntwerden der Kündigungen haben die betroffenen Arbeiter zahlreiche Streiks und Protestaktionen durchgeführt, um gegen den Arbeitsplatzabbau zu kämpfen. So protestierten etwa 600 ThyssenKrupp-Stahlarbeiter Ende Oktober in Rom gegen die Entscheidung des Konzerns, 550 ihrer Arbeitsplätze in Terni zu vernichten. Die Arbeiter wurden von der Polizei angegriffen, als sie sich auf dem Weg von der deutschen Botschaft zum Wirtschaftsministerium befanden. Mindestens vier Arbeiter und zwei Gewerkschaftsfunktionäre wurden dabei verletzt.

Hiesinger, dessen Vertrag als Vorstandschef von ThyssenKrupp am Tag vor der Vorstellung der Geschäftszahlen vom Aufsichtsrat bis 2020 verlängert wurde, kündigte an, die laufenden Sparmaßnahmen weiter zu verschärfen. So sollen bis Ende September 2015 nicht nur 2,3 Milliarden Euro eingespart werden, sondern 2,5 Milliarden Euro, 200 Millionen Euro mehr als bisher geplant.

Für das laufende Geschäftsjahr soll der Gewinn vor Zinsen und Steuern dadurch auf 1,5 Milliarden Euro steigen und möglichst bald auf 2 Milliarden Euro erhöht werden. Für die Arbeiter und Angestellten bei ThyssenKrupp bedeutet das, dass sie mit weiteren und noch härteren Angriffen auf ihre Arbeitsplätze, Arbeitsbedingungen und sozialen Errungenschaften rechnen müssen.

ThyssenKrupp nutzt die internationale Wirtschaftskrise – vor allem den wirtschaftlichen Rückgang in Frankreich und Italien, aber auch den Rückgang des Wirtschaftswachstums in China, wo die Autoindustrie ein wichtiger Abnehmer von Stahlprodukten ist – um die Ausbeutungsbedingungen drastisch zu verschärfen.

Die Steigerung der Produktivität dient auch der Vorbereitung, ganze Produktionszweige abzustoßen und den globalen Konzern zu reorganisieren. Auf die in den Medien regelmäßig auftauchenden Spekulationen, ob ThyssenKrupp angesichts der Probleme im Stahlbereich sich ganz vom Stahl, mit dem sowohl Krupp wie Thyssen groß geworden sind, trennen könnte, antwortete Konzernchef Hiesinger ausweichend.

Die Frage stelle sich derzeit so nicht, sagte er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: „Es gibt zwar Überkapazitäten in Europa. Aber ob sich daran in drei, in fünf oder zehn Jahren etwas ändert, das kann heute keiner sagen. Sollte es zu einer Konsolidierung kommen, würden wir uns als einer der größten europäischen Stahlkonzerne aktiv daran beteiligen.“

Auch dies ist eine Kampfansage an die europäischen Stahlarbeiter. Jede Fusion ist mit dem Abbau von Tausenden Arbeitsplätzen und weiteren Angriffen auf die Löhne und sozialen Bedingungen der Arbeiter verbunden. Es unterstreicht die Notwendigkeit, dass sich Arbeiter europaweit und international gegen die Angriffe der Konzerne und ihrer Helfershelfer aus den Gewerkschaften auf der Grundlage eines sozialistischen Programms zusammenschließen.

Während die Angriffe auf die Arbeiter bei ThyssenKrupp durch die ständig verschärften Sparprogramme weiter gesteigert werden, fiel der ThyssenKrupp-Vorstand vor allem durch eine überproportionale Steigerung seiner Vorstandsgehälter um 69 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf. So erhielt Vorstandschef Hiesinger für das Geschäftjahr 2012/13 fünf Millionen Euro. Arbeitsdirektor Oliver Burkhard, der direkt von der IG Metall in den ThyssenKrupp-Vorstand gewechselt ist, erhielt 2013 einschließlich Tantiemen und Boni ein Jahreseinkommen von 1,6 Millionen Euro.

Ende Oktober berichtete die Süddeutsche Zeitung unter der Überschrift „Verdeckte Gehälter“ über die hohen Pensionsrückstellungen für die Vorstandsmitglieder großer Konzerne. Zu Hiesinger heißt es dort: „Doch Hiesinger verdiente in Wahrheit wesentlich mehr. Den schwer angeschlagenen Stahl- und Technologiekonzern ThyssenKrupp hat sein Vorstandsvorsitzender im vorletzten Jahr die stolze Summe von 13,8 Millionen Euro gekostet... Für Hiesinger beliefen sich allein die Pensionsaufwendungen im Geschäftsjahr 2012/13 auf 8,9 Millionen Euro.“

Auch für alle andern ThyssenKrupp-Vorstandsmitglieder – einschließlich IGM-Arbeitsdirektor Burkhard – hat der Aufsichtsrat Aufwendungen für die Altersversorgung genehmigt, „die um fünfzig Prozent höher lagen als deren Jahresgehälter“. (SZ)

Stellvertretender Vorsitzender des ThyssenKrupp-Aufsichtsrats, der diese Entscheidung abgesegnet hat, ist der Hauptkassierer der IG Metall Bertin Eichler, der neben seinem üppigen IGM-Gehalt für diese Tätigkeit bei ThyssenKrupp laut Geschäftsbericht 2011/12 eine Gesamtvergütung von 159.500 kassierte.

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