Ebola-Epidemie 2014: Regierungen in Westafrika verbieten öffentliche Weihnachtsfeiern

In den von Ebola gezeichneten Ländern Sierra Leone, Liberia und Guinea waren in den vergangenen Tagen alle öffentlichen Weihnachtsfeiern verboten, Gottesdienste fielen größtenteils aus und Bars und Restaurants blieben geschlossen. Wo zu Weihnachten und Neujahr normalerweise Karnevalsstimmung herrscht, patroullierte das Militär.

In Sierra Leone ist der Norden des Landes, wo die meisten Ebola-Toten zu beklagen sind, für fünf Tage komplett abgeriegelt. Der Vizeinformationsminister Theo Nicol verkündete am Mittwoch, dass die Regierung so „ein genaues Bild der Lage“ erhalten wolle. Dem Regionalminister Alie Kamara zu Folge dürfen in der Zeit keine Gottesdienste gefeiert werden – weder christliche noch muslimische. Zudem seien alle Geschäfte und Märkte geschlossen und nur Fahrzeuge mit offizieller Genehmigung dürften fahren. Nur den offiziellen Ebola Bekämpfungsteams sei es erlaubt zwischen den verschiedenen Städten und Dörfern zu verkehren.

Bereits Mitte Dezember hatten die Behörden öffentliche Zusammenkünfte über die Weihnachtstage und an Silvester untersagt. So wolle die Regierung eine Ausbreitung der Epidemie verhindern. Die Maßnahmen, die vor allem an die Methoden von Polizeistaaten zur Kontrolle der Bevölkerung erinnern, stehen sinnbildlich für die medizinisch völlig ungenügenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie, die sich im vergangenen Jahr wie ein Lauffeuer in Westafrika ausbreitete und auch Ende des Jahres nicht unter Kontrolle ist.

Laut dem Situationsreport der WHO vom 24. Dezember sind insgesamt 19497 Menschen an dem Ebola-Virus erkrankt oder es besteht bei ihnen der Verdacht der Erkrankung. Davon kamen 19463 Menschen aus den drei Ländern Guinea (2597 Erkrankte), Liberia (7862 Erkrankte) und Sierra Leone (9004 Erkrankte). Zusätzliche Erkrankungsfälle sind der WHO aus Mali (8), Nigeria (20), Senegal(1), Spanien (1) und den USA (4) bekannt.

Seit März diesen Jahres, als der erste an dem durch das Ebola-Virus verursachte hämorrhagische Fieber Erkrankte beobachtet wurde, starben laut WHO insgesamt 7588 Menschen.

Die Statistik der WHO führt die an der Behandlung der Ebola-Patienten beteiligten professionellen Helfer (das sind u.a. Pflegekräfte und Ärzte) extra auf: 666 Personen der professionellen Helfer sind bisher erkrankt, 367 kamen aus Liberia, 139 aus Guinea, 143 aus Sierra Leone. Ein spanischer und drei US-amerikanische medizinische Helfer sind erkrankt.

359 von ihnen starben. Das sind weit über 50 Prozent aller erkrankten professionellen medizinischen Helfer.

Ein Ebola-Ausbruch in der Demokratischen Republik Kongo mit 66 Erkrankten, von denen 49 inzwischen gestorben sind, kam inzwischen zum Stillstand. Er wird von der WHO mit der großen Epidemie in den benachbarten Ländern nicht in Zusammenhang gebracht.

Was ist Ebola und wie konnte es soweit kommen?

Das Ebola-Virus gehört zur Familie der RNA-Filoviren und kommt in fünf Unterarten vor. Es hat als natürlichen Wirt in diesen Ländern lebende Wildtiere. Man vermutet am ehesten Fledermäuse oder Flughunde als Virusträger. Diese infizieren z.B. Affen. Wenn von diesen erkrankten Affen Blut oder Körperflüssigkeiten in Kontakt mit Menschen geraten (z.B. durch Nahrungsverzehr), wird das Virus auf den Menschen übertragen. Von da an schreitet die Erkrankung von Mensch zu Mensch fort. Auch hierbei spielt der direkte Kontakt mit Körperflüssigkeiten (z.B. Speichel und Urin) und Blut, aber auch mit dem Leichnam des an Ebola Verstorbenen die entscheidende Rolle. Das Risiko einer Infektionsübertragung durch Tröpfchen z.B. über Husten und Niesen wird nicht ausgeschlossen, aber es gibt dafür auch keine sicheren Beweise.

Die ersten beiden Ausbrüche einer deutlich kleineren Epidemie wurden 1976 in Nzara, Sudan und in Yambuku, DR Kongo (damals noch Zaire) beobachtet. Letzterer Ort liegt an dem Fluss Ebola. Das Virus erhielt daraufhin diesen Namen.

Diese kleineren Epidemien ereigneten sich in der Nähe tropischer Regenwälder in abgelegenen Dörfern. Von 1976 bis 2012 erkrankten 2387 Menschen, davon 425 in der schlimmsten einzelnen Epidemie mit den meisten Erkrankten im Jahre 2000 in Uganda. Die Sterblichkeit lag zwischen 25% und 90%. Es starben insgesamt in diesem Zeitraum 1590 Menschen, das sind 2/3 aller Erkrankten.

Die Ebola-Viruserkrankung, auch als hämorrhagisches Fieber bekannt, ist eine schwere infektiöse Allgemeinerkrankung, die nach zwei bis 21 Tagen nach einer Ansteckung zum Ausbruch kommt. Bis zum Ausbruch der Symptome können die betroffenen Menschen jedoch andere Menschen nicht anstecken.

Nach dieser auch Inkubationszeit genannten Zeitspanne bekommen die Erkrankten plötzlich sehr hohes Fieber mit Abgeschlagenheit, sowie Muskel-, Kopf-, und Halsschmerzen.

Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es zu Magen- und Darmstörungen mit Erbrechen und Durchfällen und zusätzlichen Hautausschlägen. Die Funktionen der Leber und Nieren verschlechtern sich. Es kommt zu inneren und äußeren Blutungen durch die Schädigung des Gerinnungssystems, Hämorrhagie genannt. Die Menschen versterben oft an Multiorganversagen. Die Sterblichkeit ist, wie die bisherigen oben erwähnten epidemiologischen Daten zeigen, sehr hoch.

Waren es bis 2012 nur kleinere meist abgelegene ländliche Regionen sind bei der jetzigen bisher größten Ebola-Epidemie sowohl große städtische wie ländliche Regionen betroffen. Bisher sind drei verschiedene Unterarten des Ebola-Virus- die Verursacher.

Diese Entwicklung ist auf keinen Fall unvorhersehbar gewesen. Die Zunahme der Mobilität der Bevölkerung innerhalb eines Landes und zwischen den drei Ländern, sowie die Verheerungen der sozialen Infrastruktur insbesondere des Gesundheitssystems durch die in den 1980er Jahren begonnenen sogenannten Strukturanpassungsprogramme des IWF ließen nur das WANN für den Ausbruch einer großen Ebola-Epidemie offen.

Weiter zugespitzt wurde die Gefahr durch den Zusammenbruch der Weltwirtschaft ab 2008 und die lokalen Kriege.

In einschlägigen Veröffentlichungen über die vorhergehenden Ebola-Epidemien werden für die rasche Verbreitung ganz eindeutig nicht nur die allgemein schlechten Hygienestandards in diesen Ländern verantwortlich gemacht. Explizit sind die Krankenhäuser Orte der Ausbreitung aufgrund fehlender und mangelhafter personeller Ausstattung, die für eine sichere Pflege und Betreuung Erkrankter erforderlich ist, und wegen fehlender und mangelhafter materieller Ausstattung. So ist in einem Standardwerk der Medizin Harrisons 18.Aufl. S.1754 zu lesen: „[Die] Epidemien waren mit einer Übertragung von Mensch zu Mensch (insbesondere im Krankenhaus) sowie der Mehrfachnutzung von unsterilisierten Spritzen und Nadeln – eine übliche Praxis in Entwicklungsländern – assoziiert.“

Ähnlich äußerte sich eine Sprecherin von medico international, die im Oktober 2014 so zitiert wird, dass die Bevölkerung Krankenhäuser eher für Orte der Infektion als für Orte der Hilfe halte. Die Zusammenhänge zwischen zunehmender Mobilität der Bevölkerung, sich verschlechternder sozialer Infrastruktur und dem Auftreten schwerer tödlicher Epidemien sind bekannt.

Das zeigt ein Blick in die Geschichte. Eine der ersten großen verheerenden Epidemien in Europa war die der Pest von 1346 bis 1353. Aber erst mit dem Fortschritt der wissenschaftlichen Erkenntnis in den letzten beiden Jahrhunderten wurde dieser Zusammenhang richtig verstanden. Doch noch vor gut 100 Jahren kam es in Hamburg 1892 zur bis dahin größten Cholera-Epidemie mit 16956 Erkrankten. Von denen starben 8605.

Das geschah aber nicht mehr aufgrund fehlenden Wissens und Ressourcen, sondern war Ausdruck der kapitalistischen Ausbeutungsverhältnisse im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Zu dieser Epidemie kam es aufgrund mangelhafter sanitärer Einrichtungen und „ungesunder Wohnungen, Pesthöhlen und Brutstätten für jeden Ansteckungskeim“ vor allem in den proletarischen Bezirken, so beschrieb es Robert Koch, der 1892 die medizinischen Gegenmaßnahmen in Hamburg mitorganisierte,.

Die reiche Bürgerschaft hielt über Jahrzehnte den Bau einer Wasserfilteranlage und sicherer Kanalisationen für unnötig. Der die Cholera verursachende Keim wurde jedoch bereits 1884 von Robert Koch identifiziert. von Pettenkofer erkannte die Notwendigkeit von sicherer Abwasserkanalisation und Trinkwasserversorgung zur Verhinderung solcher Epidemien bereits in den 1860er Jahren und setzte sie in München durch. Die SPD, die damals als sozialistische Massenpartei noch für die Interessen der Arbeiter und sozial Unterdrückten kämpfte, trat für die Durchsetzung hygienischer Standards nach dem aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisstand ein.

Bereits 2005 wurden die ersten Ergebnisse über einen gentechnisch hergestellten Impfstoff gegen eine Unterart des Ebola-Virus veröffentlicht. Dieser wurde an Primaten getestet. Doch erst jetzt wird ernsthaft an der Weiterentwicklung von zwei verschiedenen Impfstoffen gearbeitet, mit dem Ziel sie im nächsten Jahr in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen.

Die imperialistischen Mächte, die sich am „Kampf gegen Ebola“ beteiligen, stellen sich als „Helfer“ dar. Die Bundeswehr wird in der durch das Verteidigungsministerium organisierten Kampagne für ihre schnelle Einsatzbereitschaft gelobt. Aber sie sind nicht nur die direkten und indirekten Verursacher dieser durch die Zerstörung der sozialen Infrastruktur entstandenen Katastrophe, sondern nutzen sie zynisch zur Rekolonialisierung des Kontinents.

Auch dies hat eine historische Parallele. Vor fast 100 Jahren bat Carl Duisberg bei der deutschen Regierung um die Erlaubnis, ein von Bayer entwickeltes Medikament (Bayer 205) zur Behandlung der in Teilen Afrikas endemisch vorkommenden Schlafkrankheit in den vom britischen Imperialismus beherrschten Kolonien zu erproben. Als Sprecher der deutschen Industrie hatte Duisberg explizit die deutsche Annexion Belgiens im Ersten Weltkrieg unterstützt.

Die Erlaubnis wurde Duisberg vom Außenministerium ausdrücklich erteilt. Und dies mit der Begründung, es gehe mittelfristig um die Wiederherstellung des internationalen Ansehens deutscher Wissenschaft und langfristig darum die „koloniale Schuldlüge“ zu widerlegen. In Wirklichkeit ging es um die Begründung einer kolonialen Revision nach dem für den deutschen Imperialismus verlorenen Ersten Weltkrieg und dem damit verbundenen Verlust der Kolonien auch in Afrika.

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