Pegida und die Regierungskampagne zur militärischen Aufrüstung

Am Montag versammelten sich in Dresden erneut mehr als 15.000 Rechtsextremisten und Islamfeinde zur Pegida-Demonstration.

Die selbsternannten „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) rufen seit zwölf Wochen zu montäglichen Demonstrationen in der Dresdner Innenstadt auf. Rechtsextremisten wie die faschistische NPD mobilisieren im ganzen Bundesgebiet für den Marsch durch Dresden.

Die größten rechtsextremen Demonstrationen seit dem Ende der Nazi-Diktatur sind keine spontanen Eruptionen. Das zeigt sich schon daran, dass deutlich mehr Menschen zu den Gegendemonstrationen kamen, die in zahlreichen Städten stattfanden.

In Wahrheit wurden die rechten Aufmärsche von erheblichen Teilen der Politik und Medien systematisch aufgebaut und unterstützt. Woche für Woche werden die Demonstrationsteilnehmer aus dem ganzen Bundesgebiet und dem Umland in Dresden zusammengekarrt und erhalten dann eine beispiellose Medienpräsenz.

Die Mobilisierung des braunen Bodensatzes der Gesellschaft steht in direktem Zusammenhang zur verstärkten militärischen Aufrüstung und Kriegsvorbereitungen. Seit Bundespräsident Gauck, Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen Anfang vergangenen Jahres ankündigten, dass die Zeit der militärischen Zurückhaltung Deutschlands vorbei sei, vergeht kaum ein Tag, an dem nicht die Verbesserung der militärischen Ausrüstung und mehr Unterstützung für die Armee gefordert wird.

Wie immer ist diese Wiederkehr des Militarismus mit der Unterstützung und Mobilisierung rechtsradikaler Gruppierungen und Parteien verbunden.

Vom konservativen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bis zum thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Die Linke) äußerten führende Politiker Verständnis für die Aufmärsche oder boten dem braunen Mob Gespräche an. Die Medien berichteten übermäßig über die zunächst winzigen Demonstrationen und gaben Organisatoren und Teilnehmern eine Plattform, um ihre chauvinistische Hetze zu verbreiten.

Zuletzt hatte sich die ehemalige Familienministerin und jetzige Bundestagsabgeordnete Kristina Schröder (CDU) kritisch zu den Gegendemonstrationen geäußert. Bereits im Dezember hatte sie den Pegida-Demonstranten berechtigte „Sorge wegen Islamismus“ attestiert. Dieser sei ein Problem, so die Ex-Ministerin.

In den letzten Wochen gab es vermehrt Bemühungen, die Pegida-Demonstrationen zu institutionalisieren und als Hebel für einen weiteren Rechtsruck der Politik zu nutzen. Am Mittwoch traf sich die Co-Vorsitzende der rechtskonservativen „Alternative für Deutschland“ (AfD), Frauke Petry, mit den Organisatoren der Pegida, um eine Zusammenarbeit auszuloten. Zwischen den programmatischen Punkten der Pegida seien „Schnittmengen mit den politischen Auffassungen der AfD“ erkennbar, erklärte Petry im Vorfeld des Gesprächs.

Dieselben Zeitungen, die im vergangenen Jahr in der ersten Reihe der Kriegshetzer standen, unterstützen nun die Rechtsdemonstrationen. An der Spitze steht wie immer die Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Deren Mitherausgeber Berthold Kohler hatte schon im Dezember dafür plädiert, die Forderungen der Pegida ernst zu nehmen und „eine Einwanderungspolitik zu verfolgen, deren Regeln sich strikt an den Interessen des eigenen Landes orientieren.“

Am vergangenen Wochenende öffnete die Sonntagsausgabe der FAZ ihre Seiten dem zweiten AfD-Vorsitzenden Konrad Adam. In einem Gastbeitrag unter dem Titel „Wie die Christen schon einmal die Türken schlugen“ lässt er seinem Chauvinismus freien Lauf und begeistert sich für die Seeschlacht von Lepanto vom 7. Oktober 1571, in der eine Allianz aus Spaniern, Maltesern und italienischen Kleinstaaten die Flotte des türkischen Großadmirals Ali Pascha vernichtend schlug.

Adam beschreibt ehrfürchtig, wie er einst ein Original der damaligen Kriegsflagge gesehen habe. Sie stehe dafür, dass sich „die christlichen Streitkräfte“ als „disziplinierter und stärker“ erwiesen hätten. Der Artikel ist eine kaum verhohlene Lobpreisung der Pegida.

Bereits am 17. Dezember durfte Adam seine rassistischen Positionen in der FAZ verbreiten. Als ob es die brutale Kolonialisierung des nahen Ostens und die beiden Weltkriege nie gegeben hätte, erklärt er, dass der Islam anders als das Christentum auf Gewalt gegründet sei. Außerdem habe es in der christlichen Welt die Aufklärung gegeben, von der der Islam nichts wisse. Deshalb müsse man bei Flüchtlingen fragen: „Passen die zu uns?“ oder „sind die integrationswillig und integrationsfähig?“

Auch die Springer-Presse verteidigt die Pegida. Am Freitag beschwerte sich der Chefkommentator der Welt-Gruppe, Jacques Schuster, dass Kritikern des Asylrechts in Deutschland zu „schnell das Kainsmal des Rechtsextremen auf die Stirn geritzt“ und gegen sie ein „Vernichtungsfeldzug sondergleichen“ geführt werde.

Diese Ermunterung und Mobilisierung des braunen Mobs ist Teil eines umfassenden Rechtsrucks der deutschen Politik. Im letzten Jahr wurde nicht nur das Spardiktat in Europa verschärft, sondern vor allem die Rückkehr des deutschen Militarismus organisiert.

Die Aggressionspolitik gegen Russland und die Interventionen im Nahen Osten stoßen auf breite Ablehnung in der Bevölkerung. Um die aggressive Außenpolitik gegen diese Opposition durchzusetzen, wird in Dresden der Bodensatz der Gesellschaft auf die Beine gebracht. Wie vor dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg setzt die herrschende Elite auf Chauvinismus und Fremdenfeindlichkeit, um ihre imperialen Interessen zur Geltung zu bringen.

Diese Rechtskampagne findet auch an den Universitäten statt. In mehreren Geschichtsfakultäten wird systematisch daran gearbeitet, die Geschichte umzuschreiben und die Verbrechen des deutschen Imperialismus zu verharmlosen. Auf diese Weise soll der Boden für neuen Nationalismus bereitet werden.

Prof. Jörg Baberowski, der den Lehrstuhl Geschichte Osteuropas an der Humboldt Universität Berlin inne hat, erklärte im Februar dieses Jahres im Spiegel: „Hitler war kein Psychopath er war nicht grausam.“ Und sein Kollege in den Politikwissenschaften, Prof. Herfried Münkler sagte, man könne keine verantwortungsvolle Außenpolitik betreiben, wenn man die Vorstellung hat: Wir sind an allem Schuld gewesen.“

Mit solchen Geschichtslügen werden neue Verbrechen vorbereitet. Wie vor 80 Jahren geht der Aggressionskurs des deutschen Imperialismus mit Diktatur und der Mobilisierung rechter Organisationen einher.

Der Kampf gegen Pegida muss deshalb mit dem Kampf gegen Militarismus und Krieg verbunden und gegen alle Parteien gerichtet werden, die diese Kriegspolitik der Bundesregierung unterstützen. Die Heuchler im Bundestag, die sich gegen Pegida aussprechen, aber die militaristische und rassistische Regierungspolitik vertreten und durchführen, müssen kompromisslos bekämpft werden.

Bezeichnender Weise kam es erst dann vermehrt zu kritischen Stimmen gegen Pegida aus Regierungskreisen, als die Gegendemonstrationen große Massen anzogen und als die ausländische Presse über die Märsche der Rechtsextremisten zu berichten begann.

Angela Merkel kritisierte daraufhin die Demonstrationen in ihrer Neujahrsansprache. Zwar werde bei Kundgebungen „Wir sind das Volk“ gerufen wie vor 25 Jahren während der Revolution in der DDR. Tatsächlich gemeint sei damit nun aber „Ihr gehört nicht dazu - wegen Eurer Hautfarbe oder Eurer Religion“, sagte Merkel. Zuwanderung sei „ein Gewinn für uns alle“.

Am Dienstag sprach sich auch SPD-Altkanzler Helmut Schmidt (96) gegen die Demonstrationen aus: „Deutschland muss weltoffen und tolerant bleiben. Darum ein deutliches Nein zu Pegida!“ Sein Amtsnachfolger Gerhard Schröder (SPD) forderte in der Bild-Zeitung einen „Aufstand der Anständigen“ gegen die rechten Demonstrationen.

Diese Aussagen sind an Heuchelei kaum zu überbieten. Es waren SPD und CDU, die 1993 das Asylrecht massiv einschränkten. Seither setzten sämtliche Regierungen alles daran, Europa und Deutschland von Flüchtlingen abzuschirmen. In den letzten 15 Jahren sind allein im Mittelmeer über 25.000 Migranten auf ihrem Weg nach Europa ertrunken, weil die Landgrenzen dicht gemacht wurden. Sollten es Flüchtlinge doch nach Deutschland schaffen, werden sie in menschenunwürdige Unterkünfte gepfercht, in denen es nicht selten zu Misshandlung und Folter kommt.

Eine besonders üble Rolle spielen Gregor Gysi und die Linkspartei. Ihr Aufruf zu einem „Bündnis aller Demokraten gegen Pegida“ dient dazu genau die Regierungspolitik zu unterstützen, die die Mobilisierung des rechten Mobs hervorgebracht hat.

Wie der Kampf gegen Militarismus und Krieg, erfordert auch der Kampf gegen Pegida und das Anwachsen rechter faschistischer Organisationen die politische Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines internationalen sozialistischen Programms.

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