ARD-Dokumentation: Jagd auf Snowden

Die Enthüllungen Edward Snowdens, die der Weltbevölkerung die massive Verletzung ihrer wichtigsten demokratischen Rechte vor Augen führten, haben die betreffenden Geheimdienste und Staaten in eine Krise gestürzt sowie in breiten Teilen der Bevölkerung Proteste und Sympathiebekundungen für Snowden ausgelöst.

Am Montagabend lief im Ersten Deutschen Fernsehen eine Dokumentation von John Goetz und Poul Heilbuth mit dem Titel Jagd auf Snowden über die Verfolgung Snowdens durch die US-Behörden und seine Suche nach einem Land, das ihm Asyl gewähren würde.

Die Dokumentation beginnt bereits mit dramatischen Worten. Dianne Feinstein, Senatorin und Vorsitzende des Ausschusses für die Nachrichtendienste spricht: „Ich will, dass er gefasst wird. Die Jagd ist eröffnet!“. Auch im Weiteren wirkt die Dokumentation wie ein Geheimdienstthriller. Die Maßnahmen, die die Behörden der Vereinigten Staaten ergriffen, um Snowden aus dem Verkehr zu ziehen, sind haarsträubend; nicht nur für den Betrachter der Dokumentation, sondern ebenso für die Protagonisten selbst, also für Edward Snowden und seine Helfer von WikiLeaks, Julian Assange und Sarah Harrison.

Bereits vor seiner Aufdeckung trifft sich Snowden mehrmals in Hongkong mit den Journalisten Glenn Greenwald und Ewen McAskill, um über diese im Guardian Dokumente zu veröffentlichen, die die Spionageprogramme der NSA beschreiben und belegen. Schon zu diesem Zeitpunkt ist den Journalisten des Guardian klar, dass Snowden sehr bald gefasst werden wird. Auch wurde bereits nach ihm gesucht, da er sich nicht bei seinem Arbeitgeber zurückmeldete.

Eine Woche danach bekennt sich Snowden selbst in einem Video zu den Enthüllungen. Außerdem bittet er WikiLeaks um Hilfe. Sarah Harrison begleitet ihn nun vier Monate lang auf seiner Flucht. Zunächst will Snowden nicht aus Hongkong flüchten, aus Angst am Flughafen gefasst zu werden. Doch er lässt sich letztendlich dazu überreden. Mit einem Dutzend verschiedener Flugtickets sollen falsche Fährten gelegt werden. Am Flughafen wird Snowden trotz des auf ihn ausgestellten Haftbefehls und Drohungen der USA gegenüber Hongkong nicht gefasst, da ein falscher zweiter Vorname im Haftbefehl angegeben ist.

So landen Snowden und Harrison in Moskau; ein Weiterflug nach Südamerika ist aber nicht möglich, da die USA zwischenzeitlich den Pass annulliert haben. Snowden und Harrison waren gezwungen, einen Monat lang auf dem Flughafen auf eine günstige Lage zu warten. Zwischenzeitlich stellte Snowden Asylanträge, die insbesondere von den westeuropäischen Regierungen entweder schnell abgelehnt oder aber stillschweigend ignoriert wurden.

War die Jagd der US-Behörden bis dahin weitgehend darauf ausgerichtet, Snowden zu lokalisieren und Druck auf Hongkong auszuüben, wird sie nun zusehends hektischer und dramatischer. Jagd auf Snowden nennt einige Details, die verdeutlichen, dass demokratische Rechte im US-Apparat keine Beachtung mehr finden.

Beispielsweise sandte das FBI ein Flugzeug nach Europa, das ursprünglich der CIA zur Entführung von „vermeintlichen und tatsächlichen“ Terroristen diente. Snowdens Vater sollte hier unwissentlich als Lockvogel dienen, damit das FBI seinen Sohn unter dem Vorwand einer gesundheitlichen Kontrolle ins Flugzeug hätte stecken und in die USA bringen können (Siehe auch: CIA plante, Edward Snowden zu entführen).

Zudem wurde die erzwungene Landung des bolivianischen Diplomaten-Flugzeuges in der Dokumentation beleuchtet. Der bolivianische Präsident Evo Morales reiste damit von einem Treffen mit dem russischen Staatspräsidenten Vladimir Putin zurück nach Bolivien. Bereits während seines Aufenthaltes gab es Gerüchte, dass Snowden womöglich unter Morales' Schutz ausreisen könnte, zumal dieser in einem Interview die Annahme des Asylantrages bestätigt hatte.

Nach eigener Aussage befeuerten Assange und WikiLeaks diese Gerüchte, um die US-Behörden auf eine falsche Fährte zu locken. Doch die Reaktion hierauf übertraf selbst Assanges Erwartungen. Auf Druck der USA entzogen mehrere europäische Regierungen dem Diplomatenjet die Überfluggenehmigung, sodass dieser zur Zwischenlandung in Österreich gezwungen wurde.

Dieser Schritt war sehr risikoreich für die USA und zog international einige Kritik nach sich, da grundlegende internationale Rechte gebrochen wurden. Russland entschied sich schließlich dazu, Snowden doch Asyl zu gewähren und einreisen zu lassen.

Die Verfolgung und Verurteilung Chelsea (ehem. Bradley) Mannings wurde in der Dokumentation angeführt, um zu verdeutlichen, was Snowden bei einer Auslieferung zu erwarten gehabt hätte. Manning war Angehörige der US-Armee und hatte als IT-Spezialistin Zugang zu Datenbanken mit klassifizierten Dokumenten. Manning lieferte große Mengen an geheimen Informationen über den Krieg im Irak und Guantanamo Bay ebenso wie die Botschaftsdepeschen an WikiLeaks.

Als Manning gefasst wurde, wurde an ihr mit einer Verurteilung zu 35 Jahren Haft ein Exempel statuiert und eine massive Drohkulisse aufgebaut. Doch obwohl Snowden diese Gefahr bekannt war, griff er aus Empörung und Verantwortungsbewusstsein ausführliche Dokumente zu den ungeheuerlichen Spitzelprogrammen der US-Geheimdienste ab und ermöglichte der Weltbevölkerung, die kriminellen Aktivitäten der US-Geheimdienste und ihrer Verbündeten wahrzunehmen und ihr Ausmaß zu begreifen.

Mehrmals wurden in Jagd auf Snowden Interviewausschnitte des ehemaligen CIA-Direktors Michael Hayden gezeigt, in denen er zumeist gebetsmühlenartig die Notwendigkeit der Spionageprogramme und ihrer Geheimhaltung wiederholte. Unverhüllt äußert er zuletzt die Drohung: „Sehr viele Leute wie ich würden niemals eine Amnestie oder irgendeinen Deal mit Snowden in Betracht ziehen.“

Jagd auf Snowden ist für kurze Zeit in der Mediathek der ARD abrufbar.

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