Syriza-Chef richtet nationalistischen Appell an das griechische Parlament

Der griechische Premierminister Alexis Tsipras nutzte seine erste Rede im Parlament nach Syrizas Wahlsieg vor zwei Wochen für einen nationalistischen Appell, dessen Ziel es ist, Unterstützung für seine Regierung für die Neuverhandlungen mit der Europäischen Union über die Rückzahlung ihrer Schulden zu gewinnen.

Der Hintergrund für die Rede am Sonntag war, dass der Regierung diese Woche eine Reihe von wichtigen Treffen bevorsteht; am Mittwoch treffen sich die Finanzminister der Eurozone zu Diskussionen über Griechenland und am Donnerstag findet ein EU-Gipfel statt.

Letzte Woche setzte die Europäische Zentralbank die von Syriza geführte Regierung unter Druck, indem sie die Sondererlaubnis aufhob, Staatsanleihen als Sicherheit für Kredite der Banken des Landes zu hinterlegen. Syriza sollte damit erpresst werden, die Diktate zu akzeptieren, die die "Troika" als Bedingung für das Rettungspaket in Höhe von 240 Milliarden Euro stellt, das den Großteil der griechischen Staatsschulden von mehr als 300 Milliarden Euro ausmacht.

Das aktuelle Abkommen wird am 28. Februar auslaufen, doch Tsipras erklärte, die Regierung wolle es nicht verlängern, weil "die Rettung gescheitert ist."

"Wir wollen in alle Richtungen deutlich machen, über was wir nicht verhandeln. Wir werden nicht über unsere nationale Souveränität verhandeln“, sagte er unter dem Beifall des 300-köpfigen nationalen Parlaments.

Auf dem Höhepunkt seiner Rede wurde der rechte und bürgerliche Charakter von Tsipras' Regierung am deutlichsten, als er ankündigte, dass seine Regierung von Deutschland Reparationen für den Zweiten Weltkrieg fordern werde.

Tsipras bezeichnete seine Regierung als "Regierung der nationalen Rettung" und erklärte, er werde sich dafür einsetzen, dass Kredite, zu denen das Deutsche Reich das Land während der Besetzung im Krieg gezwungen hatte, zurückgezahlt würden. "Ich kann eine ethische Pflicht und eine Verpflichtung vor der Geschichte nicht ignorieren: die Schulden aus der Kriegszeit zurückzufordern," erklärte er.

Diese demagogische Forderung ist Teil von Syrizas Versuchen, innerhalb von Teilen der europäischen Bourgeoisie eine Koalition gegen Deutschland aufzubauen, um Zugeständnisse beim Sparkurs zu erreichen. Sie ist außerdem ein direkter Appell an rechtsextreme, antideutsche und nationalistische Kräfte in Griechenland selbst, was die Bedeutung seiner Koalition mit den nationalistischen Unabhängigen Griechen deutlich macht, die nur einen Tag nach Syrizas Wahlsieg geschlossen wurde.

Tsipras sucht außerdem Unterstützung in Washington, wo die Furcht vor Problemen für die Weltwirtschaft und einer neuen Finanzkrise herrscht, die entstehen könnten, wenn kein Kompromiss ausgehandelt und Griechenland aus der Eurozone gedrängt wird. Wie die Financial Times berichtete, hat sich die Obama-Regierung gegen die harte Haltung gegenüber Griechenland ausgesprochen.

"Das ist keine besondere Initiative. Ich glaube nicht, dass sich unsere Haltung geändert hat, aber was sich geändert hat ist, dass die Lage in Griechenland plötzlich problematischer wirkt“, sagte ein hochrangiger, an den Diskussionen beteiligter amerikanischer Regierungsvertreter der Zeitung.

Zuvor schien US-Präsident Barack Obama einer Lockerung des Sparkurses aufgeschlossen. Letzte Woche erklärte er in einem Interview mit CNN: "Man kann Länder, die mitten in einer Depression stecken, nicht immer weiter ausquetschen."

Der britische Finanzminister George Osborne kündigte am Wochenende an, dass die Regierung Cameron Notfallpläne für einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone vorbereitet habe, und dass ein solcher Austritt nicht nur schwere Folgen für die Finanzmärkte haben würde, sondern auch zu großen Problemen in Großbritannien führen werde.

Der ehemalige Vorsitzende der amerikanischen Federal Reserve, Alan Greenspan, erklärte, es sei nur eine Frage der Zeit bis Griechenland die Eurozone verlasse, da es keine Einigung geben werde und warnte, der Austritt könnte eine neue globale Finanzkrise auslösen.

Tsipras gab in seiner Rede vor dem Parlament eine Reihe von Versprechen, darunter eine Nullrunde bei Rentenkürzungen, eine Reform der Vermögenssteuer und eine Erhöhung des Mindestlohns; außerdem sollen alle Stromsperren zurückgenommen werden. Doch diese begrenzten Maßnahmen werden, selbst wenn sie durchgeführt werden, nicht einmal ansatzweise die Zerstörung der Wirtschaft rückgängig machen, unter der die griechische Bevölkerung in den letzten fünf Jahren zu leiden hatte.

Der bürgerliche Charakter der Syriza-Regierung zeigt sich an der Tatsache, dass sie nicht versucht, die Finanzoligarchie zu entmachten und das Elend zu beseitigen, das sie verursacht hat, sondern nur etwas Spielraum zu shaffen. Nachdem Tsipras das Wahlversprechen gebrochen hat, einen Schuldenschnitt durchzuführen, fordert er nun eine Neuverhandlung der Bedingungen des Rettungspakets mit "unseren europäischen Partnern“, wie er sie nennt.

Finanzminister Yanis Varoufakis schlug während seiner Reise durch europäische Hauptstädte letzte Woche eine Neuverhandlung auf der Grundlage einer Reihe von Schuldumwandlungen vor, deren Ziel es sein sollte, die unmittelbaren Auswirkungen von Rückzahlungen abzuschwächen, ohne tatsächlich die Schulden des Landes abzuschreiben.

Kurzfristig sucht die Regierung nach "Überbrückungsgeldern" von mindestens zehn Milliarden Euro, um sicherzustellen, dass sie in den nächsten drei Monaten während der Verhandlungen genug Geld hat.

"Wir wollen eine neue Vereinbarung, ein Überbrückungsprogramm, das uns den finanziellen Spielraum gibt, der für ernsthafte Verhandlungen notwendig ist," sagte Tsipras dem Parlament, betonte jedoch gleichzeitig, dass Griechenland seine Verpflichtungen einhalten werde. Er erklärte, die Regierung beantrage keine Verlängerung des Abkommen, weil "man nicht um die Verlängerung von Fehlern bitten kann."

Doch die Entscheidung der EZB, die Ausnahmeregelung für griechische Anleihen aufzuheben, hat gezeigt, dass sie diese Bitten ablehnt. Das wurde durch Äußerungen von Jeroen Dijsselbloem, dem Vorsitzenden der Gruppe der –Finanzminister der Eurozone, vom Freitag deutlich. Er erklärte, Griechenland müsse nach den derzeitigen Abkommen eine Verlängerung beantragen und fügte hinzu: "Wir zahlen keine Überbrückungskredite."

Die Aufmerksamkeit wird sich nun auf das Treffen der Finanzminister der Eurozone am Mittwoch richten. Wenn dabei keine Einigung erzielt wird, rückt eine Krise des griechischen Bankensystems und ein möglicher Austritt aus der Eurozone mit potenziell schwerwiegenden Folgen noch einen Schritt näher.

Loading