Griechenland zahlt IWF aus

Am Donnerstag überwies die griechische Regierung rund 450 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF). Damit hat Griechenland bereits den zweiten großen Kredit zurückzahlt, ohne auf neue Hilfskredite zurückgreifen zu können. Ende März hatte das Land dem IWF bereits 1,5 Milliarden Euro überwiesen.

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hatte die Rückzahlung des zweiten Kredits schon am Wochenende nach einem Treffen mit IWF-Chefin Christine Lagarde zugesichert. „Die griechische Regierung erfüllt immer ihre Verpflichtungen gegenüber allen Gläubigern und sie hat vor, dies für immer zu tun“, sagte er.

Angesichts der verheerenden sozialen Lage in Griechenland sind diese Aussagen ein klares Bekenntnis zu Sozialkürzungen und Privatisierungen. Fünf Jahre Brüsseler Spardiktat haben zu einer Arbeitslosigkeit von über 25 Prozent geführt. Die Krankenversorgung ist zusammengebrochen und selbst Unterernährung ist zu einem Massenphänomen geworden.

In dieser Situation hat die griechische Regierung der Koalition der Radikalen Linken (Syriza) alles Geld zusammengekratzt, um die IWF-Kredite zurückzuzahlen. Bereits Ende Februar hatte die Regierung größere Summen von der Rentenversicherung geliehen, um einen Staatsbankrott zu vermeiden.

Ende März bat die Regierung dann auch die staatliche Krankenversicherung EOPYY um die Herausgabe von 50 Millionen Euro. Selbst die Athener Metro sollte dem Staat Geld leihen. Bisher hat die Regierung mindestens 600 Millionen Euro von Unternehmen geliehen. Darunter befinden sich die Elektrizitäts- und Wasserversorger. 120 Millionen Euro, die für die Finanzierung der Krankenhäuser vorgesehen waren, behielt der Staat ein.

Die Kredite haben in der Regel eine sehr kurze Laufzeit und dienen dazu, Haushaltsengpässe zu vermeiden, solange sich die Regierung in Verhandlungen mit der sogenannten Troika aus IWF, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission befindet. Athen hofft auf die Auszahlung der letzten Tranche an Hilfskrediten über 7,2 Milliarden Euro.

Der IWF-Kredit, den Athen am Donnerstag beglichen hat, gehörte selbst zum ersten sogenannten Hilfskredit, den Griechenland im Jahr 2010 vom IWF und den Ländern der Eurogruppe erhalten hatte. Die Auszahlung dieser Kredite war schon damals an strikte Sparauflagen geknüpft, die das Land in eine tiefe Rezession stürzten und die Staatsverschuldung von 113 Prozent des BIP 2008 auf 175 Prozent im Jahr 2013 explodieren ließen.

Laut den Zahlen der britischen Organisation Jubilee Debt Camapaign kassierte allein der IWF bisher 2,5 Milliarden Euro an Zinsen für die Hilfskredite. Vor allem aber nutzen die Rettungsaktionen den europäischen Banken, die griechische Staatsanleihen hielten und diese trotz faktischem Staatsbankrott inklusive horrender Zinsen ausgezahlt bekamen.

Fünf Jahre später fordert der IWF das Geld nun zurück. Da sich die Haushaltslage angesichts der Sparmaßnahmen seither weiter verschlechtert hat, ist Griechenland für die Rückzahlung erneut auf Hilfskredite angewiesen. Die Auszahlung knüpft die sogenannte Troika jedoch an weitere Privatisierungen, Strukturreformen und Haushaltskürzungen.

Es ist offensichtlich, dass das brutale Spardiktat nicht zu einer Genesung der griechischen Wirtschaft oder zu einer Reduzierung der Schuldenlast führen wird. Es geht den europäischen Regierungen vielmehr darum, die Last der Krise auf den Rücken der europäischen Arbeiter abzuwälzen. Dazu soll in Griechenland ein Exempel statuiert werden.

Mit der bedingungslosen Rückzahlung des IWF-Kredits hat die Syriza-Regierung erneut deutlich gemacht, dass sie zu allem bereit ist, um diese Politik zu unterstützen. Indem sie die Rentenkassen, Krankenversicherungen und Versorgungsunternehmen plündert, um den IWF zu befriedigen, hat sie sich umso abhängiger von den Hilfskrediten der Troika gemacht. Lässt die Troika die Verhandlungen platzen, können die kurzfristigen Kredite nicht zurückgezahlt werden.

Denn auch am Markt kann sich Griechenland nicht mit frischem Geld versorgen. Selbst für sechsmonatige Anleihen zahlte das Land in dieser Woche 2,97 Prozent Zinsen. Den von den Gläubigern erlaubten Rahmen für solche kurzfristigen Kredite von 15 Milliarden Euro hat Griechenland bereits ausgeschöpft.

Bis Ende Mai werden weitere Kredite von etwa sechs Milliarden Euro fällig, die Griechenland nur mittels Hilfskrediten zurückzahlen kann. Andernfalls droht der Staatsbankrott und möglicherweise ein Ausschluss aus der Eurozone.

Die Vertreter der Troika haben bisher alle Reformvorschläge und Privatisierungsvorhaben der griechischen Regierung als zu wenig weitgehend zurückgewiesen. Zuletzt haben die Institutionen der Regierung am Donnerstag eine Frist von sechs Tagen gesetzt, um in den Bereichen soziale Sicherung, Arbeitsmarkt und Privatisierung neue Kürzungsvorschläge zu machen.

Der griechische Staatsminister für Regierungskoordination, Alekos Flambouraris, erklärte daraufhin, er sei zu „100 Prozent sicher“, dass es am 24. April zu einer Einigung zwischen Troika und Athen kommen werde. An diesem Tag treffen sich in die Euro-Finanzminister in Riga zu einem seit langem geplanten Gipfel und könnten über die Auszahlung der Tranche entscheiden.

Dass Syriza das Spardiktat akzeptiert und mit der Troika nur noch über Details verhandelt, wurde auch beim Russlandbesuch des Regierungschefs Alexis Tsipras deutlich. Tsipras sprach mit Putin zwar über die Finanzierung von Infrastrukturprojekten, aber nicht über mögliche Hilfskredite, die die Abhängigkeit von der Eurogruppe verringern könnten. Auch in der Frage der Wirtschaftssanktionen gegen Russland, gegen die Griechenland prinzipiell ein Veto einlegen könnte, blieb Tsipras wage.

„Bei allem Frohsinn zwischen Herrn Putin und Herrn Tsipras: Die Linie, die wir von ihm erwarten, hat er nicht verlassen“, kommentierte der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) das Treffen im heute journal des ZDF.

Dass sich die Syriza-Regierung darauf vorbereitet, die sozialen Angriffe fortzusetzen, belegen auch die wachsenden Angriffe auf demokratische Rechte. Vertreter der Partei haben Ausschreitungen am Rande anarchistischer Proteste genutzt, um für eine massive Staatsaufrüstung zu werben. Vize-Innenminister Giannis Panousis forderte umgehend die Wiedereinführung der verhassten Kommunalpolizei, die dem Sparkurs der Vorgängerregierung zum Opfer gefallen war.

Von den Einsparungen ausgenommen ist neben der Polizei auch das Militär. Schon am 15. März hatte Tsipras einen Vertrag zur Modernisierung von fünf Aufklärungsflugzeugen unterzeichnet, die dem Staat 500 Millionen Euro kostet. Verteidigungsminister Panos Kammenos von den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (ANEL) hatte die Ausgabe gefordert, um den Anforderungen innerhalb des Nato-Bündnisses nachkommen zu können.

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