Treffen von Obama und Castro auf dem Panama-Gipfel

Der kubanische Präsident Raul Castro und US-Präsident Barack Obama haben sich am Samstag am Rande des Amerika-Gipfels in Panama getroffen. Es war das erste persönliche Treffen von Präsidenten der USA und Kubas seit 1956, drei Jahre vor der kubanischen Revolution.

Vor dem Gipfel hatten die Medienkommentatoren nur einen kurzen Handschlag erwartet, aber das Treffen dauerte eine ganze Stunde. Vermutlich ging es darin um substantielle Fragen, wie zum Beispiel um den amerikanisch-kubanischen Handel oder um Schritte zur Wiedereröffnung der Botschaften in Washington und Havanna. Ein Thema könnten auch die Sanktionen gegen Kuba gewesen sein: Das US-Außenministerium stuft das Land bisher immer noch als „staatlichen Förderer des Terrorismus“ ein.

Auf seinem Weg nach Panama hatte sich Obama mit den Führern karibischer Länder in Jamaika getroffen. Schon dort hatte er angedeutet, die Aufhebung der Anti-Terror-Sanktionen könnte unmittelbar bevorstehen.

Das Gipfeltreffen ist ein Zeichen dafür, dass das Weiße Haus und das kubanische Regime dabei sind, die Beziehungen zwischen dem amerikanischen Imperialismus und seiner ehemaligen Halbkolonie auf neue Grundlagen zu stellen.

Am 17. Dezember war erstmals öffentlich verlautet, dass die USA und Kuba wieder diplomatische Beziehungen aufnehmen wollten. Darauf folgten drei direkte Treffen von Vertretern des State Department und des kubanischen Außenministeriums auf mittlerer Beamtenebene, dann ein persönliches Treffen von Außenminister John Kerry und dem kubanischen Außenminister Bruno Rodriguez in Panama, und schließlich das Treffen Obamas mit Castro.

Diesem Treffen gingen öffentliche Verlautbarungen zuerst von Obama und dann von Castro voraus. Obama bemerkte, dass die Aufnahme von Beziehungen zwischen den USA und Kuba für die Regierung in Havanna schwieriger sein könnte als für Washington. Das war eine indirekte Anspielung auf die Ängste und Befürchtungen der kubanischen Bevölkerung. Sie reagiert mit gemischten Gefühlen auf die Aussicht, dass ihr Land erneut den USA untergeordnet werden könnte, denn der US-Imperialismus hatte Kuba jahrzehntelang brutal ausgebeutet.

„Wir sind bereit, über alles zu verhandeln, aber wir müssen geduldig sein, sehr geduldig”, sagte Castro. “Heute sind wir vielleicht über einige Punkte uneinig, über die wir uns schon morgen einigen können.“

Unabhängig davon, was anschließend hinter verschlossenen Türen verhandelt wurde, trägt die Rede Castros auf dem Amerika-Gipfel deutliche Züge einer Wende. Das bürgerlich-nationalistische Regime in Kuba bewegt sich auf eine Verständigung mit dem Imperialismus zu.

Auf Betreiben der USA war Kuba von den sechs bisherigen Amerika-Gipfeln ausgeschlossen, die seit 1994 alle drei Jahre durchgeführt wurden. Castro sagte, er werde die verlorene Redezeit der letzten sechs Gipfel nachholen und sechsmal länger sprechen als die jedem Land zustehenden acht Minuten. Dann setzte er zu einer fünfzigminütigen Rede an, in der er die vergangenen Verbrechen des US-Imperialismus an Kuba und an Lateinamerika insgesamt geißelte.

In einer entscheidenden Passage sprach er Obama persönlich von der Verantwortung für das Handeln der USA in der Vergangenheit frei. „Ich entschuldige mich bei ihm, weil Präsident Obama dafür nicht verantwortlich ist. Wir haben zehn Präsidenten vor ihm erlebt, und sie tragen alle ihren Teil der Verantwortung, außer Präsident Obama“, sagte Castro. „Meiner Meinung nach ist Obama ein ehrlicher Mann“, fügte er hinzu. „Ich bewundere ihn. Ich glaube, sein Verhalten hat viel mit seiner Herkunft aus bescheidenen Verhältnissen zu tun.“

Castro erläuterte den Hintergrund seiner Eulogie auf den amerikanischen Präsidenten: „Glauben Sie mir, ich habe mir diese Worte genau überlegt. Ich habe sie niedergeschrieben. Ich habe sie wieder gelöscht, aber jetzt habe ich sie ausgesprochen. Ich freue mich, dass ich dies über Präsident Obama gesagt habe.“

Das war nichts weniger als ein offizielles Gütesiegel, das Castros einem US-Präsidenten verleiht, der Kriege in Afghanistan, dem Irak und in Syrien führt, Libyen bombardiert hat, bei einem faschistisch geführten Putsch in der Ukraine die Fäden gezogen hat und gerade jetzt den Krieg der saudischen Monarchie und der ägyptischen Diktatur gegen den Jemen unterstützt. Ganz zu schweigen von den Drohnenmorden in einem halben Dutzend Ländern und der militärischen Aufrüstung für einen Atomkrieg gegen Russland und China.

Was die amerikanische Hemisphäre angeht, so versucht die Obama-Regierung, die Regierungen Venezuelas und Ecuadors zu untergraben, er hat einen Putsch in Honduras angezettelt und bemüht sich (hinter den Kulissen), Brasilien, Argentinien, Nicaragua und andere Ziele zu destabilisieren und zu unterhöhlen. Die Führer von mindestens elf Ländern auf dem Gipfel äußerten öffentlich Kritik an solchen amerikanischen Machenschaften, – nur um zu erleben, wie das vorgeblich antiimperialistische Regime Kubas dem amerikanischen Präsidenten Honig um den Bart schmierte.

In seinen eigenen Bemerkungen auf dem Amerika-Gipfel erklärte Obama seinen Wunsch, „die Beziehungen zu Kuba auf eine neue Grundlage zu stellen“. Er führte das als Beweis dafür an, dass die US-Regierung die Länder Lateinamerikas als „gleichberechtigte Partner“ behandle. Er griff den Präsidenten Ecuadors, Rafael Correa, an, weil dieser angeblich kritische Journalisten ins Gefängnis werfen lasse. Zuvor hatte Correa die amerikanische Politik in Lateinamerika von der gleichen Tribüne aus kritisiert.

Als der venezolanische Präsident Nicolas Maduro sprach, hatte Obama den Gipfel schon verlassen und war nach Washington zurückgekehrt. Dieses arrogante Verhalten zeigte nur die Entschlossenheit der USA, jede Regierung der Hemisphäre auf Linie zu bringen. Das ist der Kontext der amerikanisch-kubanischen Annäherung.

Die Regierungen in Washington und Havanna teilen ein gemeinsames Nahziel: Sie wollen amerikanische Wirtschaftsinvestitionen auf der Insel fördern, die den US-Konzernen Profite versprechen und den führenden Kreisen des Castro-Regimes nach dem Modell Chinas und Russlands persönlichen Reichtum in Aussicht stellen, wenn auch auf deutlich geringerem Niveau.

Ein anderes Treffen, das gleichzeitig mit dem Amerika-Gipfel in Panama stattfand, warf Licht auf die wirklichen Verhältnisse: In einem der vornehmsten Hotels Panamas bewirteten kubanische Politiker mehrere Wirtschaftsbosse und forderten sie auf, die Insel zu besuchen und dort zu investieren. Anwesend waren u.a. Facebook-Chef Mark Zuckerberg und der mexikanischen Milliardär und zweitreichste Mann der Welt, Carlos Slim.

Anfang des Monats hatten fünf ehemalige US-Landwirtschaftsminister einen gemeinsamen Brief an den Kongress geschrieben, in dem sie auf ein Ende des Embargos gegen Kuba drängten. Sie argumentierten, dadurch sei das Castro-Regime nicht beseitigt worden, und das Embargo schade den Interessen der amerikanischen Landwirtschaftskonzerne.

Die New York Times berichtete am 8. April über die Bestrebungen amerikanischer Konzerne, Kuba als Markt und als Investitionsmöglichkeit zu öffnen. Mark Entwistle, ein ehemaliger kanadischer Botschafter in Kuba, der heute als Berater für Unternehmen arbeitet, die in Kuba investieren, sagte der Zeitung: „Von allen 500 führenden US-Unternehmen gibt es kein einziges, das keine Kuba-Arbeitsgruppe unterhält oder andere Mittel einsetzen würde, um die zu erwartenden Handels- und Investitionsmöglichen mit Kuba zu beobachten.“

Das Wall Street Journal schrieb am 3. April entzückt über die „Immobilienrevolution“ in Kuba: „Mehr als fünfzig Jahre nach Fidel Castros Machteroberung beginnen Kubaner, wirkliches Geld mit dem Kauf und Verkauf ihrer Häuser zu machen. Die Behörden reaktivieren Pläne, einen Markt für Luxusimmobilien zu entwickeln, um Ferienwohnungen für Ausländer anzubieten.“ Dazu gehörten auch „hochwertige Golfanlagen, wie sie Fidel Castro lange Jahre nach der Revolution als bourgeoises Betätigungsfeld immer verboten hatte“.

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