Perspektive

Die Anzac-Gedenkfeiern in Australien und der Kampf gegen Krieg

Am Wochenende fanden in Australien großangelegte Anzac-Feierlichkeiten statt, um den 100. Jahrestags des Gallipoli-Feldzugs im Ersten Weltkrieg zu begehen. Das Gedenken an die desaströse Landung auf der Halbinsel Gallipoli im Osmanischen Reich am 25. April 1915 wird dabei als Höhepunkt einer widerlichen Kampagne inszeniert. Dies ist von großer internationaler Bedeutung. Hierin zeigt sich eine scharfe Hinwendung der herrschenden Klasse zum Militarismus, die weltweit zu beobachten ist und die Menschheit mit einem neuen imperialistischen Weltkrieg bedroht.

Gleichzeitig fand ein weiteres wichtiges Ereignis statt. Die Antikriegsstimmung unter weiten Teilen der Arbeiter und Jugendlichen in Australien und international fand einen bewussten politischen Ausdruck. Das Programm der internationalen sozialistischen Revolution wurde als einziger wirklicher Gegenentwurf zur nuklearen Katastrophe vertreten.

Trotz aller Versuche, Veranstaltungen gegen die offiziellen Anzac-Feierlichkeiten zu verhindern, fanden Versammlungen statt, zu denen die Socialist Equality Party in den australischen Städten Sydney und Melbourne sowie im neuseeländischen Wellington eingeladen hatte. Die Versammlungen dienten der politischen Klärung angesichts einer Propaganda-Kampagne von Regierung und Medien.

Arbeiter und Jugendliche, die an den Treffen teilnahmen, zeigten sich entschlossen, gegen Militarismus und für demokratische Rechte zu kämpfen. Das Programm der revolutionären Partei trifft auf Zustimmung.

Das politische Establishment und die Medien behaupten, dass die große Besucherzahl bei den Anzac-Gedenkfeiern Ausdruck einer promilitaristischen Stimmung in der Bevölkerung ist. Das stimmt nicht.

Es handelt sich nicht um spontane Feiern. Sie sind das Ergebnis einer staatlich organisierten und von den Medien unterstützten Kampagne, die vor mehr als 25 Jahre begonnen wurde und jetzt mit neuen Kriegsvorbereitungen zusammentreffen.

Die Feiern zum so genannten Anzac Day wurden von der Labor-Regierung unter Premierminister Hawke 1990 am Vorabend des ersten Golfkriegs initiiert und unter Labor-Premierminister Keating fortgesetzt. Sie unterstützten somit den Versuch des US-Imperialismus, angesichts der Auflösung der Sowjetunion die globale Vorherrschaft mit militärischen Mitteln zu sichern.

Eine entscheidende Wende in dieser Kampagne trat im Oktober 2011 ein. Die Labor-Regierung unter Premierminister Gillard verkündete, dass sie ein besonderes staatliches Gedenken zum 100. Jahrestags des Ersten Weltkriegs plane. Diese Entscheidung fiel kurz bevor US-Präsident Obama im australischen Parlament den „Pivot to Asia“, die Schwerpunktverlagerung nach Asien bekanntgab.

Seitdem werden die Pläne, China militärisch einzukreisen und einen Krieg gegen das Land vorzubereiten mit großer Geschwindigkeit vorangetrieben. Szenarien, das chinesische Festland von See und aus der Luft anzugreifen, wurden in den letzten vier Jahren entwickelt und verfeinert. Beinahe täglich schwadronieren hohe Militärs und Think Tanks aus ihrem Dunstkreis über ein angeblich „übertrieben entschlossenes Auftreten“ Chinas. Das australische Militär und die amerikanischen Kommunikationsbasen in Australien sind voll in Washingtons Kriegsmaschinerie integriert.

Ebenso wichtig wie die Militäroperation ist die politische und ideologische Kampagne, die sich Staat und Regierung Hunderte Millionen Dollar kosten lassen. Sie hat alle Teile des Bildungssystems durchdrungen und zwingt die Lehrer, schon Kinder von fünf oder sechs Jahren zu indoktrinieren. Mit Millionenspenden von Unternehmen und Geschäftsleuten werden unzählige kriegsverherrlichende Filme, Dokumentationen und Fernsehdramen finanziert.

Hinter diesen staatlich organisierten Feiern steht die Auffassung, dass man jede Antikriegsstimmung unterdrücken und übertönen muss, wenn man einen neuen Krieg führen will. Vor der US-amerikanischen Invasion im Irak im Jahre 2003 hatte es in Australien und weltweit die größten Antikriegsdemonstranten der Geschichte gegeben.

Heute sind alle Kräfte, die in der Führung der Antikriegsbewegung eine Rolle gespielt hatten, direkt ins Lager des Imperialismus übergelaufen. Hier spielten die kleinbürgerlichen pseudolinken Gruppen eine wichtige Rolle, die den Kriegskurs der USA und die damit verbundenen Regimewechsel von Libyen und Syrien bis zur Ukraine mit Verweis auf die „Menschenrechte“ unterstützen. Dies trägt zum Erfolg der militaristischen Kampagne insgesamt bei.

Die Kriegsfeiern sind aber gerade umgekehrt zu betrachten: Der enormen Umfang der offiziellen Kampagne zeigt nicht die Stärke des Staates und des militärischen und politischen Establishments, sondern vielmehr ihre Angst davor, dass sie mit einer tief verwurzelten Antikriegsstimmung konfrontiert sind.

Aber Stimmungen allein reichen nicht, um der imperialistische Kriegstreiberei Einhalt zu gebieten. Diese ist schließlich das Ergebnis von Widersprüchen, die dem kapitalistischen System selbst entspringen. Das bedeutet, dass eine Antikriegsbewegung mit einem politischen Programm bewaffnet sein muss, dass die Arbeiterklasse für den Sturz des Profitsystems mobilisiert.

Wie notwendig dieser politische Kampf ist, wird überdeutlich angesichts der Verwirrung, die in der jetzigen Situation allgegenwärtig ist. Diese zeigt sich in der großen Zahl Jugendlicher, die an Anzac-Veranstaltungen teilnehmen, obwohl viele von ihnen die Kriege der jüngeren Vergangenheit ablehnen und verstehen, dass sie auf Lügen beruhten.

Die zynische offizielle Kampagne, die stark auf dem Einsatz der kommerziellen Medien beruht, appelliert an den Idealismus der Jugend, der in der gegenwärtigen Ordnung keinen fortschrittlichen Ausdruck findet, und will ihn in eine reaktionäre nationalistische Richtung lenken. Ohne das revolutionäre Eingreifen der Arbeiterklasse stürzt der Kapitalismus die Menschheit in einen katastrophalen Weltkrieg.

Aber die gleichen objektiven materiellen Bedingungen, unter denen die Kriegsgefahr wächst und unablässige Angriffe auf soziale Bedingungen sowie demokratische Rechte stattfinden, bereiten auch den Weg für explosive soziale und politische Kämpfe der Arbeiterklasse. So können die politisch bewusstesten Teile der Arbeiter und der Jugend als Kämpfer für den internationalen Sozialismus gewonnen werden.

Die Erfahrung des Ersten Weltkriegs öffnete Millionen Arbeitern und Jugendlichen die Augen für die Realitäten des kapitalistischen Systems. In aller Welt wandten sie sich dem neuen Weg zu, der von der Russischen Revolution 1917 eröffnet wurde, und widmeten sich dem Kampf für eine sozialistische Zukunft, frei von Krieg und Klassenunterdrückung. Die Russische Revolution war das Ergebnis des politischen Kampfs gegen Krieg, den Lenin, Trotzki und die bolschewistische Partei geführt hatten.

Die Versammlungen der Socialist Equality Party in Australien und Neuseeland stützten sich auf diese Traditionen und den Kampf für diese Perspektive. Die Arbeiter und Jugendlichen, die der militaristischen Propagandawelle widerstanden und sich nicht einschüchtern ließen und an den Versammlungen teilnahmen, stehen beispielhaft für all jene, die den Kampf aufnehmen und die nötige machtvolle Antikriegsbewegung der Arbeiterklasse aufbauen.

Am kommenden Sonntag findet die internationale Online-Kundgebung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale anlässlich des Maifeiertags statt. Sie will den Kampf für den internationalen Sozialismus neu beleben und an die Traditionen der marxistischen Bewegung vor 100 Jahren anknüpfen. Wir rufen alle Leser und Anhänger der World Socialist Web Site auf, sich für dieses Ereignis zu registrieren und sich am Aufbau einer internationalen sozialistischen Antikriegsbewegung zu beteiligen.

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