Myanmar-Flüchtlinge auf Schiffen gefangen

Die Not der Flüchtlinge aus Bangladesch und Myanmar auf überfüllten und kaum seetauglichen Fischerbooten in Südostasien spitzte sich am letzten Wochenende zu, weil die Behörden in Thailand, Malaysia und Indonesien ihnen den Zugang zu ihren Ländern versperrten.

Rund 1.300 Asylbewerber aus Bangladesch und Myanmar sind von indonesischen Fischern gerettet und in provisorischen Lagern in der indonesischen Provinz Aceh untergebracht worden. Allerdings sind schätzungsweise 6.000 bis 8.000 Menschen immer noch ohne ausreichende Lebensmittel auf dem Meer gefangen, ohne Aussicht, irgendwo an Land gehen zu können. Indonesien und Malaysia versprachen jetzt zwar, einige der geretteten Flüchtlinge vorübergehend aufzunehmen, wollen sie aber wieder zurückschicken.

Die muslimischen Rohingya, Mitglieder einer ethnischen Minderheit aus dem westlichen Myanmar (Burma), waren behördlichen Angriffen und Verfolgungen ausgesetzt. Das vom Militär gestützte Regime hatte sie angeheizt, um die wachsenden sozialen Spannungen im Land in andere Kanäle umzuleiten. Im Jahr 2012 wurden schätzungsweise 120.000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben. Viele flohen über die Grenze nach Bangladesch, wo sie in armseligen Lagern einquartiert wurden.

Flüchtlinge in Aceh erzählten schreckliche Geschichten über die Situation auf den Flüchtlingsbooten, nachdem sie auf See von der Besatzung verlassen wurden. Der Mangel an Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung sowie die unhygienischen Bedingungen führten zu Verzweiflung und Gewalt unter den an Bord gebliebenen, was zu einer Reihe von Todesfällen führte.

Ein Überlebender, Saidful Islam, sagte, Dutzende seien an Bord an Hunger und durch Kämpf ums Leben gekommen. Ihre Körper wurden ins Meer geworfen. Mohammad Rafique sagte dem Guardian, dass er an Bord eines Schiffes gewesen sei, das letzte Woche in indonesischen Gewässern trieb. Nach der Versorgung der Passagiere mit etwas Wasser und Nahrung schickte die indonesische Marine sie auf dem Weg nach Malaysia zurück aufs Meer.

Die Bedingungen für die Überlebenden in Indonesien sind prekär. Die lokalen Behörden und Nicht-Regierungsorganisationen fordern Unterstützung. Nasruddin, der humanitäre Koordinator der Geutanyoe Foundation, sagte, seine Organisation versorge die Flüchtlinge mit drei Mahlzeiten am Tag. “Wir haben genug Essen, Getränke, Medizin, etc., für einen Monat. Was danach kommt, wissen wir nicht”, sagte er.

Die indonesische Marine hat die Zahl der an ihrer Seegrenze patrouillierenden Kriegsschiffe verdoppelt und verbot den Fischern vor Ort, weiterhin Flüchtlinge an Land zu bringen. Der Sprecher der Armee, Euad Basya, sagte, dass die Marine am Sonntag ein Schiff voller Migranten beim Überqueren der Straße von Malakka entdeckt habe. “Es hatte Kurs von Malaysia in indonesische Gewässer genommen und ihm wurde die Einreise verweigert. Es wurde aufgehalten, und wir haben es am Weiterfahren gehindert”, sagte er.

Das malaysische und thailändische Militär verfährt genauso. “Was erwarten Sie von uns?” sagte der stellvertretende Innenminister Malaysias, Wan Junaidi Jafaar dem Guardian. “Wir sind sehr freundlich zu den Leuten gewesen, die unsere Grenzen verletzt haben. Wir haben sie menschlich behandelt, aber sie können nicht auf diese Weise unsere Küsten überschwemmen.”

Die eskalierende humanitäre Krise führt zu bitteren Schuldzuweisungen zwischen den Regierungen der Region. Der malaysische Außenminister Anifah Aman forderte am Sonntag, dass Myanmar an Gesprächen über die Flüchtlinge teilnehmen solle und drohte, den Vorsitz seines Landes im Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN) zu nutzen, um eine Dringlichkeitssitzung einzuberufen. Er rief für den morgigen Tag zu Gesprächen mit seinen thailändischen und indonesischen Amtskollegen auf.

Die thailändische Militärjunta hat für den 29. Mai ein Treffen mit Malaysia, Indonesien und Burma vorgeschlagen. Der thailändische Premierminister Prayuth Chan-OCHA jedoch hat bereits die Unterstützung der Flüchtlinge abgelehnt. “Wenn sie in Thailand Gesetze und Grenzen verletzen, wie können wir uns dann um sie kümmern?”, fragte er. “Woher soll das Budget dafür kommen?”

Über Jahre hinweg hatte Thailand genau wie Malaysia stillschweigend den Zustrom von Flüchtlingen aus Myanmar erlaubt, um sie als billige Arbeitskräfte extrem auszubeuten. Die Strandung Tausender von Flüchtlingen auf See ist das Ergebnis des scharfen Vorgehens thailändischer Sicherheitskräfte auf den Schmuggelrouten vom südlichen Thailand nach Malaysia. Das sei eine Reaktion auf das Bekanntwerden der schockierenden Bedingungen für Asylsuchende, darunter auch die Entdeckung von Massengräbern.

Das Regime in Myanmar signalisiert, dass es am 29. Mai möglicherweise nicht an der Sitzung teilnehmen werde. Sein Sprecher Major Zaw Htay sagte, sein Land werde nicht teilnehmen, wenn das Wort "Rohingya" verwendet würde. Die Behörden in Birma rechtfertigen die Verfolgung der ethnischen Minderheit und bestehen darauf, dass es sich um illegale bengalische Einwanderer handle, auch wenn viele von ihnen seit Generationen in Myanmar leben. Die meisten Rohingya haben keine Bürgerrechte.

Myanmar, Malaysia, Indonesien und Thailand sind unmittelbar für die humanitäre Krise verantwortlich Aber auch kein anderes Land in der Region und international hat sich bereit erklärt, den Asylsuchenden zu helfen.

In Wahrheit haben die letzten Regierungen Australiens der unmenschlichen Behandlung von Flüchtlingen durch südostasiatische Regierungen den Weg geebnet, indem sie die Marine eingesetzt haben, um Flüchtlingsboote am Erreichen der australischen Küsten zu hindern. Außerdem hat die absichtliche Untätigkeit australischer Behörden dazu geführt, dass Hunderte von Asylbewerbern ertrunken sind, was als Warnung für andere dienen sollte, die Reise gar nicht erst nicht zu versuchen.

Die Regierung Obama machte sorgenvolle Gesten, hat aber nicht die Absicht zuzulassen, dass die Notlage der Flüchtlinge ihren weitergehenden strategischen Interessen in der Indopazifik-Region in die Quere kommt. Im Rahmen ihrer “Konzentration auf Asien” bauen die USA ihre militärischen Beziehungen in ganz Südostasien aus.

Der Sprecher des US-Außenministeriums, Jeff Rathke, erklärte letzte Woche: “Das ist eine regionale Angelegenheit. Sie bedarf einer kurzfristigen, regionalen Lösung.” Auf hartnäckiger Nachfrage hin machte er allerdings klar, dass Washington nicht bereit ist, Druck auf Myanmar auszuüben. "Werden wir beschließen, die Zusammenarbeit mit Burma zu beenden, weil wir eine Meinungsverschiedenheit über den Umgang mit den Rohingya haben?", stellte er fest. "Nein, wir werden weiterhin mit Myanmar zusammenarbeiten."

Seit Ende 2011 hat Washington enge Beziehungen zu der vom Militär gestützten Regierung in Myanmar aufgebaut, nicht weil das Regime im grauenhaften Umgang mit demokratischen Rechten irgendeine Verbesserung gelobt hat, sondern weil es seine Bereitschaft demonstrierte, sich aus Chinas Einflussbereich zu lösen. Die USA waren alles andere als unbeteiligt an der kommunalistischen Gewalt gegen die Rohingya die im Jahr 2012 ausgebrochen war. Sie stärkten weiterhin die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi, obwohl sie und ihre Nationale Liga für Demokratie die diskriminierenden Maßnahmen des Regimes gegen die Rohingya unterstützen.

Ebenso ist Washington nicht an Störungen seiner Beziehungen zu anderen Regierungen in der Region interessiert. Am Wochenende appellierte Außenminister John Kerry an seinen thailändischen Amtskollegen, den Rohingya Hilfe und Schutz zu gewähren, erhielt aber sofort von dem thailändischen Politiker eine Absage. Die USA haben nicht die Absicht, in dieser Frage Druck auszuüben, geschweige denn, für die verzweifelten Flüchtlinge ihre eigenen Grenzen zu öffnen.

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