Deutschland, Frankreich und Italien bauen Kampfdrohne

In Zusammenarbeit mit Frankreich und Italien entwickelt Deutschland eine mit Raketen bestückbare Drohne, die spätestens 2025 einsatzbereit sein soll. Eine entsprechende Vereinbarung unterzeichneten die Verteidigungsminister der drei Länder, Ursula von der Leyen, Jean-Yves Le Drian und Roberta Pinotti, am 18. Mai.

Ab sofort will die Dreier-Koalition jeweils 25 Millionen Euro aufwenden, um die Anforderungen an die Technik einer europäischen Drohne zu prüfen. Bis 2017 soll eine Definitionsstudie die technischen Grundlagen klären. Unter anderem soll gewährleistet werden, dass die neue Drohne im europäischen Luftraum fliegen darf. Ein früheres Projekt, der „Euro Hawk“, war 2013 eingestellt worden, weil es in dieser Frage Schwierigkeiten gab.

Weitere europäische Staaten wollen sich an der Entwicklung beteiligen. Die zweitgrößte europäische Volkswirtschaft, Großbritannien, hat sich bisher dazu nicht geäußert. Solange die Drohne in Entwicklung ist, will das deutsche Verteidigungsministerium Drohnen aus den USA und Israel einsetzen, die leichte Raketen tragen können.

Mit einer eigenen Drohne wollen die europäischen Mächte – allen voran Deutschland – unabhängiger von der US-amerikanischen und israelischen Produktion werden, die der Bundeswehr zwar ihre Technik, nicht aber die dazugehörigen Pläne zur Verfügung stellen.

„Ziel der Eurodrohne ist, dass wir europäisch selber entscheiden, was wir aufklären, wo wir die Eurodrohne einsetzen und wie wir die Eurodrohne einsetzen“, begründete die deutsche Verteidigungsministerin von der Leyen das Projekt. Zudem sei es wichtig, das entsprechende Fachwissen und die Spitzentechnologie in Europa zu haben.

Die Drohne soll ausdrücklich waffenfähig sein. Nach Vollendung der ersten Studien soll Ende 2017 „der Auftrag für die Entwicklung einer neuen Generation von Drohnen der MALE-Klasse erteilt werden“, heißt es im offiziellen Organ der Bundeswehr aktuell.

Bisher gelten Drohnen vor allem als Sinnbild für die völkerrechtswidrigen Einsätze der USA gegen vermeintliche Terroristen, bei denen Tausende unschuldige Zivilisten starben. Die Drohnen feuern „Höllenfeuer“ genannte Lenkraketen ab und töten damit Opfer, die vom Geheimdienst als Ziel ausgesucht werden. Anklage, Prozess und Gerichtsbeschluss gibt es nicht, bevor sie exekutiert werden.

Drohnen gelten aber auch in vielen anderen Bereichen als Waffe der Zukunft. Da sie das Risiko eigener Opfer auf Null senken, sinkt auch die Hemmschwelle für militärische Einsätze. Und sie ermöglichen es, sehr viel gezielter als bisherige Waffen die militärischen und politischen Führer des Gegners auszuschalten, auch in einem Bürgerkrieg.

Der Beschluss der Bundesregierung, eine eigene europäische Drohne zu bauen, zeigt das wirkliche Gesicht des deutschen Militarismus, der sich gern als „humanitär“ ausgibt. Eine schlagkräftige Armee, so die Begründung, müsse über modernste Technik verfügen.

Ein Haupthindernis für den Bau bewaffneter Drohnen ist der Widerstand der Bevölkerung. Noch Anfang letzten Jahres, als sie gerade neu im Amt war, hatte Verteidigungsministerin von der Leyen der Bild am Sonntag gesagt, sie verlange „nur“ Aufklärungsdrohnen für die Bundeswehr.

Zu Kampfdrohnen äußerte sie sich damals noch vorsichtig. „Es wäre falsch, das Unbehagen der Bevölkerung gegenüber unbemannten Waffensystemen einfach zu ignorieren“, sagte sie. „Wirksame Waffen sind zum Schutz unserer Soldaten enorm wichtig, aber die sehr emotionale Drohnendiskussion zeigt doch, dass wir Deutschen sehr sensibel sind, bei der Frage mit welchen Mitteln ihre Bundeswehr vorgeht.“

Die Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung reagiert in der Tat „sehr emotional“ auf die Anschaffung von Drohnen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage von Infratest dimap. Mitte 2014 fragte das Institut, ob die Bundeswehr Kampfdrohnen anschaffen solle. Fast zwei Drittel, 64 Prozent der Befragten, antworteten mit „Nein“.

Jüngere Enthüllungen, wie tief Deutschland in das illegale amerikanische Drohnenprogramm verwickelt ist, haben diese Einstellung verstärkt. Über das pfälzische Ramstein, den größten amerikanischen Militärstützpunkt außerhalb des eigenen Landes, steuern die USA Predator-Drohnen, die über Afghanistan, Pakistan, Somalia und dem Jemen im Einsatz sind.

Nach Recherchen des Londoner Bureau of Investigative Journalism haben die US-Streitkräfte so 2400 bis 3900 Menschen getötet. US-Präsident Barack Obama beteiligt sich persönlich am Aussuchen der Opfer „gezielter Tötungen“, bei denen auch Kinder, Frauen und Feiernde umkommen.

Wie die Bild-Zeitung im letzten Jahr enthüllte, sind Bundeswehr und Bundesnachrichtendienst Komplizen solcher Einsätze. Aus Geheimdokumenten gehe hervor, dass etwa der ehemalige Kommandeur der deutschen Truppen in Afghanistan Ziele für die tödlichen Drohnenangriffe ausgesucht habe. Der deutsche Geheimdienst half beim ausfindig Machen eines Taliban-Anführers – im Wissen, dass Großbritannien und die USA ihn angreifen würden.

So gesehen hat der deutsche Militär- und Geheimdienstapparat „Übung“, die ihn auf den Einsatz eigener Drohnen vorbereitet, die Militärstrategen für eine bedeutende Komponente einer modernen Kriegsführung halten.

Die Medien geben sich große Mühe, den weitverbreiteten Widerstand gegen Drohnen zu durchbrechen. Der Berliner Politwissenschaftler Herfried Münkler rechtfertigt sie als „humane Waffen“ und vergleicht sie in dieser Hinsicht mit dem Giftgas im Ersten Weltkrieg – das in Wirklichkeit zum Sinnbild für die Brutalität des Schützengrabenkriegs wurde. In einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärte Münkler, bei einem Drohnenangriff habe „der Angreifer sehr viel mehr Beobachtungszeit als der Pilot eines Jagdbombers“ und „die Kollateralschäden der Drohnenangriffe“ seien „deutlich niedriger als die von Jagdbombern“.

In großer Geschwindigkeit machen die herrschenden Kreise wahr, was Bundespräsident Gauck im Oktober 2013 erstmals offen ausgesprochen hatte: Dass Deutschland seine militärische Zurückhaltung aufgeben und in Europa und in der Welt eine Rolle spielen müsse, die seiner Größe und seinem Einfluss tatsächlich entspreche.

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