Perspektive

Pentagon-Chef umreißt Kriegsvorbereitungen gegen Russland

In Vorbereitung auf das Treffen der Nato-Verteidigungsminister in dieser Woche gab US-Verteidigungsminister Ashton Carter bekannt, dass die USA beabsichtigen, schweres militärisches Gerät und Soldaten in den osteuropäischen und baltischen Ländern zu stationieren, die an Russland grenzen. Diese Pläne verschärfen die Kriegsgefahr zwischen den größten Nuklearmächten der Welt erheblich.

In der estnischen Hauptstadt Tallin gab Carter am Dienstag die Stationierung von Abrams Kampfpanzern, gepanzerten Bradleys, schwerer Artillerie und anderer militärischer Ausrüstung in Polen, Bulgarien, Rumänien, Estland, Lettland und Litauen bekannt – genug um 5.000 Soldaten auszurüsten. Außerdem erklärte er den Ausbau der Cyberkriegsfähigkeiten der Nato mit den Worten: „Wir müssen die Nato und unsere Verbündeten gegen Angriffe aus dem Cyberspace bewaffnen, vor allem aus Russland.“

Am Vortag hatte Carter vor einem sicherheitspolitischen Thinktank in Berlin gesprochen und gesagt, dass die Nato ihre strategische Orientierung auf eine langfristige Konfrontation mit Russland ausrichte. Er verurteilte, was er als russische „Aggression“ in der Ukraine bezeichnete und sprach von einem „neuen Drehbuch“. Dann erklärte er: „Wir werden uns gegen Russlands Vorgehen und seine Versuche stellen, eine Einflusssphäre wie zu Sowjetzeiten zu etablieren.“

Carter sagte, die USA würden zu der auch als „Speerspitze“ bekannten Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) Bomber und Kampfflugzeuge, Aufklärungsdrohnen und anderes Militärgerät beisteuern. Die VJTF, die letztes Jahr von der Nato aufgestellt worder war, hat die Aufgabe, im Bedarfsfall innerhalb von wenigen Tagen militärisch gegen Russland zu intervenieren.

Der US-Außenminister behauptete, dass Russland den Abrüstungsvertrag für nukleare Mittelstreckenraketen verletzt habe. Die Vereinigten Staaten erwägen eine Reihe militärischer Antworten auf diese angebliche russische Vertragsverletzung, die Moskau abstreitet. Eine Option, die diskutiert wird, sieht einen möglichen Erstschlag gegen nukleare Raketen in Russland vor.

Tatsache ist aber, dass gerade Washington und seine Nato-Verbündeten offen internationale Abkommen verletzen, ganz speziell die Nato-Russland Gründungsakte von 1997, die Moskau Garantien gegen die Osterweiterung der Nato und gegen die militärische Bedrohung Russlands geben sollte.

Nachdem er Maßnahmen erläutert hatte, die unzweideutig in Richtung Krieg weisen, erklärte Carter zynisch: „Wir wollen keinen Kalten Krieg mit Russland, geschweige denn einen heißen. Wir wollen Russland nicht zum Feind haben.“

Das Sprichwort besagt: Taten sprechen lauter als Worte. Die diese Woche enthüllten Pläne sind offensichtlich aggressive Vorbereitungen auf Krieg. Sie finden zudem in einer waffenstarrenden Region statt, was die Gefahr mit sich bringt, dass ein relativ unbedeutender Zusammenstoß zwischen Nato-Soldaten und russischen Kräften sich schnell zu einem offenen Krieg ausweiten könnte, der die ganze Welt in einen nuklearen Holocaust zu werfen droht.

Unter Führung der Vereinigten Staaten führt die Nato jetzt schon Manöver entlang der ganzen russischen Westgrenze durch – vom Arktischen Ozean über das Baltikum bis zum Schwarzen Meer. Dutzende Zwischenfälle mit Beteiligung von Flugzeugen der Nato und Russlands haben sich schon ereignet. In Deutschland prahlte Carter damit, dass die USA allein in dieser Woche an zwanzig verschiedenen Manövern in der Region teilgenommen hätten.

Carters Reise fiel mit dem Ende des Manövers mit der Bezeichnung BALTOPS zusammen, an dem 6.000 Soldaten aus siebzehn Ländern des Ostseeraums an Land-, See- und Luftmanövern teilgenommen haben. Soldaten übten einen amphibischen Angriff auf Ustka in Polen, ungefähr einhundert Kilometer von der russischen Enklave Kaliningrad entfernt. Amerikanische atomwaffenfähige B-52 Bomber nahmen an Übungen in Lettland teil, wo sie Bombenatrappen auf weniger als 200 Kilometer von der russischen Grenze entfernte Ziele abwarfen.

Carters Ankündigungen fielen mit der Entscheidung der Europäischen Union zusammen, die Wirtschaftssanktionen gegen Russland um sechs Monate zu verlängern. Es war der Jahrestag des Überfalls der Nazis auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941, der in Russland ein nationaler Feiertag ist.

Als Reaktion auf diese neuen Provokationen der USA und der Nato beschuldigte der russische Präsident Wladimir Putin die Nato, „an unsere Grenzen vorzurücken“. Der Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Nikolai Patruschew, sagte: „Sie hätten es am liebsten, wenn Russland aufhören würde, als Land zu existieren.“

Alle postsowjetischen Regierungen im Baltikum und in Osteuropa, in deren Ländern amerikanische Waffen und Soldaten stationiert werden sollen, sind ausgesprochen rechts, russlandfeindlich und instabil. Sie sind von internen Krisen gebeutelt, weil sie gegen den Willen der Bevölkerung brutale Austeritätsmaßnahmen durchführen. Das erhöht die Gefahr, einer Provokation durch eine oder mehrere dieser Regierungen, um eine Vergeltung Russlands zu provozieren und so den Vorwand für einen Krieg zu schaffen.

Durch die Stationierung von Waffen und Truppen sowie das Versprechen, zur Verteidigung dieser Regierungen militärisch gegen Russland zu intervenieren, bringt der US-Imperialismus die amerikanische und die gesamte Weltbevölkerung in große Gefahr. Das geschieht zudem hinter dem Rücken der Bevölkerung, ohne eine öffentliche Diskussion oder Debatte und selbst ohne die Förmlichkeit eins Kongressbeschlusses (obwohl dieser zweifellos gefasst würde, wenn das Militär darum bäte).

Erst letzte Woche zeigte eine Umfrage der Pew Foundation breite Opposition gegen die Kriegstreiberei. 58 Prozent der Deutschen, 53 Prozent der Franzosen und 51 Prozent der Italiener sprachen sich dagegen aus, einen Krieg gegen Russland zu führen, um einen Nato-Verbündeten zu verteidigen.

Die offizielle amerikanische Linie ist, dass alle diese Initiativen defensive Reaktionen auf russische Aggressionen seien. Diese Lüge stellt die Realität auf den Kopf. Daran ändert auch nichts, dass sie von den Medien einstimmig verbreitet wird.

Die Aggressoren sind die USA und die Nato. Die aktuelle Krise wurde von dem Maidan-Putsch vom Februar 2014 ausgelöst, der den gewählten prorussischen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch stürzte.

Der Putsch war von Washington und Berlin inszeniert worden und wurde von faschistischen Milizen angeführt. Diese Milizen verehren ukrainische Nationalisten, die im Zweiten Weltkrieg mit den Nazi-Besatzern kollaborierten und den antijüdischen Völkermord unterstützten. Als sich russischsprachige Ukrainer im Osten des Landes gegen das ultrarechte Regime in Kiew erhoben, begann die amerikanische Marionettenregierung in der Ukraine mit voller Unterstützung Washingtons einen blutigen Bürgerkrieg.

Der Putsch selbst war der Höhepunkt der Politik des US-Imperialismus seit der Auflösung der Sowjetunion 1991. In ihrem Zentrum steht eine rücksichtslose Kampagne, Russland zu isolieren, zu schwächen und einzukreisen, um die riesigen Bodenschätze Eurasiens unter die Kontrolle der USA zu bringen.

Bestandteil davon war die Osterweiterung der Nato in die ehemaligen Mitgliedsländer des Warschauer Paktes in Osteuropa und dem Baltikum. Das beinhaltete eine ganze Reihe von Aggressionen und Kriegen gegen Russlands Verbündete: den ersten Golfkrieg 1991 gegen den Irak, die Zerschlagung Jugoslawiens und der Krieg gegen Serbien 1999, die sogenannten „Farbenrevolutionen“ in Georgien und der Ukraine (2003-2004), der Angriff Georgiens auf russische Truppen 2008, die Sanktionen und Kriegsdrohungen gegen den Iran und den von den USA unterstützten Bürgerkrieg gegen das syrische Regime.

An der Reaktion des Putin-Regimes auf diese Entwicklung ist nichts Fortschrittliches. Die russische Regierung ist ein Instrument der Oligarchen, die sich während der Auflösung der Sowjetunion und der Restauration des Kapitalismus bereichert und das Staatsvermögen geplündert haben. Sie schwankt zwischen Appellen an den Westen, sich zu einigen, und militärischer Großtuerei. Sie schürt Nationalismus im eigenen Land, um von ihren Angriffen auf die sozialen Bedingungen der russischen Arbeiter abzulenken. Sie ist unfähig, die Arbeiterklasse Europas und Amerikas zu mobilisieren und ihre Politik ergänzt die Kriegshetze Washingtons und der Nato.

Der Imperialismus zieht die Menschheit in den Abgrund eines dritten Weltkriegs. Nur die internationale Arbeiterklasse kann das verhindern, indem sie gegen Krieg und das System kämpft, das ihn hervorbringt: den Kapitalismus.

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