Umfrage in Syrien:

Vier von fünf Befragten halten den Islamischen Staat für eine Schöpfung der USA

Laut einer aktuellen Umfrage, die von der BBC in Auftrag gegeben und von dem Marktforschungsunternehmen ORB in allen vierzehn Gouvernements in Syrien durchgeführt wurde, glauben 82 Prozent der Befragten, dass der Islamische Staat (IS), gegen den die amerikanische Regierung angeblich Krieg führt, eine Schöpfung von Washington selbst ist.

Bei der Umfrage wurden im Zeitraum vom 10. Juni bis zum 2. Juli 1.365 Syrer aus dem ganzen Land interviewt, die Fehlerspanne lag bei +/- drei Prozentpunkten. Der international Direktor von ORB, Johnny Heald, erklärte, die Befragten lebten „unter der Kontrolle des Regimes, unter der Kontrolle des sogenannten Islamischen Staates [IS], [des Al Qaida-Ablegers] al-Nusra-Front, der restlichen Opposition und in kurdischen Gebieten der YPG [die kurdischen Kämpfer].“

Ein Ergebnis der Umfrage ist, dass fast die Hälfte der Befragten die Luftangriffe auf Syrien unter Führung der USA ablehnen und, dass nur einundzwanzig Prozent der Meinung sind, sie führten heute ein besseres Leben als zu der Zeit, in der Präsident Baschar al-Assad das ganze Land kontrollierte.

Die Umfrage wurde von den Mainstreammedien in den USA und im Westen weitgehend ignoriert. Die wenigen Medien, die darüber berichteten, hoben hervor dass 20 Prozent der Syrer den IS positiv bewerten und nicht, dass 80 Prozent der Syrer glauben, die islamistische Miliz sei eine Stellvertreterarmee des US-Imperialismus.

Diese Reaktion überrascht nicht, schließlich läuft das Ergebnis der Umfrage völlig der offiziellen Propagandalinie Washingtons zuwider, laut welcher die syrische Regierung praktisch mit dem IS zusammenarbeitet, um die in Wirklichkeit nahezu inexistente „gemäßigte Opposition“ in Misskredit zu bringen.

Tatsächlich haben die amerikanischen Militäroperationen, deren offizielles Ziel es ist, den IS „zu schwächen und letzten Endes zu zerstören“ (US-Präsident Barack Obama), auch nach über einem Jahr weder das eine noch das andere erreicht. Zudem haben sich Washington und seine wichtigsten Verbündeten in der Region immer wieder als die wichtigsten Stützen der islamistischen Miliz erwiesen.

Es besteht kein Zweifel, dass der IS das Produkt der verbrecherischen US-geführten Angriffskriege in der Region ist. Bevor die USA 2003 unprovoziert im Irak einmarschierten, hunderttausende Iraker ermordeten und um das Land zu unterwerfen bewusst religiöse Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten schürten, gab es weder in Syrien noch im Irak den Islamischen Staat oder vergleichbare islamistische Bewegungen.

2011 setzten die USA und die Nato in ihrem Krieg für einen Regimewechsel in Libyen mit al-Qaida verbündete Milizen als Stellvertretertruppen ein, um Muammar Gaddafi zu stürzen. Gaddafi wurde ermordet und das Land ins Chaos gestürzt, das bis heute anhält. Viele der in Libyen aktiven Milizen stehen mittlerweile auf der Seite des IS.

Auch in Syrien wurden unter Aufsicht der CIA islamistische Kämpfer eingesetzt und bewaffnet, um mit der Regierung von Baschar al-Assad das dritte säkulare Regime in der Region zu stürzen. Als der IS in Syrien entstand, bekam er tatkräftige Unterstützung von Washingtons wichtigsten Verbündeten in der Region, darunter vor allem Saudi-Arabien, die Türkei und Katar.

Dass 80 Prozent aller Syrer glauben, der IS sei eine Schöpfung der USA, hat sicherlich auch mit dem massiven Zustrom von amerikanischen Waffen nach Syrien zu tun. Nach der Niederlage der irakischen Sicherheitskräfte im letzten Sommer, fielen dem IS große Mengen amerikanische Waffen in die Hände. Das irakische Regime gab zu, dass die Islamisten etwa 2.300 Humvee-Geländewagen aus amerikanischer Produktion sowie zahlreiche Panzer, Geschütze und große Mengen von Handfeuerwaffen und Munition erbeuteten.

Die handstreichartige Eroberung von Mossul und anderen Städten war zwar eine schwere Niederlage für die Politik der USA im Irak, nachdem sie Milliarden Dollar und jahrelange Anstrengungen aufgewandt hatte, um die Sicherheitskräfte ihrer Marionettenregierung in Bagdad aufzubauen, doch die massive Bewaffnung des IS, des militärisch stärksten Gegners des Assad-Regimes konnte Washington nicht völlig ungelegen kommen.

Gleichzeitig wird der Eindruck der syrischen Bevölkerung, der IS sei ein von den USA geschaffener Frankenstein, durch den sogenannten Krieg gegen die islamistische Miliz zweifellos weiter gefestigt, weil er weder die Zahl ihrer Kämpfer noch die Größe des von ihr kontrollierten Gebietes im Irak und Syrien reduzieren konnte. Und das obwohl die USA seit mehr als einem Jahr Luftangriffe fliegen.

Der Oberbefehlshaber des US Central Command, General Lloyd Austin, gab derweil am Mittwoch zu, dass ein amerikanisches Ausbildungsprogramm für syrische Anti-IS-Kämpfer mit einem Etat von 500 Millionen Dollar nur „vier oder fünf“ Kämpfer in Syrien hervorgebracht hat.

Angesichts dieser Ergebnisse muss die große Mehrheit der Syrer zu dem Schluss kommen sein, dass der sogenannte „Krieg gegen den IS“ nur ein Alibi für Washington ist, um seine Hauptziele in Syrien zu erreichen: den Sturz von Assad und die Schwächung seiner wichtigsten Verbündeten in Teheran und Moskau. Der IS, die al-Nusra-Front und andere islamistische Milizen dienen den USA letztlich als Stellvertretertruppen, um die Kontrolle Washingtons über den rohstoffreichen Nahen Osten zu sichern und die globalen Ziele des amerikanischen Militarismus zu verfolgen.

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