TPP-Abkommen: Ein Schritt auf dem Weg zum Krieg

Das transpazifische Abkommen TPP (Trans Pacific Partnership), das die USA diese Woche abgeschlossen haben, wird als Einleitung einer neuen Ära des Freihandels und der Prosperität begrüßt. TPP ist ein Handels- und Investitionspakt, der zwölf Länder umfasst und fast vierzig Prozent des globalen Bruttosozialprodukts abdeckt.

Die australische Presse war voll des Lobes. „Sprungbrett zu Wachstum“ war die Schlagzeile der Australian Financial Review. Die Zeitung zitierte Premierminister Malcolm Turnbulls Bemerkung, das Abkommen sei „ein gigantischer Grundstein für unseren zukünftigen Wohlstand“. Die Murdoch-Presse war nicht weniger begeistert. „Pazifik-Abkommen eröffnet Wachstumsära“, schwärmte der Australian. In Amerika war die Berichterstattung wesentlich zurückhaltender. Dort trifft das Abkommen auf beträchtlichen Widerstand im Kongress.

Die Behauptung, die TPP sei ein „Pazifik-Vertrag“ und ein wesentlicher Fortschritt für den Freihandel, ist offensichtlich absurd. Das Abkommen ist ausdrücklich darauf angelegt, China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, auszuschließen. Sie enthält die Forderung, dass die Mitgliedsländer die Prinzipien der freien Marktwirtschaft praktizieren müssen. Das hat zum Ziel, China davon auszuschließen, weil Staatsunternehmen in seiner Wirtschaft immer noch eine beträchtliche Rolle spielen.

TPP beruht nicht auf Freihandel, sondern es ist ein Bündnis zwischen den USA und Japan, den Volkswirtschaften Nummer eins und Nummer drei, das darauf abzielt, China zu schwächen und letztlich wieder auf einen halbkolonialen Status zurückzudrängen.

Dieses Ziel geht Hand in Hand mit der militärischen Einkreisung Chinas durch den „Pivot to Asia“, der strategischen Ausrichtung der Obama-Regierung auf Asien, die wenn notwendig auch einen Krieg vorsieht. Ein Hindernis waren dabei bisher die engen ökonomischen Bande zwischen China und den Ländern Südostasiens.

Washington versucht, dieses Hindernis durch das Schüren territorialer Konflikte zu überwinden, die seit Jahren zwischen China und seinen südostasiatischen Nachbarn im Südchinesischen Meer bestehen. Die TPP entwickelt diese Strategie nun an der Wirtschaftsfront weiter.

Mit Zugeständnissen beim Zugang zum riesigen US-Markt hofft die Obama-Regierung auf die Entstehung neuer Investitionsmöglichkeiten in Südostasien, momentan vor allem in Vietnam, später aber auch anderswo. Das soll die Region wirtschaftlich enger an die USA binden und China unterminieren.

Die Financial Times bemerkte in einem Kommentar, beim TPP-Abkommen gehe es genauso sehr um Geopolitik wie um Handel. „Oft wird die TPP als das ‚wirtschaftliche Rückgrat’ von Präsident Barack Obamas ‚Pivot’ to Asia bezeichnet. Die USA und Japan wollen die Nase vorn behalten gegenüber China, das kein TPP-Mitglied ist, und eine wirtschaftliche Zone an der Pazifikküste schaffen, die ein Gegengewicht zu der Wirtschaftsmacht Beijings in der Region ist“, schrieb das Blatt.

In Wirklichkeit ist das Endziel nicht, ein „Gegengewicht“ zu China zu schaffen, sondern es wirtschaftlich so sehr zu schwächen, dass es gezwungen werden kann, sich der wirtschaftlichen Dominanz der USA zu unterwerfen.

Neben aktuellen geopolitischen Fragen wird die Bedeutung der TPP auch klarer, wenn sie in den Kontext der Geschichte internationaler Handels- und Wirtschaftsbeziehungen gestellt wird.

Im Juni 1930 wurde das Smoot-Hawley-Gesetz verabschiedet, das die amerikanischen Zölle heraufsetzte. Dieses Gesetz wird zu Recht als Auslöser für eine ganze Serie von Vergeltungsmaßnahmen gesehen, die in der großen Depression zur Aufteilung des Weltmarktes in rivalisierende Blöcke führten. Das war einer der Gründe, die schließlich am Ende jenes Jahrzehnts zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs führte.

Nach dem Krieg und den ungeheuren Zerstörungen, die er hervorbrachte, betonten die amerikanischen Entscheidungsträger, sie hätten ihre bittere Lektion gelernt. Der Weltmarkt, der in den 1930er Jahren praktisch zusammengebrochen war, müsse auf der Grundlage des Freihandels neu aufgebaut werden. Das sei nicht nur notwendig, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, sondern auch, um zu verhindern, dass Rivalitäten zwischen den kapitalistischen Großmächten wieder zu Krieg führen könnten.

Natürlich diente die Beschwörung des „Freihandels“ damals unmittelbar den Interessen der Vereinigten Staaten. Sie waren die führende kapitalistische Wirtschaftsmacht: Bis zu fünfzig Prozent der gesamten weltweiten Industrieproduktion fanden in Nordamerika statt. Deshalb wirkte sich die Politik der „offenen Tür“ zu ihrem Vorteil aus. Aber darüber hinaus herrschte die Erkenntnis, dass Protektionismus der sichere Weg in die Katastrophe wäre.

Demzufolge beruhte die Handelsliberalisierung der Nachkriegszeit unter dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) auf dem Prinzip der „Meistbegünstigungsklausel“. Das bedeutete, dass Handelszugeständnisse nicht nur einzelnen Ländern gewährt werden durften, sondern für alle gelten mussten, um die Zersplitterung des Weltmarkts zu verhindern, die in der Vorkriegsperiode so schlimme Folgen gezeitigt hatte.

Aber mit dem praktischen Kollaps der so genannten Doha-Runde, die 2001 von der Welthandelsorganisation WTO (der Nachfolgerin des GATT) gebildet worden war, ist das Prinzip des Multilateralismus immer mehr unter die Räder geraten. Welthandelsvereinbarungen haben den Charakter einer Spaghetti-Schüssel angenommen: Eine Unzahl unterschiedlicher Vereinbarungen zwischen einzelnen Ländern und Gruppen von Ländern. Damit werden die Prinzipien verletzt, die die Grundlage der kapitalistischen Expansion der Nachkriegszeit bildeten.

TPP ist keine Freihandelsvereinbarung, sondern die jüngste und wichtigste dieser Nach-WTO-Vereinbarungen. Ihr Ziel ist nicht vertiefter wirtschaftlicher Austausch, sondern die Schaffung eines Handels- und Investitionsblocks, den die Vereinigten Staaten dominieren und den sie zu nutzen versuchen, um ihre frühere beherrschende Wirtschaftsstellung im Konkurrenzkampf gegen alte und aufstrebende Rivalen wiederzugewinnen.

Die US-Regierung versucht gar nicht, ihre Ziele zu verschleiern. Am Montag erklärte Obama: „Wenn 95 Prozent unserer potentiellen Kunden außerhalb unserer Grenzen leben, dann können wir nicht zulassen, dass Länder wie China die Regeln der globalen Wirtschaft festlegen. Wir müssen diese Regeln festlegen.“

Der Chefunterhändler der USA für TPP, der US-Handelsbeauftragte Michael Froman, hat klargemacht, dass wirtschaftliche Vorherrschaft für die globale Dominanz der USA genauso wichtig sei wie militärische Macht. In einem Artikel in Foreign Affairs vom letzten Jahr schrieb Froman: „Handelspolitik ist nationale Sicherheitspolitik“, und „Märkte können genauso viel Einfluss ausüben wie Armeen“. Das Ziel der TPP ist, die Vereinigten Staaten ins Zentrum eines Netzes von Vereinbarungen zu platzieren, von wo aus sie direkten Zugang zu Zweidritteln der Weltwirtschaft haben.

Als Obama sich für die TPP einsetzte, sprach er auch über die Notwendigkeit, wegen der Globalisierung, dem technologischen Wandel und dem Auftreten neuer wirtschaftlicher Zentren die gegenwärtige Wirtschaftsarchitektur zu verändern. Seine Bemerkungen wiesen auf einige der wesentlichen Probleme hin, die die USA mit GATT und der WTO haben.

In der Nachkriegsperiode führte die kapitalistische Entwicklung zum Aufstieg neuer Wirtschaftszentren, die die bis dahin unangefochtene wirtschaftliche Dominanz der USA in Frage stellten. Die TPP versucht, diesen Trend wieder umzukehren. Das ist ein anschaulicher Ausdruck des zentralen Widerspruchs im Weltkapitalismus, den Trotzki als den Widerspruch zwischen der Entwicklung einer Weltwirtschaft auf der einen Seite und dem Nationalstaatensystem des Kapitalismus auf der anderen Seite identifizierte.

Alle kapitalistischen Mächte, erklärte Trotzki, versuchen diesen Widerspruch dadurch zu lösen, dass sie sich selbst global an die Spitze stellen. Aber da jede Großmacht in dieselbe Richtung strebt, geraten sie in Konflikt miteinander. Diese Entwicklung führt schließlich dazu, dass die wirtschaftlichen Rivalitäten in offene militärische Konflikte umschlagen.

Zu seiner Zeit zielte das Smoot-Hawley-Gesetz darauf ab, die Position der USA unter den Bedingungen des globalen Wirtschaftszusammenbruchs zu stärken, der mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs begonnen hatte und durch die große Depression verschärft wurde.

Heute entfaltet sich wieder ein Zusammenbruch, der mit der Finanzkrise 2008 begann und durch die hartnäckige Stagnation der globalen Wirtschaft seither noch beschleunigt wird. Die TPP wird von den gleichen Widersprüchen getrieben. Die Art und Weise, wie die USA um ihre Vorherrschaft kämpfen, unterscheidet sich stark von der vor 85 Jahren, weil sich die kapitalistische Weltwirtschaft vor allem durch die Globalisierung der Produktion sehr verändert hat. Aber die tiefere Logik ist die Gleiche.

Smoot-Hawley spielte eine Schlüsselrolle bei der Verschärfung der Spannungen, die zum Zweiten Weltkrieg führten. Auf vergleichbare Weise ist die TPP ein bedeutsamer Schritt auf dem Weg zum dritten Weltkrieg.

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