USA verschärfen Druck auf Peking im Südchinesischen Meer

Die Obama-Regierung verstieß letzte Woche auf provokante Weise gegen chinesische Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer. Seither betreibt sie in ganz Asien eine aggressive diplomatische Offensive, um den Druck auf China zu verschärfen.

Die USS Lassen (Bild) drang am 27. Oktober in die Zwölf-Meilen-Zone um das Gebiet ein, das von China beansprucht wird.

Der Befehlshaber des amerikanischen Pacific Command, Admiral Harry Harris, verschärfte bei seinem Besuch in Peking am Dienstag bewusst die Spannungen. Er erklärte, das US-Militär werde „weiterhin überall dort fliegen, fahren und operieren, wann und wo immer es ihm durch internationales Recht erlaubt sei. Das Südchinesische Meer ist keine Ausnahme und wird es auch in Zukunft nicht sein.“

Harris hatte Präsident Obama monatelang gedrängt, ihm grünes Licht für Operationen zum Schutz der „Freiheit der Meere“ in der Zwölf-Meilen-Zone um die von China kontrollierten Riffe zu geben. Im März hatte Harris angedeutet, Chinas Landgewinnungsaktivitäten in der Region stellten eine Bedrohung dar. Er bezeichnete sie als „Große Mauer aus Sand”.

Am 27. Oktober drang der Lenkwaffenzerstörer USS Lassen in die Zwölf-Meilen-Zone um mindestens eine der von China verwalteten Inseln der Spratly-Inselgruppe ein. Dies war das erste Mal, dass Pekings Ansprüche direkt missachtet wurden. Washington erklärt, dass mehrere von Chinas Riffen vor den Landgewinnungsmaßnahmen bei Flut unter Wasser standen und deshalb nach internationalem Recht keine Grundlage für den Anspruch auf Hoheitsgewässer auf sie bestand. Allerdings haben die USA die UN-Konvention über das Recht der Meere, die Grundlage für diese Einschätzung ist, nicht einmal ratifiziert.

Am Dienstag erklärte Harris, die USS Lassen habe nur eine Routineoperation durchgeführt. „Wir führen seit Jahrzehnten auf der ganzen Welt Operationen zur Verteidigung der Freiheit der Seefahrt durch, deswegen sollte das für niemanden überraschend kommen.“

In Wahrheit hat die vorsätzliche Missachtung von Chinas Ansprüchen nichts mit der Verteidigung von internationalem Recht zu tun. Sie ist vielmehr ein Teil des „Pivot to Asia“ der Obama-Regierung, einer umfassenden diplomatischen, wirtschaftlichen und militärischen Strategie mit dem Ziel, China zu isolieren und den Interessen der USA unterzuordnen, falls nötig durch einen Krieg.

Chinesische Regierungsvertreter kritisierten Harris für seine Äußerungen in Peking. Der Generalstabschef der Volksbefreiungsarmee, Fang Fenghui, warf ihm vor, er schaffe „eine unharmonische Atmosphäre für unser Treffen“. Die Sprecherin des Außenministeriums Hua Chunying warf den USA „Heuchelei und Hegemoniedenken“ vor, weil sie Peking aufforderten, die Militarisierung des Südchinesischen Meeres einzustellen, aber selbst Kriegsschiffe in die Region entsendet.

Harris versuchte, die Gefahr eines Konfliktes zwischen den beiden Atommächten herunterzuspielen und erklärte: „Einige Experten behaupten, zwischen unseren beiden Nationen stehe ein Zusammenstoß bevor. Ich teile diese pessimistische Sichtweise nicht.“

Aus dieser Äußerung kann man schließen, dass Washington erwartet, Peking werde im Falle von wiederholten Provokationen nachgeben. Damit verschärft es die Gefahr eines Konfliktes nur noch. China kann in einem strategisch so wichtigen Gebiet nicht immer wieder nachgeben. Der chinesische Verteidigungsminister Chang Wanquan warnte seinen amerikanischen Amtskollegen Ashton Carter am Dienstag in Malaysia, dass es für China Grenzen gebe, was das Vorgehen der USA im Südchinesischen Meer betrifft.

Ein anonymer Funktionär des US-Verteidigungsapparates erklärte am Dienstag gegenüber Reuters, das Pentagon wolle den Vorstoß seiner Marine „etwa zweimal pro Quartal oder etwas öfter“ wiederholen. Er behauptete, dass dies „eine regelmäßige, aber nicht andauernde Demütigung“ sei. Das Vorgehen der USA ist jedoch genau das: eine ständige Demütigung, die China zu einer Reaktion provozieren könnte.

US-Verteidigungsminister Ashton Carter wird diese Woche in Kuala Lumpur am zweijährlichen Treffen der Verteidigungsminister der Vereinigung Südostasiatischer Nationen (ASEAN) teilnehmen. Die USA und Japan setzen sich im Rahmen eines weiteren vorsätzlichen Affronts gegen China dafür ein, das Thema „Südchinesisches Meer“ auf die Tagesordnung des Treffens zu setzen und in die Abschlusserklärung aufzunehmen.

Carter hielt sich in Asien auf, um für Unterstützung für das Vorgehen der USA zu werben. Vor seinem Abflug nach Malaysia reiste er nach Südkorea. Der südkoreanische Verteidigungsminister Han Min-koo schloss sich dort der Linie Washingtons an und erklärte: „Unsere Haltung ist, dass die Freiheit der Seefahrt und des Flugverkehrs in der Region gewährleistet sein muss.“ John Delury, ein außerordentlicher Professor an der Universität Yonsei, wies in einem Interview mit dem Wall Street Journal auf den Druck aus Washington hin: „Die Amerikaner versuchen, die Koreaner für Themen einzuspannen, die weit entfernt liegen.“

Der malaysische Verteidigungsminister Hishammuddin Hussein erwähnte das Südchinesische Meer bei der Eröffnungsrede des Treffens der Verteidigungsminister zwar nicht, deutete aber in einer separaten Pressekonferenz vorsichtig eine gewisse Unterstützung für die USA an. Er erklärte, Länder mit Interessen in der Region sollten von ihrem Recht Gebrauch machen, in „internationalen Gewässern“ zu operieren. Dennoch schloss er jede Diskussion über das Thema aus und erklärte, dies fiele nicht in die Zuständigkeit von Verteidigungsministern, sondern von Außenministern.

Hishammuddins Äußerungen zeigen, dass die verschärften Spannungen in den ASEAN-Mitgliedsstaaten für Unruhe sorgen. Die Philippinen und Vietnam unterstützen Washingtons aggressive Haltung zwar, andere Staaten, darunter Malaysia, sind jedoch besorgt über die Folgen für ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu China.

Japan unterstützt die USA und nutzt das Thema außerdem aus, um seine eigenen Beziehungen in Südostasien aufzubauen. Am Dienstag lieferte es zwei weitere Patrouillenboote nach Vietnam. Sie sind Teil eines Abkommens, das im letzten Jahr geschlossen wurde, um die Küstenwache des Landes auszubauen und Stellung gegen China zu beziehen. Vor kurzem hat Tokio ein ähnliches Abkommen mit den Philippinen geschlossen, die aggressiv ihre eigenen Territorialstreitigkeiten mit China führen.

Dass Washington im Südchinesischen Meer vorsätzlich Krisenherde schürt, richtet sich nicht nur gegen China, sondern auch gegen die Versuche seiner europäischen Rivalen, engere Beziehungen zu Peking aufzubauen. Vor Carters und Harris' Besuchen in Asien wurde der chinesische Präsident Xi Jinping bei einem Besuch in Großbritannien opulent gefeiert. Danach unterzeichnete er umfangreiche Wirtschaftsabkommen zwischen den beiden Ländern. Der niederländische König Willem-Alexander, Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Francois Hollande waren in den letzten zwei Wochen an der Spitze von Wirtschaftsdelegationen zu Besuch in Peking.

All das ist den USA nicht entgangen. Anfang des Jahres hatte Großbritannien trotz der Einwürfe der USA beschlossen, Gründungsmitglied der Asiatischen Investitionsbank für Infrastruktur zu werden und die USA damit verärgert. Da sie ihre weltweite Vormachtstellung nicht mehr mit wirtschaftlichen Mitteln sichern können, setzen die USA zunehmend auf riskante militärische Maßnahmen, um ihre Rivalen und potenziellen Rivalen zu schwächen und ihre Beziehungen untereinander zu stören. Damit erhöhen sie die Gefahr eines Krieges.

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