USA und Frankreich entsenden Spezialeinheiten nach Mali

Am Freitag stürmten bewaffnete Kämpfer das Luxushotel Radisson Blu in der malischen Hauptstadt Bamako. Dabei wurden mindestens 27 Menschen getötet und fast 170 weitere als Geiseln genommen. Die noch nicht identifizierten Kämpfer waren mit Granaten und Sturmgewehren bewaffnet.

Während Kampfhubschrauber über dem Hotel kreisten, wurde es von französischen und amerikanischen Soldaten sowie Truppen der UN und der malischen Regierung umzingelt und angegriffen. Nach einer Belagerung, die sich bis zum Nachmittag hinzog, konnten sie das Hotel wieder unter Kontrolle bringen.

Amerikanische Spezialeinheiten beteiligten sich an der Rettungsoperation und evakuierten laut den amerikanischen Medien bis zu einem Dutzend amerikanische Staatsbürger, die sich während des Anschlags in dem Hotel aufhielten. Die US-Streitkräfte unterstützten die Rettungsoperation außerdem mit Geheimdienstinformationen und mindestens einer Reaper-Drohne.

Als Reaktion auf den Vorfall wurden zahlreiche weitere amerikanische und französische Spezialeinheiten nach Bamako beordert, vor allem die beträchtlichen Kommandoeinheiten, die beide Länder bereits in der Region stationiert haben. Mindestens fünfundzwanzig weitere US-Soldaten waren bereits in Bamako stationiert und stimmten sich mit der Regierung ab.

Wie CNN am Freitagabend meldete, wurde mindestens ein Amerikaner bei dem Anschlag getötet. Die Los Angeles Times meldete unter Berufung auf einen anonymen Vertreter des Pentagons, dass mindestens fünf Beschäftigte des US-Verteidigungsministeriums zum Zeitpunkt des Anschlags in dem Hotel waren.

Die malische Regierung rief als Reaktion auf die Anschläge einen zehntägigen landesweiten Notstand ab Freitag um Mitternacht aus.

Unmittelbar nach dem Anschlag bekannte sich die islamistische Miliz Al Mourabitoun, eine Abspaltung von Al Qaida des Islamischen Maghreb, auf Twitter und in einer Audioaufzeichnung zu der Tat. Die Gruppe, die von dem berüchtigten internationalen Terroristen Mokhtar Belmokhtar gegründet wurde, erklärte in ihrer Stellungnahme, der Anschlag sei eine Vergeltung für Verbrechen der französischen und malischen Regierungstruppen an Städten im Norden des Landes.

Das Radisson Blu wird von einer wohlhabenden internationalen Klientel frequentiert. Vor dem Hintergrund der politisch brisanten Terroranschläge in Paris und des Abschusses eines russischen Passagierflugzeuges über dem Sinai hat der Anschlag auf das Nobelhotel bedrohliche Implikationen.

Die USA und Frankreich haben bereits die Anschläge in Paris zum Anlass genommen, ihre Kriege in Syrien und dem Irak zu verschärfen und ihrer jeweiligen Bevölkerung autoritäre Maßnahmen aufzuzwingen. Seit den Anschlägen vor einer Woche haben französische Kampfflugzeuge ihre Bombenangriffe auf Syrien massiv ausgeweitet. Über Franreichs Städte wurde der Notstand verhängt.

Frankreich hat im Bereich südlich der Sahelzone bereits mehr als 3.000 Soldaten stationiert, die im Rahmen von Operation Barkhane zeitlich unbefristete „Antiterror“-Operationen in Mali, Mauretanien, Burkina Faso, Niger und dem Tschad durchführen.

Am Freitag stellte die französische Regierung die Ereignisse in Bamako auf eine Stufe mit den Anschlägen in Paris und versprach, eine „nationale und internationale Reaktion“ zu organisieren.

Frankreichs Außenminister Laurent Fabius schlug kriegerische Töne an. Er verurteilte die „mörderische Ideologie“ der angeblich islamistischen Täter und kündigte an, dass französische Diplomaten eine UN-Resolution einbringen werden, in der sie neue transnationale Antiterror-Initiativen fordern.

Fabius erklärte: „Es ist nicht möglich, mit ihnen zu verhandeln. Sie wollen nur jeden umbringen, der ihre Herrschaft nicht akzeptiert. Wir müssen sie in unserem Land und auf der ganzen Welt bekämpfen.“

Auch amerikanische Regierungsvertreter haben angedeutet, dass Washington seine Intervention in Mali verschärfen wird. Wie der Sprecher der Nationalen Sicherheitsberaterin Ned Price am Freitag erklärte, wird die US-Regierung „weiterhin ein standhafter Partner der malischen Regierung und anderer Regierungen in der Region bleiben, die gegen terroristische Vereinigungen kämpfen.“

Price erklärte: „Wir sind bereit, die malische Regierung in den kommenden Tagen zu unterstützen.“

Die amerikanischen Medien zitieren Militärexperten, die eine Erhöhung der Militärpräsenz in der Region fordern. Die LA Times zitierte ein Expertengutachten, laut dem die französischen Truppen, die im Rahmen der Operation Barkhane stationiert sind, „zu dünn gesät“ sind.

Ein europäischer Sicherheitsanalyst erklärte im Wall Street Journal: „So viele verschiedene Gruppen konkurrieren miteinander. Daher wird es weiterhin solche Anschläge geben.“

In Folge des Nato-Krieges gegen Libyen haben sich die Verhältnisse in Nordafrika rapide destabilisiert. Daher konnten in den letzten Jahren in ganz Nordafrika bewaffnete islamistische Netzwerke entstehen und erstarken.

Der Zerfall des libyschen Staates aufgrund des Nato-Kriegs hat Libyen und seine Nachbarstaaten in Aufmarschgebiete für islamistische Gruppen und andere ethnische Milizen verwandelt und die ganze Nordhälfte des afrikanischen Kontinents mit Waffen und Kämpfern überschwemmt.

Die westlichen Mächte mobilisierten zahlreiche „Rebellen“ als Stellvertretermilizen gegen das Gaddafi-Regime, darunter auch islamistische Kräfte, die mit Al Qaida verbündet sind. Nach Gaddafis Sturz führten sie weiter Krieg in Libyen und den umliegenden Staaten. Viele dieser Kräfte wurden später über ein Netzwerk von terroristischen „Rattenlinien“, das vom amerikanischen Geheimdienst organisiert wurde, nach Syrien eingeschleust und kämpften in dem dortigen Bürgerkrieg, der ebenfalls von den USA geschürt wurde.

Durch die Zerstörung Libyens durch die Nato wurden auch Kräfte für einen neuen Bürgerkrieg in Mali geweckt: Tuareg, Islamisten und andere Milizen strömten über die Südgrenze, bis an die Zähne mit Waffen ausgerüstet, die sie aus Regierungsbeständen erbeutet oder von westlichen Regierungen erhalten hatten.

Die Eroberung von Städten im Norden des Landes durch eine Mischung aus Tuareg-Stammeskämpfern und islamistischen Milizen, die aus dem Krieg in Libyen zurückkehrten, führte rasch zu einem Bürgerkrieg und einem Militärputsch in Bamako. Der Anführer dieses Putsches war ein Offizier, der in den USA ausgebildet worden war.

Daraufhin intervenierte Frankreich im Januar 2013 mit Unterstützung der USA. Diese Intervention wurde als Anti-Terror-Mission dargestellt. In Wirklichkeit war sie jedoch Teil des allgemeinen Kurses der imperialistischen Mächte zur Wiedererrichtung der direkten politischen und militärischen Herrschaft über Afrika, der seit 2008 massiv beschleunigt wurde.

Seit der offiziellen Gründung des United States Africa Command (AFRICOM) im Jahr 2008 sind amerikanische Militäreinheiten bereits in fast allen afrikanischen Ländern in irgendeiner Form von Militäroperationen oder verdeckten Aktionen aktiv. Abgesehen von den beträchtlichen konventionellen Truppen des AFRICOM wurden auch in großem Umfang Spezialeinheiten in der Zentralafrikanischen Republik, in Somalia, Mali, Uganda und anderen Staaten eingesetzt. Der Oberbefehlshaber des US Special Operations Command, General Donald Bolduc, erklärte, dass 2015 etwa 1.400 amerikanische Spezialeinheiten in mindestens dreiundzwanzig afrikanischen Staaten das ganze Jahr über an Operationen beteiligt waren.

AFRICOM behauptet, es führe in allen wichtigen Subregionen Afrikas Operationen zur „Zerschlagung“ von buchstäblich Dutzenden von unterschiedlichen angeblichen Terrororganisationen durch.

General Bolduc erklärte Anfang November, dass alleine in der Subregion Zentralafrika amerikanische Spezialeinheiten gegen mindestens 43 terroristische Vereinigungen und Milizen im Einsatz seien, noch ganz abgesehen von der ugandischen Lords Resistance Army.

Der ehemalige französische Botschafter in den USA, Gerard Araud, erklärte gegenüber der Huffington Post, die französische Regierung sei eifrig darum bemüht, die Unterstützung der USA für ihre Operationen in Mali und der Sahelzone nicht zu verlieren.

Deutsche Medien berichteten im Oktober, der deutsche Imperialismus bereite seine eigenen „unabhängigen und robusten“ Kampfeinsätze in Mali vor. Die deutschen Operationen werden eng mit etwa 600 niederländischen Soldaten koordiniert, die bereits im Land stationiert sind und „das gesamte Spektrum der zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen“, wie es in den Richtlinien heißt.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte als Reaktion auf die Ereignisse vom Freitag: „Der Terrorangriff macht noch einmal allen bewusst, dass bis zu einer Stabilisierung Malis noch ein längerer Weg zu gehen ist“.

Steinmeier sagte, der islamische Terrorismus in der Region sei noch nicht besiegt.

Am Freitag erklärte er zudem in Sambia, die Bundesregierung plane „Joint Ventures“ und „Direktinvestitionen“ in Zentralafrika.

Die neuen Operationen in Mali entsprechen den politischen Richtlinien für aggressive militärische und politische Interventionen Deutschlands in Afrika, die Berlin letztes Jahr erlassen hat. In diesen Richtlinien heißt es ganz offen, dass diese Interventionen darauf abzielen, Deutschlands Kontrolle über die Rohstoffe Afrikas zu sichern.

Die Auflösung der Sowjetunion hat den USA und den europäischen Mächten in Afrika neue Möglichkeiten eröffnet. Seither führen sie einen erbitterten Wettlauf um die Neuaufteilung der immensen Rohstoffe und Märkte des Kontinents.

Die nationalen bürgerlichen Eliten Afrikas bereichern sich durch ihre Zusammenarbeit mit diesem Projekt, diskreditieren sich dabei aber in den Augen der Massen. Auf dem ganzen Kontinent stecken Regierungen in Krisen und die soziale Unruhe erreicht ein historisches Ausmaß. Die malische Regierung kann trotz der umfangreichen militärischen Unterstützung, die sie aus dem Westen erhält, nicht einmal die Sicherheit in den wohlhabendsten Enklaven ihrer Hauptstadt gewährleisten.

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