Französische Regionalwahlen: Neofaschisten in Umfragen vorn

Der neofaschistische Front National (FN) erweist sich nach den Terroranschlägen vom 13. November als Hauptnutznießer der Law and Order Hysterie und der drakonischen Polizeistaatsmaßnahmen der Sozialistischen Regierung. Er liegt in den Umfragen zu den Regionalwahlen am 6. und 13. Dezember klar vorn.

Nach einer Ipsos-Umfrage würde der FN in der ersten Runde der Wahl am 6. Dezember dreißig Prozent der Stimmen bekommen und sowohl die Sozialistische Partei (PS) als auch die rechten Republikaner (LR) hinter sich lassen.

Eine BVA-Umfrage vom 29. November prophezeit dem FN leichte Siege in der südöstlichen Region Provence-Alpes-Côte-d’Azur um Marseille herum, sowie in den nördlichen Provinzen Nord-Pas-de-Calais und Picardie. Er könnte auch die Regionen Burgund und Franche-Comté erobern. Die BVA-Umfrage sagt in allen zwölf Regionen Frankreichs erhebliche Gewinne für den Front National voraus.

Der Aufstieg des FN ist eine Folge des Bankrotts der PS und der Krise des französischen Kapitalismus. In Frankreich sind Millionen arbeitslos und trotzdem kürzt die PS die Staatsausgaben drastisch weiter und unterminiert so die Wirtschaft. Vor allem aber finden die Regionalwahlen in einer Atmosphäre der Law and Order Hysterie statt, die die Regierung nach den Terroranschlägen vom 13. November losgetreten hat.

Unter dem Deckmantel des „Kriegs gegen den Terror“ setzt die PS beispiellose Polizeistaatsmaßnahmen durch und schafft demokratische Grundrechte ab. Nach dem 13. November verhängte die PS-Regierung einen dreimonatigen Ausnahmezustand, der es dem Staat ermöglicht, Proteste zu verbieten und Personen, die die Polizei als Bedrohung der öffentlichen Ordnung sieht, ohne Prozess unter Hausarrest zu stellen. Die PS hat angekündigt, die Verfassung zu ändern, um dem Präsidenten die Möglichkeit zu verschaffen, Notstandsmaßnahmen dauerhaft auszuüben. Damit wird Frankreich praktisch zum Polizeistaat.

Am Dienstag rechtfertige Premierminister Manuell Valls diese drakonischen Maßnahmen und deutete an, sie könnten auch über den 26. Februar 2016 hinaus verlängert werden. An diesem Tag endet der Ausnahmezustand, der nach den Angriffen von Paris ausgerufen wurde. Valls sagte auf Radio Europe 1: „Wir dürfen diese Möglichkeit natürlich nicht ausschließen, je nachdem wie die Bedrohungslage aussieht. Wir müssen sehr verantwortungsbewusst handeln.“

Valls brüstete sich mit der scharfen Polizeiunterdrückung und den zahlreichen außergerichtlich verhängten Hausarresten seit dem 13. November. Valls erklärte: „Seit den Anschlägen sind im Zusammenhang mit dem Notstand mehr als 2000 Durchsuchungen und Festnahmen ohne richterliche Verfügung vorgenommen und 210 Menschen verhaftet worden.“

Am Vorabend des Klimagipfels COP-21, der am Montag begann, verbot die Regierung Ökoproteste und befahl der Polizei in Paris, solche Proteste zu unterdrücken. Mehr als 300 Demonstranten wurden festgenommen.

Die Bereitschaft der PS-Regierung und des gesamten politischen Establishments, grundlegende demokratische Rechte zu zerstören, stärkt den Front National. Er führt seinen Wahlkampf mit der Forderung nach harten Law and Order Maßnahmen und einer flüchtlingsfeindlichen Politik.

Nach dem 13. November lud Präsident François Hollande FN-Führerin Marine Le Pen im Namen der „nationalen Einheit“ in den Elysée Palast ein. Le Pen forderte, der Ausnahmezustand, der sich bisher vor allem in Arbeitervierteln bemerkbar macht, „zu nutzen, um die Vorstädte zu entwaffnen“.

Le Pen forderte außerdem „einen sofortigen Stopp“ der Einwanderung nach Frankreich. Sie unterstützte die Forderung des FN-Vizepräsidenten Florian Philippot, alle Asylsuchenden zu deportieren.

In den Medien wird schon die Möglichkeit diskutiert, dass der FN auch auf nationaler Ebene gestärkt aus den anstehenden Wahlen hervorgehen und sogar die Präsidentschaftswahlen und die Wahlen zur Nationalversammlung in anderthalb Jahren gewinnen könnte.

„Werden die Anschläge dem FN bei den Regionalwahlen nützen?“ fragte Libération und zitierte FN-Vertreter mit den Worten: „Die Linke [d.h. die PS] und wir könnten die Nutznießer sein. Sie haben gehandelt, und unsere Vorschläge wurden aufgegriffen. Die Rechte ist zwischen uns eingeklemmt.“

Der Bankrott der ganzen herrschenden Elite wird immer deutlicher. Seit Hollande 2012 mit Unterstützung der pseudolinken Satelliten der PS, d.h. der stalinistischen KPF und der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA), an die Macht kam, hat er den Sparkurs verschärft, der Wirtschaft Dutzende Milliarden Euro auf dem Silbertablett serviert sowie in Afrika und im Nahen Osten zahlreiche Kriege angezettelt oder sich daran beteiligt.

Während die Gewerkschaften und die Pseudolinken die breite Opposition in der Arbeiterklasse gegen Hollandes Politik blockieren, kündigt die PS eine noch schärfere Austeritätspolitik und noch härtere Polizeistaatsmaßnahmen an, die nur den FN stärken. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist von den Sozialisten und den rechten Republikanern zutiefst enttäuscht. Davon hat der FN schon bei Europawahlen und Kommunalwahlen profitiert und beträchtliche Wahlerfolge errungen.

Der sozioökonomische Zusammenbruch des französischen Kapitalismus findet sich beispielhaft in den Regionen Nord-Pas-de-Calais und Picardie, in denen der FN wahrscheinlich die Mehrheit gewinnen wird. Jahrzehntelang dominierten PS und KPF diese Region. Infolge der De-Industrialisierung und der Zechenschließungen herrschen in diesem Teil Frankreichs eine Arbeitslosenrate von 12,5 Prozent und eine der höchsten Armutsraten des Landes. Dem Staatlichen Amt für Statistik zufolge leben von den sechs Millionen Einwohnern dieser Regionen eine Million in Armut.

Die herrschende Klasse hat für diese Probleme keine andere Lösung als Unterdrückung und autoritäre Herrschaftsformen. Die Behauptung des FN, dass die PS seine Politik übernehme, beinhaltet mehr als ein Körnchen Wahrheit. Nackter, einwandererfeindlicher Chauvinismus, autoritäre Maßnahmen, Sparprogramme und imperialistischer Krieg waren früher das ureigene Terrain des FN. Jetzt ist es der Mainstream bürgerlicher Politik.

Seit ihrer Regierungsübernahme hat die PS einen großen Polizeistaatsapparat aufgebaut, die Überwachung der eigenen Bevölkerung durch die Geheimdienste legalisiert und die Armee im Inneren eingesetzt.

Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Machtapparat in weniger als zwei Jahren in die Hände des FN fällt, einer rechtsradikalen Partei, deren Mitglieder öffentlich das Vichy-Regime von Nazikollaborateuren verteidigen, den Holocaust leugnen und die französische Kolonialherrschaft in Algerien rechtfertigen.

Diese Aussichten werfen ein grelles Licht darauf, dass die Polizeistaatsmaßnahmen, die nach dem 13. November im Namen des „Kampfs gegen Terror“ eingeführt wurden, in Wirklichkeit die gesamte Arbeiterklasse bedrohen.

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