Perspektive

Pseudolinke werben für Eskalation des imperialistischen Krieges

Das politische Establishment in den USA verstrickt sich in eine immer erbitterter geführte Debatte über die Frage, wie die Militärintervention im Irak und Syrien verschärft werden sollte. Gleichzeitig beteiligen sich die westeuropäischen Mächte eine nach der anderen an dem Angriff. Doch die breite Masse der Bevölkerung in Europa und Amerika lehnt den Krieg trotz alledem weiterhin entschieden ab.

Obwohl das politische Establishment in den USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und anderen Ländern im Verein mit den Medien nach den jüngsten Terroranschlägen fieberhaft versucht, Angst und Hass zu schüren, sind sich Millionen von Arbeitern bewusst, dass sie wieder einmal über eine Militärintervention im Nahen Osten belogen werden.

Trotz des verwirrenden Aufgebots von Rechtfertigungsversuchen für diesen Krieg – vom Kampf gegen den Terrorismus durch Bombardierung des Islamischen Staates bis hin zur Unterstützung für Menschenrechte durch die Finanzierung und Bewaffnung ähnlicher salafistischer Dschihad-Milizen in dem Krieg für einen Regimewechsel – besteht in der Bevölkerung der wohlbegründete Verdacht, dass die tatsächlichen Ziele mit den Bestrebungen des US-Imperialismus und seiner Verbündeten zu tun haben, sich die Hegemonie über den Nahen Osten und seine immensen Ölvorkommen zu sichern.

Unter diesen Bedingungen haben mehrere pseudolinke Organisationen in Europa, den USA und anderen Teilen der Welt eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, die als Propagandamaterial für eine dramatische Ausweitung des imperialistischen Feldzuges dient.

Zu den Unterzeichnern dieser Erklärung gehören die französische Neue Antikapitalistische Partei (NPA), die britische Socialist Workers Party (SWP), die australische Socialist Alternative, die srilankische Nava Sama Samaja Party (NSSP) und die International Socialist Organization (ISO) in den USA. Sie alle haben eine lange und schändliche Geschichte, in der sie immer wieder „linke“ Rechtfertigungen für imperialistische Interventionen geliefert und von den USA organisierte Kriege mit dem Ziel eines Regimewechsels als „Revolutionen“ verkauft haben.

Die französische NPA war eine der ersten dieser angeblich „linken“ Organisationen, die den imperialistischen Krieg für einen Regimewechsel in Libyen bejubelte. Ihr führender Sprecher für den Nahen Osten und Nordafrika, Gilbert Achcar, unterstützte die Nato-Intervention, die zum Sturz und der Ermordung von Muammar Gaddafi führte, 30.000 Libyern das Leben kostete und das Land in einen bis heute andauernden Bürgerkrieg stürzte.

Als der Krieg begann, schrieb Achcar die berüchtigten Zeilen: „Jede allgemeine Regel lässt Ausnahmen zu. Dazu gehört auch die allgemeine Regel, dass von der UN genehmigte Militärinterventionen imperialistischer Mächte rein reaktionär sind und nie einen humanitären oder positiven Zweck erfüllen können.“

Später unterstützten er und die NPA den von den USA organisierten Krieg zum Sturz des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad und traf sich sogar mit dem Syrischen Nationalrat, einer Bande von Komplizen westlicher Geheimdienste, um sie dabei zu beraten, wie sie eine direkte imperialistische Intervention in die Wege leiten könnten.

Auch die australische Socialist Alternative wies alle Warnungen vor einer westlichen Intervention in Syrien zurück und erklärte, die „Linke“ müsse „reflexartigen Antiimperialismus“ ablehnen.

Die International Socialist Organization verteidigte das „Recht“ der „syrischen Revolutionäre“, Waffen und Unterstützung durch die CIA zu erhalten und eine direkte US-Militärintervention zu fordern.

Alle diese Organisationen entstanden aus den überwiegend kleinbürgerlichen Antikriegsbewegungen der 1960er und frühen 1970er Jahre. Ihre Entwicklung zu offenen Unterstützern imperialistischer Kriege ist Teil eines langen Prozesses. Die materiellen Wurzeln dieses Prozesses liegen im zunehmenden Wohlstand dieser Teile des Kleinbürgertums, die sich zu einer neuen Basis für den Imperialismus entwickelt haben.

In den Jahren 2012 und 2013 unterstützten diese Organisationen begeistert die „syrische Revolution“. Als immer klarer wurde, dass die sogenannten „Revolutionäre“ sektiererische sunnitische Milizen waren, die von den reaktionären arabischen Regimes in Saudi-Arabien und den Golfstaaten sowie der islamistischen Regierung in der Türkei finanziert wurden, die zudem alle mit der CIA zusammen arbeiten, verstummten die meisten dieser Organisationen weitgehend.

Jetzt haben sie ihre Kampagne im Gleichschritt mit dem imperialistischen Kurs auf Eskalation wieder aufgenommen, der unter dem Vorwand der offenbar vom IS inspirierten Anschläge in Paris und Kalifornien begonnen wurde.

Die Stoßrichtung ihrer Intervention wird im zweiten Absatz der Erklärung deutlich: „In Syrien äußert sich die Konterrevolution zuerst in Unterstützung für das Assad-Regime. Russlands tödliche Angriffe und die Intervention des Iran, der Hisbollah und sektiererischer irakischer Milizen unterstützen dieses zutiefst reaktionäre, undemokratische Projekt. Auch das Misstrauen, das die westlichen Mächte regelmäßig für demokratische und revolutionäre Kräfte in Syrien zeigen, stärkt Assad […]“

In der Erklärung findet sich kein Wort darüber, dass die USA durch jahrzehntelange imperialistische Kriege die ganze Region zerstört haben und für mehr als eine Million Todesopfer und die Zerstörung ganzer Gesellschaften verantwortlich sind. Vom Standpunkt dieser Organisationen besteht das Problem in der Aggression Russlands, der Intervention des Iran und „sektiererischer irakischer Milizen“ – und in der Unfähigkeit der USA und ihrer Verbündeten, ausreichend „Vertrauen“ und Unterstützung für die sogenannten „demokratischen und revolutionären Kräfte“ in Syrien aufzubringen.

Diese letzte Formulierung wird dabei ähnlich verwendet wie die westlichen Regierungen den Begriff „gemäßigte Rebellen“ verwenden. In beiden Fällen werden die Demokraten, Revolutionäre oder Gemäßigte nicht namentlich genannt. Der Grund dafür ist, dass die Kräfte, die tatsächlich gegen das Assad-Regime kämpfen, aus mit Al Qaida verbündeten sunnitischen Milizen bestehen, darunter der IS, die al Nusra-Front und Ahrar al-Sham.

Die amerikanische International Socialist Organization veröffentlichte am 9. Dezember auf ihrer Webseite einen Artikel, der die Haltung dieser Organisationen noch deutlicher macht. Sie kritisiert Russland in dem Artikel, weil es nicht den IS bombardiert, sondern „gegen den IS kämpfende Widerstandsgruppen“, die aus offensichtlichen Gründen wieder nicht genannt werden. Diese Haltung unterscheidet sich kaum von der des US-Außenministeriums.

In dem Artikel heißt es: „Obwohl die offizielle Linie der USA den Sturz von Assad vorsieht, hat Russlands Intervention die Stellung des Regimes verbessert und neue Erwägungen über Syriens Zukunft geschaffen, die von einem beträchtlichen Teil des außenpolitischen Establishments der USA sofort begrüßt wurden.“

Er fährt fort: „In der Praxis hat das US-Militär bereits seinen Frieden mit Assad gemacht. Sein Widerstand gegen russische Luftangriffe auf Bodentruppen, die von den USA unterstützt werden, war allenfalls rhetorisch […]“

Die ISO richtet den Schwerpunkt ihrer Argumentation auf die andauernde Debatte innerhalb des amerikanischen politischen Establishments und des Militär- und Geheimdienstkomplexes über das Vorgehen gegenüber Syrien. Diese angeblich linke Organisation stellt sich auf die Seite der kriegerischsten Fraktionen der herrschenden Elite und des Pentagons und fordert von Washington die Fortführung des Krieges für einen Regimewechsel in Konfrontation mit Russland.

Alle diese Organisationen stellen die Realität auf den Kopf und präsentieren Russland als imperialistische Macht und den Hauptaggressor im Nahen Osten, während sie den US-Imperialismus hingegen als glücklose und zunehmend verausgabte Kraft darstellen.

Obwohl die Intervention des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Syrien keinen fortschrittlichen Inhalt hat und der Verteidigung der Interessen der kriminellen Oligarchen dient, die Russland regieren, ist sie vom Charakter her defensiv. Ihr Ziel ist es, Russlands letzten Verbündeten im Nahen Osten zu retten und zu verhindern, dass sein einziger Militärstützpunkt außerhalb der ehemaligen Sowjetunion durch eine weitere aggressive Intervention des US-Imperialismus erobert wird. Die USA selbst unterhalten über 800 Militärbasen im Ausland und verfügen über ein Bruttonationaleinkommen, das 39-mal so hoch ist wie das Russlands.

Die eigenartige Fixierung der Pseudolinken auf den fiktiven „russischen Imperialismus“ ist von bedrohlicher Bedeutung. Nachdem sie imperialistische Interventionen in Libyen und Syrien unter dem falschen Vorwand der „Menschenrechte“ propagiert und verteidigt haben, unterstützen sie jetzt noch blutigere Konflikte, darunter einen potenziellen Krieg zwischen den beiden größten Atommächten der Welt, den USA und Russland.

Der Aufbau einer wirklichen Antikriegsbewegung kann nur durch einen unerbittlichen Kampf zur Entlarvung dieser pseudolinken Organisationen und zur Ausrottung ihres politischen Einflusses Erfolg haben. Und er muss Teil des Kampfes zur Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse zur Abschaffung des Militarismus und des kapitalistischen System als dessen Ursache sein.

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