Bundesregierung stellt neue „Anti-Terror-Einheit“ auf

Die Bundespolizei stellt eine neue „Anti-Terror-Einheit“ auf. Am 16. Dezember marschierten die ersten 50 Mann der sogenannten „Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit plus“ BFE+, in Blumberg nahe Berlin vor Bundesinnenminister Thomas de Maizière auf. Die BFE+, die sich aus den regulären Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten der Bundes- und Landespolizeibehörden rekrutiert, wird zunächst aus 250 Beamten bestehen. Bis zum Ende des nächsten Jahres sollen sie in fünf Standorten in ganz Deutschland bereit stehen.

Die Einheit ist schwer bewaffnet. Zu ihrer Standardausrüstung gehören neben schwarzer Kampfmontur, Sturmhauben und kugelsicheren Westen auch das Sturmgewehr G36 der Bundeswehr. Außer in Bayern sind laut den Landespolizeigesetzen für die Bewaffnung von Polizisten neben Pistolen höchstens Maschinenpistolen erlaubt. Sturmgewehre gehörten aufgrund der Tatsache, dass sie als großkalibrige Waffen kaum präzise eingesetzt werden und leicht Unbeteiligte verletzen können, bisher nicht zur Ausrüstung von Polizeieinheiten. Zusätzlich wird die neue Spezialeinheit mit gepanzerten Fahrzeugen ausgestattet.

Das Auftreten der BFE+ ist so martialisch, dass selbst in manchen bürgerlichen Medien Kritik laut wird. In einem Artikel auf Zeit Online mit dem Titel „Die Polizei spielt Krieg“ heißt es: „Sturmgewehre, Häuserkampf – die Polizisten der neuen Anti-Terror-Einheit BFE+ denken und handeln wie Soldaten. Und weichen damit die Trennung von Militär und Polizei auf“. Der Polizeiwissenschaftler und Soziologe Rafael Behr warnt in einem Interview davor, „Terror mit Krieg gleichzusetzen und die Polizei deshalb immer mehr aufzurüsten“. Die neue Truppe bewege sich in einer „Grauzone“. Bislang hätte es in Deutschland „die strikte Trennung“ gegeben: „Die Polizei ist für das Inland zuständig, die Armee für Äußeres.“

Die Aufstellung einer paramilitärischen Polizeieinheit in Deutschland markiert einen Wendepunkt in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die neue Spezialeinheit BFE+ wurde vom Innenministerium der Bundespolizei unterstellt, die 2005 aus dem Bundesgrenzschutz hervorging und der es erlaubt ist, militärisches Gerät einzusetzen. Mit diesem Manöver umgeht das Ministerium die grundgesetzlich verankerte Trennung von Polizei und Militär und hebt sie de facto auf.

Diese Trennung war nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund der Erfahrung mit den Freikorps in der Weimarer Republik und der SA und der SS der Nazis, die sich ihrerseits zu einem guten Teil aus Freikorps-Söldnern rekrutierten, im Grundgesetz festgeschrieben worden. Sowohl die Freikorps als auch SA und SS spielten eine Hauptrolle bei der Bekämpfung revolutionärer Aufstände in der Weimarer Republik und bei der Zertrümmerung der organisierten Arbeiterbewegung nach der Machtübernahme der Nazis.

Angeblich ist die Gründung der BFE+ eine Reaktion der Bundesregierung auf die Terroranschläge von Paris am 13. November. Tatsächlich bestehen die Pläne für den Einsatz paramilitärischer Polizeitruppen schon wesentlich länger und sind Bestandteil einer umfassenden inneren und äußeren Aufrüstung. Seit Jahren fordern Regierungspolitiker, allen voran der ehemalige Innenminister Otto Schily (SPD) und der heutige Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), den Einsatz der Bundeswehr im Inneren.

Ähnlich wie beim Kriegseinsatz der Bundeswehr in Syrien dienen die Anschläge von Paris lediglich als Vorwand. Die Attentäter von Paris waren den Sicherheitsbehörden in ihrer Mehrzahl schon im Vorfeld bekannt. Der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge, Abdelhamid Abaaoud, prahlte Monate zuvor in der IS-Zeitschrift „Dabiq“, wie er unter den Augen der Geheimdienste, nach Belgien einreisen und die Anschläge habe planen können. Unter Bedingungen zunehmender Klassenspannungen im Innern und der Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außenpolitik bereiten sich die herrschenden Eliten vielmehr darauf vor, den wachsenden Widerstand in der Bevölkerung zu unterdrücken.

Wie aus Kreisen der Bundespolizei verlautet, erfüllt gerade die schwere Bewaffnung der BFE+ einen bestimmten Zweck. Sie dient der Abschreckung. Dass sich diese nicht wie in der offiziellen Darstellung gegen Terroristen richtet, zeigt bereits das Aufgabenspektrum der neuen Einheit.

„Die Einsätze, für die die BFE+ trainiert, gleichen denen der Bundeswehr“, schreibt die Zeit. Laut Aussage eines Beteiligten gehe die neue Einheit „wie ein Infanteriezug im Orts- und Häuserkampf“ vor. Dem Innenministerium zufolge soll die Truppe, sofern keine besonderen Einsätze anstehen, „überwiegend für normale Tagesaufgaben der Bundesbereitschaftspolizei zur Verfügung stehen“. Also auch bei Fußballspielen und Demonstrationen. Der „Rüstwagen“ mit militärischer Ausrüstung soll dabei in ständiger Bereitschaft und in direkter Nähe des Einsatzorts verfügbar sein.

Die Aufstellung der schwer bewaffneten Anti-Terror-Einheit der Bundespolizei ist eine Warnung an alle Arbeiter und Jugendlichen in Deutschland. Vor allem die jüngsten Entwicklungen in den USA zeigen, auf was sich die herrschende Klasse auch hierzulande vorbereitet. Vergleichbare Spezialeinheiten der Polizei (SWAT-Teams) terrorisieren dort seit längerem die einheimische Bevölkerung und besetzen wie bei den Unruhen und Protesten in Ferguson im Sommer 2014 ganze Städte.

Die World Socialist Web Site beschrieb damals in einem Kommentar unter dem Titel „Ferguson, Missouri: der Krieg im eigenen Land“ eine erschreckende Entwicklung, die mit der mit der Schaffung der BFE+ und der umfassenden Militarisierung der Polizei nun auch in Deutschland eingeleitet wird:

„SWAT-Teams in Kampfuniformen und mit Nachtsichtgeräten fielen in der Stadt ein, bewaffnet mit Hochdruck-Schrotflinten und Sturmgewehren und ausgerüstet mit gepanzerten Kampffahrzeugen… Die beteiligten Kräfte sind zwar technisch gesehen der lokalen Polizei unterstellt, führen aber im wesentlichen eine militärische Besetzung durch. Sie sehen aus wie Militär, verhalten sich wie Militär und haben enge Beziehungen zum Militär. Die Polizei wurde nicht nur mit militärischem Gerät ausgerüstet, sie hat auch neue Regeln erhalten. Sie wird ausgebildet, die Methoden anzuwenden, die die USA und ihre Verbündeten in Afghanistan, dem Irak, dem Gazastreifen und der Ukraine anwenden.“

Loading