Regierung beschließt Ausweitung der Bundeswehreinsätze in Mali und im Irak

Am Dienstag beschloss das Bundeskabinett, den Einsatz der Bundeswehr in Mali im Rahmen der UN-Mission Minusma auszuweiten. Die bestehende Truppe soll um weitere 550 auf eine Stärke von insgesamt 650 Soldaten aufgestockt werden. Bisher waren 235 Soldaten an einer sogenannten Ausbildungsmission der EU (EUTM) im relativ ruhigen Süden, in der Hauptstadt Bamako, beteiligt. Das neue Bundeswehrkontingent soll dagegen in der Stadt Gao im Norden des Landes eingesetzt und mit Aufklärung, Sicherung eines großen Feldlagers, und Logistik beauftragt werden. Die Verlegung der Soldaten soll bis Ende Mai 2016 abgeschlossen sein.

Gleichzeitig beschloss das Kabinett, die im irakischen Erbil stationierte Truppe der Bundeswehr um 50 Prozent auf 150 Soldaten anzuheben. Sie bilden kurdische Peschmerga-Kämpfer aus, unter anderem im Gebrauch der von Deutschland gelieferten Waffen. In Syrien beginnen Tornados der deutschen Luftwaffe an diesem Wochenende ihren Einsatz, um den Krieg gegen den IS in Syrien zu unterstützen.

Der Antrag der Bundesregierung sieht vor, das Mandat für beide Einsätze bis zum 31. Januar 2017 zu verlängern. Beide Beschlüsse bedürfen noch der Zustimmung des Bundestags, was aber wegen der Mehrheitsverhältnisse im Parlament reine Formsache ist.

Verteidigungsministerin von der Leyen hatte die Truppenerweiterung in Mali im November letzten Jahres mit der Unterstützung Frankreichs nach den Terroranschlägen von Paris begründet. Man müsse die französische Armee entlasten, die bereits seit 2013 in Mali mit mehreren Tausend Soldaten kämpft. Bei einem Treffen der EU-Verteidigungsminister in Brüssel hatte die französische Regierung erstmals in der Geschichte der EU alle Mitgliedstaaten um Unterstützung nach einem bewaffneten Angriff gebeten. Sie berief sich dabei auf Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags. Darin heißt es, dass „im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats [...] die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung [schulden].“ Die Terroranschläge von Paris fielen der französischen Regierung zufolge in diese Kategorie.

Der Versuch der Bundesregierung, den nach Jugoslawien, Afghanistan und Syrien vierten Kampfeinsatz der Bundeswehr als Reaktion auf die schrecklichen Terroranschläge in Paris darzustellen, ist ein gezielter Versuch den wirklichen Charakter der Intervention zu verschleiern. Der Krieg ist Teil der imperialistischen Kampagne zur erneuten kolonialen Unterwerfung Afrikas, die mit dem NATO-Krieg gegen Libyen im März 2011 begonnen hat. Mali ist wie die gesamte Sahelzone reich an Bodenschätzen, die sich die imperialistischen Mächte vor allem in Konkurrenz zu China sichern wollen, das enge Wirtschaftsverbindungen zu Mali und anderen Ländern in der Region unterhält.

Entgegen der offiziellen Propaganda, die westlichen Militäreinsätze brächten „Stabilität“, wurde Mali erst durch das Nato-Bombardement Libyens ins Chaos gestürzt. Nachdem es infolge der Zerstörung Libyens zu einem Zustrom von Waffen nach Mali gekommen war, begannen Tuareg-Milizen und islamistische Kämpfer Anfang 2012 eine Rebellion gegen die malische Regierung.

Nachdem sich die Situation der malischen Armee nach heftigen Kämpfen und einem Militärputsch im März 2012 zusehends verschlechtert hatte, startete Frankreich im Januar 2013 mit Unterstützung der USA die Operation Serval, um den rohstoffreichen Norden des Landes zurückzuerobern. Die Intervention wurde als Anti-Terror-Mission verkauft. In Wirklichkeit war sie jedoch Teil des allgemeinen Kurses der imperialistischen Mächte zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen in Afrika.

Anders noch als beim Überfall auf den Irak 2003 und im Libyen-Krieg war Deutschland diesmal von Anfang an mit von der Partie. Sofort nach dem Beginn der französischen Operation erklärte die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung ihre Unterstützung und stellte für den Transport von Truppen, Waffen und Munition in das Kriegsgebiet Transall-Transportflugzeuge zur Verfügung. Seitdem wurde der deutsche Beitrag schrittweise erhöht.

Die aktuelle Ausweitung des Einsatzes ist seit langem geplant und Bestandteil der Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außenpolitik. Stellvertretend für die Bundesregierung erklärte Finanzminister Wolfgang Schäuble jüngst in einem Interview mit der Bild am Sonntag, dass Deutschland 2016 „in der Außen- und Sicherheitspolitik stärker gefordert wird, als uns vielleicht lieb ist.“ Als die Hauptziele der deutschen Interventionspolitik identifizierte Schäuble neben dem Nahen und Mittleren Osten vor allem auch Afrika.

Ein Blick auf die offizielle Website des Außenministeriums lässt keinen Zweifel daran, welche Interessen der deutsche Imperialismus in Mali verfolgt. In der „Länderinformation“ zu Mali heißt es, das westafrikanische Land sei „zunehmend marktwirtschaftlich orientiert“ und „die Privatisierung von Staatsunternehmen schreitet – wenn auch mit Schwierigkeiten – voran“. „Das Volumen ausländischer Direktinvestitionen in Mali“ liege dabei jedoch „nach wie vor unter dem wirtschaftlichen Potential Malis“.

Auch die „Rohstoffvorkommen im Land, neben Gold insbesondere Kalk, Phosphat, Diamanten und Marmor“ würden „derzeit noch kaum ausgebeutet“. Weiterhin heißt es: „Einnahmeverbesserungen durch Exploration von im Norden erhofften Vorkommen von Erdöl und Phosphaten scheinen angesichts offener Fragen zur Förder- und Transportinfrastruktur und der derzeitigen Sicherheitslage erst mittelfristig denkbar.“

Das soll sich mit dem Einsatz der Bundeswehr im gefährlichen Norden nun offenbar ändern.

Führende Verteidigungspolitiker sprechen bereits offen aus, dass deutsche Soldaten nun auch in Mali für die Erschließung von Rohstoffen und neuer Absatzmärkte für den exporthungrigen deutschen Kapitalismus sterben und töten sollen. Der Wehrbeauftragte des Bundestags Hans-Peter Bartels bezeichnete den Einsatz im Norden Malis als genauso gefährlich wie den in Afghanistan, wo bislang 55 deutsche Soldaten ums Leben kamen. „Es ist zur Zeit der gefährlichste UN-Einsatz“, erklärte Bartels und fügte zynisch hinzu: „Die Bundeswehr geht nicht dorthin, um gegen Terroristen zu kämpfen, aber sie kann dort auf Terroristen treffen. Das ist das Risiko.“ Er empfehle deshalb, „sich dort stark aufzustellen“.

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