Der Guardian verteidigt die Verfolgung von Julian Assange

Die britische Zeitung The Guardian spielt bei den Versuchen der britischen Regierung, WikiLeaks-Gründer Julian Assange mundtot zu machen, eine wichtige Rolle als Propagandaorgan.

Am Abend des 4. Februar veröffentlichte der Guardian in seinem Onlineportal einen Leitartikel mit dem Titel „Julian Assange ist kein Opfer willkürlicher Inhaftierung“. Am Tag darauf erschien er auch in der gedruckten Ausgabe. Der Guardian war entschlossen, den Spruch der Arbeitsgruppe der UN für willkürliche Inhaftierungen (UNWGAD) hinsichtlich der Verhaftung von Julian Assange in Frage zu stellen, noch bevor diese ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert hatte.

Der Guardian fällt in einem seit sechzehn Monaten andauernden Verfahren blind ein Urteil. Er will sicherstellen, dass die Hetzkampagne Londons und Stockholms gegen Assange nicht durch die verheerenden Schlussfolgerungen des UN-Gremiums ausgehebelt wird.

In dem Leitartikel heißt es zunächst, die UNWGAD habe „eine wertvolle Rolle bei der Aufdeckung ungerechter und unangebrachter Inhaftierungen, vor allem von politischen Gefangenen, gespielt“, aber „ihr jüngstes Urteil, das morgen offiziell veröffentlicht werden soll und laut dem der WikiLeaks-Gründer Julian Assange willkürlich inhaftiert wurde, ist einfach nur falsch.“ Der Guardian erklärt kategorisch: „Er ist nicht willkürlich inhaftiert.“

Anfangs arbeitete Assange mit dem Guardian zusammen. Dieser veröffentlichte ausgewählte und redigierte Telegramme, die von WikiLeaks bekannt gemacht wurden. Das veröffentlichte Material dokumentierte amerikanische Kriegsverbrechen und Verschwörungen gegen die Weltbevölkerung. Doch kurz nachdem die Zeitung die Enthüllungen von WikiLeaks veröffentlicht hatte, wandte sie sich in bösartiger Weise gegen Assange und nimmt seither die führende Rolle bei den Versuchen ein, ihn zu verunglimpfen und seine Rückkehr nach Schweden wegen erfundener Vorwürfe sexuellen Missbrauchs zu fordern.

Der Guardian betreibt eine Hetzkampagne gegen Assange und rechtfertigt, dass jemandem seine Rechte vorenthalten werden, der noch keines Verbrechens angeklagt ist. Dabei greift er auf Lügen und Fälschungen zurück.

Um die Beurteilung der UN zu diskreditieren, gibt er einfach die Position der britischen und der schwedischen Regierung wieder und erklärt unbekümmert: „,Willkürliche Inhaftierung' bedeutet, dass rechtsstaatliche Verfahren missachtet wurden. Dies ist nicht der Fall. Es handelt sich um einen Publicity-Gag.“

Der Guardian erklärt widerwillig: „Es ist möglich, angesichts von Assanges Lage, Mitleid mit ihm zu haben.“ Und fügt dann hinzu: „Das heißt aber nicht, sein Recht zu akzeptieren, sich der Befragung durch Staatsanwälte wegen des Vorwurfs einer schweren Straftat zu entziehen.“

Das ist gelogen.

Assange hat sich nie einer Befragung zu den Vorwürfen gegen ihn entzogen. Wenn die Guardian-Autoren noch ein paar Stunden gewartet hätten, hätten sie lesen können, zu welch verheerenden Schlussfolgerungen die UN gekommen sind: „Assange wurde die Gelegenheit verweigert, eine Stellungnahme abzugeben. Hiermit wurde ihm der grundlegende Aspekt des Prinzips 'Gehört werde auch die andere Seite’ vorenthalten: der Zugang zu entkräftenden Beweisen und damit die Gelegenheit, sich gegen die Vorwürfe zu verteidigen.“

In Wirklichkeit war Assange gezwungen, in der ecuadorianischen Botschaft in London Asyl zu beantragen, wie es ihm nach internationalem Recht zusteht, um der Auslieferung nach Schweden und schließlich in die USA zu entgehen. Dort würde er einer herrschenden Elite in die Hände fallen, die bereits Forderungen formuliert hat, ihn als „Verräter“ hinzurichten. Im Urteil der UN heißt es dazu: „Wenn Assange den Schutz der Botschaft verlässt, verzichtet er auf seinen effektivsten und möglicherweise einzigen Schutz gegen die Auslieferung in die Vereinigten Staaten von Amerika.“

Die Autoren des Leitartikels des Guardian sehen sich gezwungen zuzugeben, dass Assange „immer argumentiert hat, er entziehe sich nicht der Ermittlung wegen Sexualdelikten, sondern der Auslieferung von Schweden an die USA. … Einiges deutet darauf hin, dass das amerikanische Justizministerium WikiLeaks im Visier hat: es wurde bestätigt, dass eine Grand Jury ermittelt. Dass noch keine Anklageschrift veröffentlicht wurde, bedeutet nicht, dass es keine gibt.“

Doch laut der Zeitung ist das letzten Endes bedeutungslos. Der Guardian beharrt: „...WikiLeaks wurde gegründet, um diejenigen zu entlarven, die gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen. Sein Chefredakteur sollte eigentlich seine Pflicht wahrnehmen, diesen Grundsatz zu wahren.“

Das sind beschämende Spitzfindigkeiten. Die Zusammenarbeit zwischen Großbritannien, Schweden und den USA mit dem Ziel, Assange, u.a. durch den Erlass eines Europäischen Haftbefehls (EuHB) ohne dass auch nur eine Strafanzeige vorläge, zum Schweigen zu bringen, repräsentiert die „rechtsstaatlichen Prinzipien“, denen sich Assange fügen soll. Bezeichnenderweise hat der Guardian keine Leitartikel darüber veröffentlicht, dass Schweden und Großbritannien das internationale Recht missachten, welches durch die Rechtsmeinung der UN repräsentiert wird.

Nach der Veröffentlichung des Spruchs des UN-Gremiums beauftragte der Guardian Marina Hyde, einen skurrilen Artikel zu verfassen. Sie ist die Tochter von Sir Alastair Edgcumbe James Dudley-William, dem zweiten Baronet der Stadt und der Gemeinde Exeter, Enkelin des konservativen Politikers Sir Rolf Dudley-Williams und Absolventin der Universität Oxford. Dieses intellektuelle Leichtgewicht schreibt Artikel über alle Themen von Sport bis hin zum geschmacklosen Lebensstil der Reichen und Berühmten.

Hydes Artikel ist eine zusammenhangslose Schimpftirade, in der sie über Assange und dem Spruch der UN so viel Schmutz ausschüttet, wie sie nur kann, in der Hoffnung, dass genug davon haften bleibt. Sie folgt getreulich der Ansage des britischen Außenministeriums: Das Urteil der UN „ändert nichts. Wir weisen die Behauptung, Julian Assange sei ein Opfer willkürlicher Inhaftierung, in vollem Umfang zurück.“

Hyde beklagt, dass die UN zu dem Ergebnis gekommen sind, Assange sei „willkürlich verhaftet und u.a. unter Hausarrest gestellt worden“, und dass das diplomatische Asyl, das ihm Ecuador gewährt hat, Großbritannien „dazu verpflichtet, Julian Assange freies Geleit zu geben…“

Unter Berufung auf ihre bis dahin unerkannten, doch scheinbar enzyklopädischen Kenntnisse des internationalen Rechts erklärt sie: „Allerdings stand er nie unter Hausarrest, in keinem Stadium der diversen juristischen Verfahren, in die er involviert war, war je irgendetwas willkürlich. Und Großbritannien ist nicht verpflichtet, diplomatisches Asyl anzuerkennen, das innerhalb seiner Grenzen von einem anderen Staat gewährt wurde.“

Hyde lässt sich von ihren eigenen Gehässigkeiten übermannen. Selbst die schwedische Regierung streitet nicht ab, dass Assange unter Hausarrest stand. Sie erklärte in ihrer eigenen Eingabe an die UN: Assange „wurden daraufhin bestimmte Einschränkungen auferlegt, u.a. Hausarrest.“ Punkt 24 von Urteil Nr.54/2015 betreffend Julian Assange (Schweden und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland).

Über den willkürlichen Charakter von Assanges Festnahme und Inhaftierung heißt es in dem Spruch der UN: „Der Menschenrechtsausschuss erklärte in seinem Allgemeinen Kommentar Nr. 35 zu Artikel 9: 'Eine Verhaftung oder Inhaftierung kann auch willkürlich sein, wenn sie durch inländisches Recht gedeckt ist. Der Begriff 'Willkür' ist nicht gleichzusetzen mit 'gesetzwidrig', sondern muss breiter ausgelegt werden, um die Elemente Unangemessenheit, Ungerechtigkeit, fehlende Vorhersehbarkeit und Rechtsstaatlichkeit, sowie Zumutbarkeit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit' zu berücksichtigen'“ (Hervorhebung hinzugefügt).

Hyde kritisiert das Urteil der UN, weil es nicht „auf die Argumentation der diversen Gerichte eingeht, die bereits viele der Argumente gegen die Auslieferung überdacht und abgelehnt haben…“

Sie sollte wissen, dass dies nicht der Zweck der Stellungnahme der UN war. Liora Lazarus, Dozent am St. Anne's College und außerordentlicher Professor für Jura an der Universität Oxford, erklärte zu der Meinung der UNWGAD: „Ihre Rolle ist eine andere als die eines nationalen- oder Landesgerichts, und sie gilt als unabhängiger und prägender Standard für die Bewertung nationaler Behörden. Ein Urteil der UNWGAD ist die stärkste Form der Bewertung einer willkürlichen Inhaftierung, die von einem Menschenrechtsgremium gefällt werden kann. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat erkannt, dass die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für willkürliche Inhaftierung 'angesichts der Zusammensetzung, Funktionen, Prozesse und Ermittlungsbefugnisse dieses Gremium als Instrument für internationale Ermittlungen und Schiedsverfahren im Rahmen von Artikel 35 der Konvention eingesetzt werden sollte'.“

Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Urteile diverser Gerichte lag nicht im Aufgabenbereich der UN-Arbeitsgruppe, aber dennoch äußert sie sich über den Europäischen Haftbefehl, aufgrund dessen Assange im Dezember 2010 verhaftet wurde: „Was die Legalität des EuHB angeht, so muss man feststellen, dass sich die innenpolitische Rechtslage in den zu entscheidenden Fragen seit der endgültigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs des Vereinigten Königreichs im Fall Assange dramatisch geändert hat. Das geschah unter anderem infolge des Missbrauchs des EuHB durch die schwedischen Justizbehörden, so dass einem Auslieferungsersuchen gegen Assange von Großbritannien nicht hätte stattgegeben werden dürfen.”

Weiter heißt es, die britische Regierung habe zum Fall Assange erklärt, diese Veränderungen gälten „nicht rückwirkend, daher kann er sich nicht auf sie berufen.“ Deswegen „beharrt sie auf einer Haltung, die dazu führt, dass seine Gefangenschaft in der ecuadorianischen Botschaft wahrscheinlich für unbeschränkte Zeit andauern wird.“

Lazarus schreibt, Assange habe „seine Entscheidung, Asyl zu beantragen und sich in die ecuadorianische Botschaft zu retten, erst getroffen, nachdem der Oberste Gerichtshof trotz zweier abweichender Meinungen zu Ungunsten Assanges entschieden hatte, dass ein EuHB auch von einem Staatsanwalt und nicht nur von einer juristischen Behörde erlassen werden könne, wie es das europäische und englische Recht vorschreibt.“ Diese Entscheidung könnte nach den Veränderungen, die vom britischen Parlament beschlossen wurden, so nicht mehr gefällt werden“ (Hervorhebung hinzugefügt).

Hyde behauptet: „Großbritannien ist nicht verpflichtet, diplomatisches Asyl anzuerkennen, das innerhalb seiner Grenzen von einem anderen Staat gewährt wurde.“ Wie Assanges Rechtsvertreter erklärten, heißt es in der UN-Entscheidung, Großbritannien habe sich „über das Gewohnheitsrecht und seine eigene Praxis hinweggesetzt, diplomatisches Asyl anzuerkennen.“

Schweden hat „diplomatisches Asyl seit langem als Teil des allgemeinen Völkerrechts anerkannt.“ In dem UN-Spruch heißt es: „1973 gewährte der schwedische Botschafter in Chile, Harald Edelstam, mehreren Chilenen und anderen Staatsbürgern, die von den Behörden [des Militärdiktators] Augusto Pinochet gesucht wurden, nicht nur diplomatisches Asyl in der schwedischen Botschaft, sondern auch sicheres Geleit nach Schweden.“

Der Massenmörder Pinochet wurde im Oktober 1998 in Großbritannien aufgrund eines internationalen Haftbefehls festgehalten, der von einem spanischen Richter beantragt wurde. Im Gegensatz zu Assange, der weder in Schweden noch in Großbritannien jemals wegen eines Verbrechens angeklagt wurde, verbrachte Pinochet seine Zeit in Großbritannien im Luxus und in der Gesellschaft von führenden Politikern wie der ehemaligen Premierministerin Margaret Thatcher. Zu Pinochets Anwälten gehörte Clare Montgomery, die Anwältin des Crown Prosecution Service, die sich später für Assanges Auslieferung einsetzte. Im Januar 2000 schritt Labour-Innenminister Jack Straw persönlich ein, um Pinochets Auslieferung zu verhindern. Stattdessen konnte er wegen seines schlechten Gesundheitszustandes nach Chile zurückkehren.

Hyde und der Guardian sind lediglich Resonanzböden für Assanges Ankläger in Schweden und Großbritannien, die durch ihre Missachtung des Spruchs der UN wieder einmal gegen internationales Recht verstoßen.

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