Obama belehrt Russland über den syrischen „Sumpf“

Auf einer Pressekonferenz, die nach dem zweitägigen Gipfeltreffen des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) in Kalifornien stattfand, wurde Obama nach den Absichten seiner Regierung in Bezug auf den eskalierenden Krieg in Syrien befragt.

Der Reporter griff die wachsende Kritik der Republikaner und von Teilen des amerikanischen außenpolitischen Establishments auf, als er fragte, ob Obama vom russischen Präsidenten Putin „überlistet“ worden sei. Der Reporter bemerkte, Russlands Militärintervention in Syrien habe dazu beigetragen, eine Wende zugunsten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und gegen die vom Westen unterstützten „Rebellen“ herbeizuführen. Er fragte, ob Washington seine „Militäraktionen“ zur Unterstützung der von Washington gestützten islamistischen Milizen „verstärken“ werde, falls die Stadt Aleppo der Offensive der Regierung zum Opfer fallen sollte.

Obamas Antwort war ein Ausbund an imperialistischer Heuchelei, Täuschung und historischer Fälschung. Der US-Präsident betonte: „Dies ist kein Wettkampf zwischen mir und Putin“, und bemühte sich dann zu beweisen, dass Putin nicht auf der Siegerstraße sei.

Obama insistierte: „Die Tatsache, dass Putin schließlich seine eigenen Truppen und seine eigenen Flugzeuge schicken und diese massive Militäroperation in Gang setzen musste, zeugt nicht von großer Stärke; es zeugt vielmehr von der Schwäche der Position Assads.“

Er fuhr fort: „Wenn jemand stark ist, dann muss man keine Truppen schicken, um seinen Verbündeten zu unterstützen. Dann besitzt er Legitimität in seinem Land und kann alleine zurechtkommen, und dann hat man gute Beziehungen zu ihm. Die Armee schickt man, wenn das Pferd, auf das man gesetzt hat, nicht erfolgreich ist. Und genau das ist passiert.“

Das Ergebnis ist dann, argumentierte er weiter, dass Russland sich in einem „Sumpf“ wiederfindet und gezwungen ist, in „eine dauerhafte Besetzung Syriens“ zu investieren. Das wäre angesichts des Zustands seiner Wirtschaft „nicht das Beste für Russland“.

Man fühlt sich gedrängt, zu fragen: wer ist Obama, dass er meint, Putin belehren zu müssen? Aber letztendlich muss man einräumen: wenn jemand weiß, wovon er spricht, wenn es um „Sumpf“ und dauerhafte Besetzungen geht, dann ist es der Präsident der Vereinigten Staaten.

Erst im letzten Oktober hat Obama sein Versprechen gebrochen, sämtliche US-Truppen vor dem Ende seiner Amtszeit im Januar 2017 aus Afghanistan abzuziehen. Fast 15 Jahre, nachdem die USA 2001 in das Land einmarschiert sind, bleiben Zehntausende von US-Soldaten dort stationiert. US-Kommandeure haben angedeutet, sie könnten angesichts des wachsenden Aufstands gegen das von Washington eingesetzte Marionetten-Regime eine Anhebung der Truppenstärke fordern. Das Regime in Kabul, das kann man mit Fug und Recht behaupten, verfügt über keine Legitimität und bleibt nur an der Macht, weil US-Truppen es stützen.

Dasselbe gilt für den Irak, in den die USA 2003 einmarschiert sind, dessen Regierung sie gestürzt, dessen Gesellschaft sie zerstört und dabei schätzungsweise eine Million Männer Frauen und Kinder getötet haben. Ungefähr 4000 Soldaten sind in den Irak zurückgekehrt, nachdem die Marionettenstreitkräfte, die von den USA mit ca. 24 Milliarden Dollar finanziert und ausgebildet wurden, im Juni 2014 angesichts der Offensive des IS auf schmachvolle Weise kollabiert sind. Die Zahl der US-Soldaten soll noch weiter steigen. Die 2.500, die jenseits der Grenze in Kuwait stationiert sind und die zirka 7000 Mann von privaten Sicherheitsunternehmen sind noch nicht einmal mitgezählt.

Und was ist mit Libyen? Seine säkulare Regierung wurde von Washington und seinen Verbündeten im Nato-Krieg von 2011 gestürzt. Dabei wurden Zehntausende Zivilisten getötet, der Führer des Landes, Muammar al-Gaddafi, ermordet und Libyen in einem Zustand von andauerndem Chaos und Bürgerkrieg sich selbst überlassen. Auf der Pressekonferenz am Dienstag wurde Obama von einem anderen Reporter gefragt, ob ein weiteres „militärisches Eingreifen in Libyen notwendig sein wird“. Obama schloss das nicht aus und betonte, Washington „wird auch weiterhin handeln, wenn wir eine eindeutige Operation und ein deutliches Ziel vor Augen haben“.

Wenn es im Nahen Osten einen „Sumpf“ gibt, dann wurde er von Washington als Ergebnis von endlosen Kriegen für Regimewechsel geschaffen, die darauf abzielen, die amerikanische Vorherrschaft über die Region und ihre riesigen Energieressourcen zu erzwingen. Syrien ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Prozesses.

Obama heuchelte tiefe Besorgnis über das Schicksal des syrischen Volks und betonte, Washington werde bei seinem Vorgehen von dessen Wohl und nicht von irgendwelchen schmutzigen imperialistischen Intrigen geleitet. Er erklärte. „Die Frage ist, wie können wir das Leid beenden, die Region stabilisieren, diese massive Auswanderung von Flüchtlingen stoppen, denen es so schlecht geht? Wie die Gewalt und die Bombardierungen von Schulen und Krankenhäusern sowie von unschuldigen Zivilisten beenden und aufhören, sichere Rückzugsorte für den IS zu schaffen?“

Während Obama sprach, wurde aus Syrien berichtet, dass ein US-Kampfflugzeug eine Bäckerei in einer syrischen Stadt in der Nähe des Irak beschossen hat und 15 Menschen getötet wurden, als sie am frühen Morgen um Brot anstanden. Moskau hat inzwischen die Vorwürfe zurückgewiesen, es sei für die Bombardierungen von Schulen und Krankenhäusern am Vortag verantwortlich, und die syrische Regierung hat amerikanische Angriffe für die meisten Opfer verantwortlich gemacht.

Gleich, wie viele zivile Opfer die amerikanischen oder die russischen Bombenangriffe gefordert haben: unbestreitbar ist die Tatsache, dass das Leiden des syrischen Volks das Ergebnis einer gemeinsamen Kampagne der USA, der Nato und von Washingtons Verbündeten im Nahen Osten ist, die Assad-Regierung zu stürzen und ein Marionetten-Regime zu errichten, das den Interessen des Westens besser dient.

Zu diesem Zweck wurde eine umfangreiche Operation in Gang gesetzt, in der die CIA zusammen mit Saudi Arabien, Katar und der Türkei islamistische Milizen, die Verbindungen zu Al Quaida haben, finanziert und bewaffnet hat. Zehntausende von ausländischen Kämpfern wurden nach Syrien geschleust, um einen spalterischen Krieg zum Sturz der Regierung zu führen. Das Ergebnis dieses kriminellen Unternehmens ist der Tod von ca. 300.000 Syrern und 11 Millionen Menschen, die zu heimatlosen Flüchtlingen gemacht wurden.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass Russland im Sumpf des Nahen Ostens in eine Falle gerät, die durch Jahrzehnte US-amerikanischer militärischer Aggressionen geschaffen wurde. Die Putin-Regierung repräsentiert die Interessen der kapitalistischen Oligarchie, die aus der kriminellen Aneignung von staatlichem Eigentum nach der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie entstanden ist. Sie greift in Syrien nicht aus selbstloser Sorge um die syrische Bevölkerung ein, sondern wegen der ureigensten Interessen der Oligarchie.

Sie befürchtet, dass der Sturz Assads durch die von den USA unterstützen Islamisten, Moskau nicht nur seines einzigen engen Verbündeten im Nahen Osten berauben würde, sondern auch den Weg, für ein noch forcierteres Vorgehen ebnen würde, um die russische Föderation zu isolieren, zu schwächen und schließlich zu zerstückeln. Eine US-Marionette in Damaskus würde den Weg frei machen für Pipeline-Trassen für Gas aus Katar und saudisches Öl nach Europa, was die Grundlage der russischen Wirtschaft untergraben würde. Gleichzeitig könnten die islamistischen Kräfte, die jetzt in Syrien eingesetzt werden, in den Nordkaukasus verlegt werden und den Unmut der lokalen Bevölkerung über die Unterdrückung durch Moskau ausschlachten.

Obama riet der russischen Regierung, es sei „klüger“, mit „den Vereinigten Staaten und anderen Teilen der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, um zu versuchen, irgendeine Art von politischem Machtwechsel auszuhandeln“. In Wirklichkeit hat die Putin-Regierung versucht, ein solches Übereinkommen zu erzielen. Washington ist jedoch entschlossen, derartige Verhandlungen zu benutzen, um den Regimewechsel durchzusetzen, den es durch den Stellvertreterkrieg nicht erreichen konnte. Sie stellt die islamistischen Milizen ständig als „gemäßigte Opposition“ dar.

Währenddessen wächst in Syrien weiterhin die Gefahr einer umfassenden militärischen Konfrontation zwischen den USA und Russland, den beiden größten Atomwaffenmächten der Welt. Die Türkei und Saudi-Arabien versuchen bereits, einen solchen Zusammenstoß zu provozieren, um ihre eigenen regionalen und innenpolitischen Interessen voranzubringen.

Was immer die unmittelbaren taktischen Überlegungen der Obama-Regierung sein mögen, der US-Imperialismus wird durch die Rückschläge, die er in Syrien erlitten hat und, noch viel grundlegender, durch die zunehmende Krise des amerikanischen Kapitalismus, zu immer brutaleren und rücksichtsloseren Aggressionen und militärischer Gewalt getrieben.

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