USA verurteilen Stationierung chinesischer Raketen im Südchinesischen Meer

Am Mittwoch haben sich die Spannungen zwischen Washington und Peking im Südchinesischen Meer deutlich verschärft. Fox News berichtete, das chinesische Militär habe scheinbar hochmoderne Boden-Luft-Raketen vom Typ HQ-9 auf Woody Island, einer Insel der Paracelsus-Gruppe, stationiert. Die Behauptung wurde von den amerikanischen und internationalen Medien schnell übernommen und benutzt, um der chinesischen Regierung vorzuwerfen, ihre Inseln im Südchinesischen Meer „zunehmend zu ,militarisieren‘“.

Ein anonymer Vertreter der US-Regierung erklärte gegenüber der New York Times, das Pentagon habe Beweise, dass HQ-9-Raketenbatterien auf der Insel stationiert seien. Dasselbe behauptete das taiwanesische Verteidigungsministerium. Das chinesische Verteidigungsministerium bestätigte die Stationierung der Raketen zwar nicht, erklärte aber, dass seine Marine und Luftwaffe „seit vielen Jahren“ Kräfte auf den Paracelsus-Inseln stationiert hätten.

Der chinesische Außenminister Wang Yi erklärte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz, er habe gerade erst von den Meldungen erfahren, betonte aber, Chinas „beschränkte und notwendige Selbstverteidigungsanlagen“ auf seinen Inseln im Südchinesischen Meer stünden im Einklang mit dem Völkerrecht. Er erklärte pointiert: „Der Verzicht auf Militarisierung liegt zwar sicher im Interesse aller Parteien, aber er sollte nicht auf ein einziges Land beschränkt bleiben.“

Seit letztem Oktober stellen die USA Chinas Ansprüche in dem Meeresgebiet direkt durch die Entsendung von Kriegsschiffen und Militärflugzeugen in die Zwölf-Meilen-Zone um Inseln in Frage, die von China verwaltet werden. Am 30. Januar drang der Zerstörer USS Curtis Wilbur in die Gewässer um Triton Island in der Paracelsus-Inselgruppe ein.

US-Außenminister John Kerry sprach sich am Mittwoch erneut gegen eine „Militarisierung“ des Südchinesischen Meeres aus und fügte hinzu: „Allerdings stoßen wir jeden Tag auf Beweise, dass die Militarisierung in der einen oder anderen Form verstärkt wird. Wir machen uns darum ernste Sorgen.“ Er äußerte die Erwartung, „dass wir in denen nächsten Tagen erneut ernsthaft [mit den Chinesen] darüber sprechen werden.“

In den letzten fünf Jahren hat die Obama-Regierung die seit langem bestehenden Streitigkeiten um Seegebiete in der Region bewusst in einen gefährlichen globalen Krisenherd verwandelt. Washington nutzt die Spannungen aus, um engere militärische Beziehungen zu den Mitgliedsstaaten des Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN) aufzubauen und seine eigene militärische Aufrüstung als Teil des „Pivot to Asia“ gegen China zu rechtfertigen.

Präsident Barack Obama forderte am Dienstag nach einem zweitägigen Gipfeltreffen mit den ASEAN-Staaten in Kalifornien „handfeste Schritte zur Verringerung der Spannungen im Südchinesischen Meer.“ Er wiederholte die Forderungen der USA nach einem „Stopp weiterer Landgewinnungsarbeiten, neuer Bauvorhaben und der Militarisierung.“ Obama kündigte zudem weitere militärische Provokationen gegen Chinas Gebietsansprüche an: die USA würden „weiterhin überall hinfliegen, hinfahren und operieren, wo es uns das Völkerrecht erlaubt, und wir werden das Recht aller Länder unterstützen, dasselbe zu tun.“

Die chinesische Führung hat auf den amerikanische „Pivot to Asia“ einerseits mit Versuchen reagiert, Washington zu beschwichtigen. Andererseits beteiligt sie sich an einem gefährlichen Wettrüsten, das nur in einer Katastrophe für die chinesische und die internationale Arbeiterklasse enden kann. Der Hauptverantwortliche für diesen Kriegskurs ist jedoch der US-Imperialismus. Er benutzt seine militärische Stärke rücksichtslos, um seine Vorherrschaft in Asien und der Welt zu behalten.

Letzten Monat veröffentlichte die Washingtoner Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS) eine ausführliche Analyse, die vom Verteidigungsministerium in Auftrag gegeben worden war. Sie kann nur als Masterplan für einen Krieg gegen China verstanden werden. Darin wurde Pekings zunehmende „Risikotoleranz“ gegenüber Washingtons provokantem „Pivot to Asia“ beklagt - mit anderen Worten, es wurde beklagt, dass China sich nicht den Forderungen der USA unterwirft. Das Papier riet zu einer starken militärischen Expansion in Asien, nicht nur seitens der USA, sondern auch aller ihrer Verbündeten und strategischen Partner.

Unabhängig davon, ob die Behauptungen über die Raketen wahr sind, wirkt der Bericht von Fox News selbst wie eine Provokation, die von Teilen des amerikanischen Militär- und Geheimdienstapparats ausgekocht wurde. Dieser kritisiert die Obama-Regierung, weil sie ihre militärische Stärke nicht aggressiv genug zum Tragen bringt. Der Bericht basiert auf zwei hochauflösenden Satellitenbildern von Woody Island, die von dem israelischen Unternehmen ImageSat stammen. Dieses bezeichnet sich als kommerziellen Lieferanten für „Regierungen und ihre Streitkräfte zu Zwecken der nationalen Sicherheit und der Aufklärung.“

Der Vorsitzende des US Pacific Command, Admiral Harry Harris, erklärte, es würde ihn nicht überraschen, wenn China Raketenbatterien auf den Paracelsus-Inseln stationiert hat – allerdings würde es ihn „sehr beunruhigen.“ Er warnte: „Wir werden im Laufe der Zeit weitere und komplexere Operationen im Südchinesischen Meer durchführen, um die Freiheit der Schifffahrt zu sichern. Wir haben nicht die Absicht, damit aufzuhören.“

Harris hatte China letztes Jahr vorgeworfen, es baue eine „Große Mauer aus Sand“ im Südchinesischen Meer. Er hatte das Weiße Haus zu einem härteren Vorgehen gedrängt. Im Mai durfte ein Nachrichtenteam von CNN an Bord eines Aufklärungsflugzeugs vom Typ P8-A Poseidon mitfliegen, das einen Überwachungsflug über die von China verwalteten Spratly-Inseln durchführte. Das Team lieferte eindringliches Videomaterial über Chinas Landgewinnungsaktivitäten.

Ein Großteil der Berichterstattung über die Raketen ist übertrieben und bewusst irreführend. Die Paracelsus-Inseln und die Spratly-Inseln werden in einen Topf geworfen, Bilder von chinesischen Raketen werden zusammen mit Fotos von Landgewinnungsarbeiten auf den Spratly-Inseln gezeigt, und die Geschichte der Streitigkeiten im Südchinesischen Meer wird entweder ignoriert oder verzerrt.

Im Gegensatz zu den Spratly-Inseln, auf denen China erst seit relativ kurzer Zeit aktiv ist, hat es Woody Island bereits 1956, d.h. vor 60 Jahren, besetzt. 1974 hat China den Rest der Paracelsus-Inseln besetzt, die bis dahin von Südvietnam kontrolliert wurden. Nordvietnam erkannte damals die Souveränität Chinas über die Paracelsus-Inseln an. Seit 1982 bestreitet Vietnam den Anspruch Chinas auf die Inseln, nachdem es 1979 zum Krieg zwischen den beiden Ländern gekommen war.

Woody Island ist die größte der Paracelsus-Inseln und wird von China als Verwaltungssitz benutzt. Wie die Analystin Mira Rapp-Hooper vom CSIS einräumen musste, hat Präsident Xi Jinping Obama zwar zugesagt, die Spratlys nicht zu militarisieren, allerdings hat er nichts über die Paracelsus-Inseln gesagt. Tatsächlich unterhält das chinesische Militär seit langem eine kleine Garnison auf Woody Island und hat Kampfflugzeuge auf dem Flugfeld der Insel stationiert. Rapp-Hooper wies darauf hin, dass China bereits in der Vergangenheit Flugabwehrraketen auf den Paracelsus-Inseln stationiert hatte.

Woody Island, eine der nördlichsten der Paracelsus-Inseln, ist weniger als 300 Kilometer von wichtigen chinesischen Marinebasen auf Hainan direkt vor dem chinesischen Festland entfernt. Diese Nähe zeigt den wahren Zweck der amerikanischen Operationen zur „Sicherung der Freiheit der Schifffahrt“: es will das „Recht“ der USA durchsetzen, fast überall außerhalb der Zwölf-Meilen-Zone vor der chinesischen Küste Kriegsschiffe zu stationieren.

Diese Operationen liegen auf einer Linie mit dem AirSea-Battle-Konzept des Pentagon für einen Krieg gegen China. Dieses Konzept sieht massive Luft- und Raketenangriffe ausgehend von Basen, U-Booten und Flugzeugträgern im Westpazifik vor. Ziel ist die Zerstörung von Chinas militärischer, industrieller und der Kommunikationsinfrastruktur. Ein solcher Blitzkrieg würde ergänzt durch eine auf geographische Engpässe in Südostasien konzentrierte Seeblockade des Zugangs zum Südchinesischen Meer, um China die wichtigen Energie- und Rohstoffimporte aus Afrika und dem Nahen Osten abzuschneiden.

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