Perspektive

Das australische Verteidigungsweißbuch und die wachsende Kriegsgefahr

Letzte Woche veröffentlichte die australische Regierung ihr Weißbuch zur Verteidigungspolitik (Defence White Paper). Sein Inhalt ist eine weitere Warnung, dass der weltweite Zusammenbruch des Kapitalismus die Menschheit in die Katastrophe eines dritten Weltkrieges treibt.

Das Dokument basiert auf der Behauptung, Australien sei als wichtiger strategischer Verbündeter der USA durch Chinas Bestrebungen bedroht, seinen Einfluss in Asien und der Welt auszubauen. Es verpflichtet Australien zu einer militärischen Konfrontation mit Peking unter Führung der USA und spricht dabei von der Wahrung der „auf Regeln basierenden Weltordnung“. Damit ist gemeint, dass die USA und ihre Verbündeten trotz unlösbarer Wirtschaftskrisen und geopolitischer Unruhe weiterhin in der Lage sein sollten, im Interesse ihrer Finanz- und Wirtschaftseliten die international gültigen Regeln zu diktieren. Der australische Imperialismus hat sich dem amerikanischen Kriegskurs angeschlossen, um seine eigenen wirtschaftlichen und strategischen Interessen nicht nur in seinem unmittelbaren Einflussgebiet im Südwestpazifik zu vertreten, sondern auch im Rest von Asien und weltweit.

Australien wurde auf Kriegskurs gegen China gebracht. Die Militärausgaben werden auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht, um einen massiven Ausbau der Streitkräfte des Landes zu finanzieren. In den nächsten zehn Jahren sollen 195 Milliarden Dollar für neue U-Boote, Kampfflugzeuge und weiteres Kriegsgerät aufgewandt werden. Der einzige Zweck dieser Anschaffungen ist es, das australische Militär besser für die Teilnahme am „AirSea Battle“-Konzept des Pentagon auszurüsten. Dieses Konzept sieht verheerende Luft- und Raketenangriffe auf das chinesische Festland sowie eine Seeblockade vor, die die chinesische Wirtschaft abwürgen soll. Es ist ein offenes Geheimnis, dass das US-Militär für einen Konflikt mit einem großen Rivalen wie China auch einen gleichzeitigen umfassenden Einsatz von Atomwaffen plant.

Mit anderen Worten: die australische Regierung unterstützt die Vorbereitung eines nuklearen Holocaust. Doch die offizielle australische Politik befindet sich in einem so verkommenen Zustand, dass kein einziger Politiker, Medienkommentator oder eine Person des öffentlichen Lebens vorgetreten ist, um auf die Rechtswidrigkeit und den Wahnsinn dieses Vorhabens hinzuweisen, geschweige denn dagegen zu kämpfen. Die australischen Medien erwähnen mit keinem Wort die zweifellos hinter den Kulissen angestellten militärischen Berechnungen, wie viele Millionen Australier, Chinesen, Amerikaner etc. dabei getötet würden. Die Zahl der potenziellen Auslöser für eine solche Katastrophe wächst. Die USA und ihre regionalen Verbündeten stellen Chinas Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer infrage, die Lage auf der koreanischen Halbinsel ist höchst angespannt und im Ostchinesischen Meer verstärken sich die chinesisch-japanischen Spannungen.

Das gesamte politische Establishment unterstützt die zentrale Stoßrichtung des Weißbuchs. Die einzige Kritik der oppositionellen Labor Party ist, dass die konservative Koalitionsregierung sich Washingtons Provokationen noch nicht angeschlossen und ebenfalls Kriegsschiffe in Hoheitsgewässer um von China kontrollierte Inseln im Südchinesischen Meer geschickt hat. Die Grünen äußern lediglich Bedenken, dass die Höhe der Militärausgaben die Rückkehr zu einem Haushaltsüberschuss verzögern könnte.

Die pseudolinke Organisation Socialist Alternative, die Widerstand gegen die neokoloniale Intervention in Syrien unter Führung der USA als „reflexartigen Antiimperialismus“ verurteilte, spielt die Kriegsgefahr bewusst herunter. Seit sich die ehemalige Labor-Regierung 2011 hinter die amerikanische „Orientierung auf Asien“ („Pivot to Asia“) gestellt hat, betreibt die gesamte Pseudolinke ein Schweigekomplott, um das amerikanische Militäraufgebot in der Region und in Australien zu verschleiern und die Entwicklung einer Antikriegsbewegung unter Arbeitern und Jugendlichen zu verhindern.

Die Socialist Equality Party (SEP), die australische Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), ist die einzige Partei, die die Arbeiterklasse durch ständige Analysen auf der World Socialist Web Site, öffentliche Veranstaltungen und Wahlkämpfe vor der Gefahr eines Krieges gewarnt hat.

Die Veröffentlichung des australischen Weißbuchs beweist die Richtigkeit der Analyse des IKVI in seiner Erklärung „Sozialismus und der Kampf gegen Krieg“. Darin heißt es: „Die Kriegstreiberei ist eine Verschwörung der kapitalistischen Eliten. Sie wird auf den höchsten Ebenen von Regierung, Militär und Geheimdiensten, von der Konzern- und Finanzoligarchie und den reaktionären Medien betrieben, und das ohne auch nur den Anschein einer demokratischen Debatte.“

Der militaristische Agenda, die im Weißbuch dargelegt wird, ist unvereinbar mit den demokratischen und sozialen Rechten der Arbeiterklasse. Der Ausbau der Streitkräfte wird durch verheerende Ausgabenkürzungen im Gesundheits- und Bildungswesen sowie bei anderen wichtigen Sozialleistungen finanziert werden.

Es wird sich massiver Widerstand gegen den Sparkurs und den Wahnsinn des Krieges bilden. Deshalb versucht die australische herrschende Klasse, die Bevölkerung zu konditionieren. Sie wendet riesige Mittel auf, um durch Hetze gegen Flüchtlinge Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus zu schüren. Gleichzeitig propagiert sie durch ihre Verherrlichung der Taten des australischen Imperialismus im Ersten Weltkrieg einen engstirnigen Patriotismus. Unter dem Deckmantel des „Kriegs gegen den Terror“ bereitet sie außerdem Polizeistaatsmethoden vor, um jeden Widerstand zu unterdrücken.

In allen imperialistischen Zentren in Nordamerika, Japan und Europa herrscht eine mehr oder weniger ähnliche Lage wie in Australien. Überall reagiert die Kapitalistenklasse mit Militarismus auf ihre Krisen. Der betrügerische „Krieg gegen den Terror“ wurde als Rechtfertigung für die Zerstörung ganzer Länder und Regionen benutzt – von Afghanistan und dem Irak über den Nordwesten Pakistans und den Jemen bis hin zu Libyen und Syrien – und brachte unaussprechliches Leid über deren Bevölkerungen. Jetzt wird die angebliche „Bedrohung“ durch Russland und China ausgenutzt, um neue Kriege vorzubereiten und so die weltweite Vormachtstellung der USA und ihrer Verbündeten zu sichern. Die nationalistische Haltung und die Aufrüstung der Regimes in Moskau und Peking, die korrupte kapitalistische Oligarchien vertreten, erhöht die Kriegsgefahr noch zusätzlich.

Leo Trotzki schrieb vor mehr als einem Jahrhundert, der Erste Weltkrieg repräsentiere „den größte[n] Zusammenbruch eines an seinen eigenen Widersprüchen zugrunde gehenden ökonomischen Systems, den die Geschichte kennt“. Heute bedroht der Kampf zwischen rivalisierenden kapitalistischen Eliten und verfeindeten Nationalstaaten um Profitquellen erneut das Überleben der menschlichen Zivilisation.

Doch genau diese Widersprüche liefern auch die Impulse für die größte revolutionäre Bewegung der internationalen Arbeiterklasse der Geschichte. Die Arbeiter in Australien, den USA, Japan, China und Russland sowie im Rest der Welt werden sich nicht widerstandslos in den Strudel von Kriegen und Katastrophen ziehen lassen. Sie haben Klasseninteressen, für die sie kämpfen werden. Die wichtigste Aufgabe ist die Entwicklung der notwendigen revolutionären Führung der Arbeiterklasse im Kampf zum Sturz des Kapitalismus und seines veralteten Nationalstaatensystems sowie zum Aufbau des weltweiten Sozialismus.

Das IKVI ist diese Führung. In seiner Erklärung „Sozialismus und der Kampf gegen Krieg“ erläutert es die historisch abgeleiteten und bestätigten Prinzipien, die die wesentliche Grundlage für die Bündelung der immensen sozialen Stärke der Arbeiterklasse in einer internationalen Massenbewegung gegen Krieg darstellen. Arbeiter und Jugendliche in Australien und im Rest der Welt sollten die Erklärung so weit wie möglich verbreiten und diskutieren. Sie sollten den Sektionen des IKVI beitreten und für eine sozialistische und internationalistische Perspektive kämpfen.

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