Perspektive

Obamas Kriegsgipfel in Europa

US-Präsident Barack Obama beendete seine sechstägige Reise nach Saudi-Arabien, Großbritannien und Deutschland am Montag mit einem Mini-Kriegsgipfel in Hannover. Außer ihm selbst nahmen an dem Treffen Bundeskanzlerin Angela Merkel, der britische Premierminister David Cameron, der französische Präsident Francois Hollande und der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi teil.

Obama nutzte die Gelegenheit, um eine deutliche Verschärfung der US-Intervention im Nahen Osten bekanntzugeben. Die Zahl der Spezialkräfte soll durch die Entsendung von 250 weiteren Soldaten von derzeit 50 versechsfacht werden. Zuvor wurde bereits die Truppenstärke im Irak erhöht und der Einsatz amerikanischer Apache-Kampfhubschrauber bewilligt.

Die Eskalation in Syrien ist Teil des „Plan B“ des Weißen Hauses, der in Kraft treten soll, sobald das brüchige Abkommen über die Einstellung der Kampfhandlungen im Land als gescheitert gilt. Der Plan sieht vor, dass die CIA zusammen mit Washingtons reaktionären Verbündeten Saudi-Arabien und den anderen Golf-Scheichtümern in großem Stil neue Waffen, darunter Boden-Luft-Raketen, an die al-Qaida-nahen islamistischen Milizen liefern, die im Regimewechsel-Krieg in Syrien de facto als Stellvertretertruppen des Westens fungieren.

Der US-Präsident erklärte seinen europäischen Amtskollegen, sie dürften nicht mehr länger „selbstzufrieden“ sein und müssten ihre eigenen Streitkräfte für Interventionen im Nahen Osten, Nordafrika und gegen Russland in Osteuropa aufbauen.

Dieser Appell scheint sich mit der Politik zu decken, die Washingtons Nato-Verbündete ohnehin schon verfolgen. Die Vorbereitungen Großbritanniens, Frankreichs und Italiens für eine weitere imperialistische Intervention im ölreichen Libyen sind bereits weit fortgeschritten. Sie haben ein Marionettenregime zusammengeschustert, das formell um eine ausländische Intervention in dem Land bitten kann, das bereits durch den Nato-Krieg vor fünf Jahren zerstört wurde.

Obamas Gastgeberin, Kanzlerin Merkel, erklärte stolz „Wir sind bereit und willens, uns weiter militärisch zu engagieren.“ Sie erwähnte die Beteiligung der Bundeswehr an den Interventionen in Afghanistan, dem Irak und Mali. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Obama erklärte sie: „Wir kennen die Ziele, die die Nato uns vorgibt […]. Ich glaube, dass die ganze Aufstellung der Bundeswehr inzwischen die internationale Verantwortung voll reflektiert.“

Siebzig Jahre nach dem Untergang Hitler-Deutschlands ist der deutsche Militarismus wieder zurück, und Washington unterstützt ihn leichtfertig.

Obamas öffentliche Äußerungen in Deutschland wirkten wie eine Abschiedsrede. Seine Amtszeit ist in kaum neun Monaten vorbei. Dennoch bezeichnete er seine fast 50-minütige Rede am Montag anmaßend als eine „Rede an die Völker Europas.“

Obamas stellvertretender nationaler Sicherheitsberater Ben Rhodes beschrieb Obamas Rede in Hannover vor einer Gruppe von Geschäftsleuten als „Gegenstück“ zu einer Rede, die er im Sommer 2008 während seines Präsidentschaftswahlkampfs in Berlin gehalten hatte. Damals waren fast 200.000 Menschen in den Berliner Tiergarten geströmt, um ihm zuzujubeln. Sie hatten damals die naive Hoffnung gehegt, Obamas Präsidentschaft würde ein Ende der Angriffskriege, Folter und Kriminalität bringen, die so charakteristisch für die acht Jahre der Bush-Regierung waren.

Dies war vermutlich der Höhepunkt der sogenannten „Obamamania“, die zahllose Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks begeisterte. Der junge Senator Obama war noch eine unbekannte politische Größe und inszenierte sich zynisch als Garant für „Hoffnung und Wandel“. Seine Hautfarbe sollte der Beweis für seine angebliche Sympathie für die Unterdrückten und für die Ablehnung von Krieg sein.

Eine wichtige Rolle in dieser Kampagne spielten diverse Elemente der Pseudolinken in den USA und Europa. So bezeichnete die amerikanische International Socialist Organization seinen Wahlsieg als „Wendepunkt“, die deutsche Linkspartei lobte ihn 2008 für seine Rede im Tiergarten. Diese Kräfte bemühten sich, die Antikriegsstimmung vor den Karren des Demokratischen Kandidaten zu spannen; sein Wahlsieg ermöglichte es ihnen dann, offen imperialistische Kriege zu unterstützen

Die World Socialist Web Site hingegen beschrieb die Rede als „Muster an reaktionärem Antikommunismus aus dem Kalten Krieg“ und als „Versuch, dem amerikanischen imperialistischen Militarismus, dem so genannten globalen "Krieg gegen den Terror", einen neuen Rahmen zu stecken.“

Weiter erklärte die WSWS, Obama habe der deutschen und europäischen Bourgeoisie eine bessere Zusammenarbeit angeboten und erkennen lassen, dass sie im Gegenzug für „ihre Hilfe bei der Rettung der neokolonialen Abenteuer Amerikas in Afghanistan und anderswo einen größeren Anteil an der Beute erwarten könne.“ Der amerikanischen herrschenden Elite signalisierte die Rede Obamas Entschlossenheit, als Präsident die globale Vorherrschaft des US-Imperialismus zu verteidigen.

Fast acht Jahre später sprach Obama vor den „Völkern Europas“ als militärischer Oberbefehlshaber, der den Krieg in Afghanistan fortgesetzt und weitere Militärinterventionen im Irak und Syrien begonnen hat. Als Präsident setzte er das US-Militär in einem Regimewechsel-Krieg in Libyen ein, der das Land zerstörte. Er unterstützte Saudi-Arabien bei seinem Angriff auf den Jemen, der die Bevölkerung an den Rand einer Hungersnot gebracht hat. Und er hat persönlich ein weltweites Drohnenmordprogramm geleitet, dem tausende von unschuldigen Zivilisten zum Opfer gefallen sind.

Die Gefahr, dass diese diversen Konflikte einen neuen Weltkrieg auslösen, wächst stetig. Das Pentagon inszeniert im Rahmen seines „Pivot to Asia“ immer schärfere Provokationen gegen China, während die USA und die Nato eine aggressive Aufrüstung an der russischen Grenze betreiben.

Bei der Wahl von Obamas Nachfolger fällt auf, dass die beiden großen Parteien, ihre Kandidaten und die Mainstreammedien die wachsende Gefahr eines Weltkriegs nahezu vollständig ausblenden.

Die demokratische Spitzenkandidatin Hillary Clinton, die auch die bevorzugte Kandidatin des amerikanischen Militär- und Geheimdienstkomplexes ist, wurde von der New York Times letzte Woche lobend als „der letzte verbliebene Falke“ im Rennen um die Präsidentschaft bezeichnet. Der republikanische Spitzenkandidat Donald Trump fordert eine deutliche Erhöhung der Militärausgaben und die Wiedereinführung der Folter.

Clintons demokratischer Herausforderer Bernie Sanders spricht sich bei all seinem Gerede von „demokratischem Sozialismus“ und „politischer Revolution“ nicht gegen den amerikanischen Militarismus aus. Zudem hat er angekündigt, er werde Clinton unterstützen, wenn sie die Nominierung gewinnen sollte.

Die Socialist Equality Party hat ihren Wahlkampf für 2016 begonnen. Ihre Kandidaten Jerry White (Präsident) und Niles Niemuth (Vizepräsident) werden das Schweigekomplott der kapitalistischen Parteien durchbrechen und die Kriegsgefahr zum wichtigsten Thema für die arbeitende Bevölkerung Amerikas machen. Ihr Wahlkampf dient vor allem dem Aufbau einer internationalen Antikriegsbewegung. Diese muss von der Arbeiterklasse ausgehen und sich gegen das kapitalistische System richten, das die Ursache für Militarismus und Krieg bildet.

Die Lehren aus Obamas Präsidentschaft sind wichtig. Arbeiter und Jugendliche können nur dann erfolgreich gegen Krieg kämpfen, wenn sie ihre Stärke unabhängig von, und gegen die Demokratische Partei und das kapitalistische Zweiparteiensystem organisieren. Gleichzeitig muss diese Bewegung international sein und die Arbeiterklasse über alle nationalen Grenzen hinweg in einem gemeinsamen Kampf gegen den Imperialismus und für den Sozialismus vereinen.

Aus diesem Grund veranstaltet das Internationale Komitee der Vierten Internationale am Sonntag, dem 1. Mai um 19 Uhr eine Internationale Online-Maikundgebung. Wir rufen alle Leser der WSWS dazu auf, am International May Day teilzunehmen! Meldet euch noch heute an! Informiert Eure Freunde und Kollegen. Und macht die Kundgebung über Facebook oder andere soziale Medien bekannt.

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