Was ist der Grund für Trumps Erfolg unter den Bergarbeitern in West Virginia?

Donald Trump veranstaltete am Donnerstag eine große Kundgebung in Charleston, West Virginia. Es war die erste Wahlkampfveranstaltung seit als sicher gilt, dass der milliardenschwere Demagoge Präsidentschaftskandidat der Republikaner wird. Genau wie in mehreren „Rust Belt“-Staaten im mittleren Westen versuchte Trump auch hier die Frustration und die Notlage u.a. der Kohlebergarbeiter auszunutzen, die unter den Folgen der Wirtschaftskrise leiden.

Seit 2013 haben in West Virginia mehr als 11.000 Bergarbeiter ihre Arbeitsplätze verloren, alleine im letzten Jahr sank die Zahl der Arbeitsplätze in der Holzgewinnung und im Bergbausektor um 20,5 Prozent. West Virginia ist nach Mississippi der zweitärmste Bundesstaat Amerikas. In ehemaligen Bergwerksorten wie Mullens, Welch, Gary und Matewan sind die Hälfte oder sogar drei Viertel aller männlichen Erwachsenen arbeitslos.

Wie üblich hetzte Trump gegen Mexiko, China und Japan, die „uns die Arbeitsplätze wegnehmen“ und machte „schlechte Handelsabkommen“ und „Überregulierung“ der Bergwerke für die Zustände in den Kohlerevieren verantwortlich. Er erklärte: „Wir werden die Bergwerke wieder öffnen und den Bergarbeitern ihre Arbeitsplätze zurückgeben“ und „Amerika wieder groß machen.“

Der betrügerische Populist Trump hat den Arbeitern in West Virginia nichts zu bieten. Sein Versprechen, „alberne Vorschriften“ abzuschaffen, bedeutet die Abschaffung der verbliebenen Hindernisse zur Ausbeutung der Bergarbeiter. Es kommt bereits jetzt regelmäßig zu Todesfällen, für die die Bergbaukonzerne bestenfalls geringe Strafen erhalten. Nach seiner Rede nahm Trump die Unterstützung der West Virginia Coal Association an, der gleichen Organisation, die für die Angriffe auf Arbeitsplätze, Renten und Sicherheitsbestimmungen der Bergarbeiter des Bundesstaates verantwortlich ist.

Dass Trump unter Teilen der Arbeiter Gehör findet, liegt am Verrat der Gewerkschaften und ihrer Unterordnung der Arbeiterklasse unter die Demokratische Partei. Diese versucht, ihre Gleichgültigkeit gegenüber den wirtschaftlichen Problemen der Arbeiter durch Rassen- und Identitätspolitik zu kaschieren.

In West Virginia und im Osten des Nachbarstaates Kentucky kam es seit Ende des neunzehnten Jahrhunderts immer wieder zu erbitterten Klassenkämpfen. Damals begannen die Raubtierkapitalisten, Ureinwohner der Appalachen, Ost- und Südeuropäer und Schwarze aus den Südstaaten als Arbeiter in ihren lebensgefährlichen Bergwerken einzusetzen. Die Bergarbeiter kämpften immer wieder gegen die Gewalt der Kohlebosse, ihre Söldner, bestochene Richter und die Armee, in vielen Fällen mit der Waffe in der Hand. Zu diesen Kämpfen gehörten die Paint- und Cabin Creek-Streiks 1912-13; die Mingo County-Kriege ab 1919, während denen es zu dem berüchtigten Matewan-Massaker von 1920 kam; die Schlacht am Blair Mountain 1921 und die „Bloody Harlan“-Kämpfe in Kentucky von 1931-32.

Die Gründung der Gewerkschaft United Mine Workers of America (UWMA) bildete den Auftakt zur Organisierung von Millionen von Arbeitern der Stahl-, Gummi-, Auto- und anderer Schlüsselindustrien. 1935 wurde dann der Congress of Industrial Organizations (CIO) gegründet. In der Nachkriegszeit und bis in die 1970er Jahre gehörten die Bergarbeiter zu den militantesten und klassenbewusstesten Teilen der amerikanischen Arbeiterklasse.

Die Achillesferse der Bewegung der Bergarbeiter und der ganzen amerikanischen Arbeiterklasse war ihre Unterordnung unter die Demokratische Partei und das kapitalistische System durch die UMWA und die anderen Gewerkschaften. UMWA-Präsident John L. Lewis sprach für die ganze Gewerkschaftsbürokratie, als er 1937 an die Arbeitgeber und den kapitalistischen Staat appellierte, die CIO anzuerkennen. Er erklärte: „Im Gegensatz zum Kommunismus basiert die Gewerkschaftsbewegung auf dem Lohnsystem und erkennt die Institution des Privateigentums und des Rechts, zu investieren, um Gewinne zu machen, vollständig und uneingeschränkt an.“

Während des Zweiten Weltkriegs unterstützten Lewis und die UMWA den Verzicht auf Streiks. Die Bergarbeiter setzten sich allerdings darüber hinweg und führten eine Reihe von wilden Streiks durch. Lewis musste daraufhin einen landesweiten Streik organisieren, der deutliche Verbesserungen durchsetzen konnte. Nach dem Krieg begannen die American Federation of Labor (AFL) und der CIO, die sozialistischen und linken Arbeiter auszuschließen, die die wichtigste Rolle bei der Gründung der Industriegewerkschaften gespielt hatten. 1955 vereinigten sich die beiden Gewerkschaftsbünde zur AFL-CIO. Ihre gemeinsamen Grundlagen waren Antikommunismus und Unterstützung für den US-Imperialismus.

Die katastrophalen Folgen des Bündnisses der Gewerkschaften mit der Demokratischen Partei wurden erst in ihrer Gänze sichtbar, als für den amerikanischen Kapitalismus in den 1970ern und 1980ern eine lange Periode des Niedergangs begann. Die herrschende Klasse reagierte darauf mit einer brutalen Gegenoffensive. Sie begann, als der Demokratische Präsident Jimmy Carter den Taft-Hartley Act abschaffte, um den 111-tägigen Bergarbeiterstreik von 1977-78 niederzuschlagen, und verschärfte sich während der Amtszeit des Republikaners Ronald Reagan.

Die Entlassung der PATCO-Fluglotsen 1981 bildete den Auftakt für einen umfassenden Angriff auf Arbeiter im ganzen Land. In den Kohlerevieren setzten die Bergwerksbetreiber mit Unterstützung der Gouverneure wieder die Methoden der 1920er Jahre ein, um Streiks zu brechen und Gewerkschaften zu zerschlagen: bewaffnete Söldner, Regierungskomplotte und die Ermordung von streikenden Bergarbeitern.

Der damalige UWWA-Präsident Richard Trumka isolierte und sabotierte Streiks bei AT Massey, Pittston, Milburn und anderen Unternehmen. Als Lohn für die Verwandlung der UWWA in eine leere Hülle wurde er zum Präsidenten der AFL-CIO ernannt.

Obwohl es den Bergarbeitern nie an Mut, Militanz oder Opferbereitschaft fehlte, wurden sie Opfer der Unterordnung der Arbeiterklasse unter die Demokratische Partei und den Wirtschaftsnationalismus. Der Verrat an den Bergarbeitern war Teil eines allgemeinen Wandels der Gewerkschaften in den USA und der ganzen Welt vor dem Hintergrund der Entstehung transnationaler Konzerne, die ihre Produktion an jeden Ort der Welt verlagern konnten, an denen sie sich billigere Arbeitskräfte und höhere Gewinne erhofften. Angesichts der Globalisierung gaben diese Organisationen jeden Widerstand gegen die Angriffe der Arbeitgeber auf und entwickelten eine korporatistische Politik. Unternehmen sollten durch Lohnsenkungen und Zugeständnisse dazu gebracht werden, in den USA zu produzieren. Die Gewerkschaften integrierten sich vollständig in die Strukturen der Konzernleitungen und des kapitalistischen Staates.

Genau wie alle anderen Arbeiter auch sind die Arbeiter in West Virginia mit einem politischen System konfrontiert, das ihren Interessen mit Feindschaft gegenübersteht. Die Demokratische Partei hat ihr früheres Engagement für Sozialreformen längst aufgegeben. Sie ist eine Partei der Wall Street. Auf der Grundlage von Identitätspolitik ist sie mit korrupten Teilen des Kleinbürgertums verbündet. Ihre Spitzenkandidatin Hillary Clinton ist zu Recht verhasst, und Trump versucht, diese Tatsache auszunutzen.

Die Demokratische Partei steht der Arbeiterklasse feindlich gegenüber und nutzt Identitätspolitik auf der Grundlage von Hautfarbe, um weiße Arbeiter zu verunglimpfen. Ein gutes Beispiel hierfür war eine Kolumne von Paul Krugman, der am Freitag in der New York Times über Trump schrieb: „Wir erleben eine Bewegung weißer Männer, die wütend sind, dass sie die amerikanische Gesellschaft nicht mehr so dominieren können wie früher.“

Mit anderen Worten, die Arbeiter in wirtschaftlich verelendeten Regionen wie West Virginia bekommen, was sie verdienen! Diese Perspektive herrscht im Milieu der kleinbürgerlichen „Linksliberalen“ und Pseudolinken aus dem politischen Umfeld der Demokratischen Partei. Es ist diese verächtliche und arrogante Haltung gegenüber der Arbeiterklasse und die Unterstützung der offiziellen „Linken“ in Amerika für die rechte Austeritäts- und Kriegspolitik, die es einem faschistischen Scharfmacher wie Trump ermöglicht, angesichts des Mangels an Alternativen unter Teilen der Arbeiter Gehör zu finden.

Trumps rechtsradikale Politik birgt immense Gefahren. Doch nicht alle Arbeiter sind von Trump begeistert. In der arbeitenden Bevölkerung und der Jugend herrscht erbitterte Feindschaft und Widerstand gegen seinen Nativismus und seinen immigrantenfeindlichen Rassismus. Viele Arbeiter und Jugendliche sehen den milliardenschweren Kandidaten zu Recht als Betrüger. Der Linksruck der Arbeiterklasse äußerte sich in Form von Unterstützung für die Kandidatur von Bernie Sanders, der in West Virginia in Umfragen vor Clinton liegt. Doch Sanders' Hauptziel ist es, den Widerstand zurück in die Sackgasse der Demokratischen Partei zu lenken. Er hat den Arbeitern, die Opfer der Deindustrialisierung geworden sind, lediglich alibihafte Weiterbildungsprogramme versprochen. Seine Handelskriegsparolen unterscheiden sich kaum von denen Trumps.

Im Wahlkampf der Socialist Equality Party (SEP) kämpfen Jerry White und Niles Niemuth für ein wirklich sozialistisches Programm für die Arbeiterklasse. Zu diesem gehört die Umwandlung der Großkonzerne in demokratisch kontrollierte Versorgungsbetriebe, deren Geschäftsgrundlage nicht das Streben nach privatem Profit ist, sondern die Befriedigung sozialer Bedürfnisse. Es umfasst außerdem die Bereitstellung von Billionen Dollar für ein Arbeitsbeschaffungsprogramm zum Wiederaufbau der Infrastruktur, das jedem Menschen das Grundrecht auf gut bezahlte Arbeit sichert. Die ungeheuren Vermögen der Wirtschafts- und Finanzelite müssen enteignet und benutzt werden, um Armut und Arbeitslosigkeit aus der Welt zu schaffen.

Die Anzeichen für ein Wiederaufleben des Klassenkampfes und für eine antikapitalistische Radikalisierung mehren sich. Die Socialist Equality Party baut die politische Führung für eine sozialistische Massenbewegung der Arbeiterklasse und der Jugend auf. Diese wird reaktionäre Demagogen wie Trump zurückschlagen und sozialer Ungleichheit, Krieg und Diktatur ein Ende setzen.

Loading