Joseph Kishore, der nationale Sekretär der Socialist Equality Party hielt zum Abschluss der internationalen Online-Maiversammlung des IKVI am 1. Mai 2016 die folgende Rede.
Zum Abschluss dieses Treffens möchte ich allen danken, die heute gesprochen und an dieser Online-Veranstaltung teilgenommen haben. Es ist ein wirklich einzigartiges Ereignis, bei dem sich Arbeiter und Jugendliche aus mehr als 90 Ländern und von allen Kontinenten treffen. Sie erklären gemeinsam ihren Widerstand gegen die Politik der herrschenden Klasse, die die Menschheit in eine Katastrophe führt. Ich danke allen, die durch ihre sehr interessanten Kommentare, bisher über 500, zu dieser Diskussion beigetragen haben.
In mehreren Ländern haben sich große Gruppen von Zuhörern versammelt, um diese Veranstaltung zu hören. In Berlin haben sich 40 Arbeiter und Jugendliche getroffen. In einem Kommentar von deutschen Genossen heißt es: „Arbeiter bei dem Treffen in Berlin sind der Meinung, die ganze Welt sollte den US-Präsidenten wählen dürfen. Sie würden Jerry und Niles wählen.“
Wir sind mit euch einer Meinung. Die amerikanische Präsidentschaftswahl ist eine internationale Wahl mit internationalen Folgen. Obama war gerade erst in Deutschland, um die europäischen Mächte dazu zu drängen, gemeinsam mit ihm neue Kriege im Nahen Osten, in Nordafrika und gegen Russland zu planen. Auf diese Verschwörung der kapitalistischen Eliten, und auf die Kriegspläne der deutschen und amerikanischen herrschenden Klasse antworten wir mit einem gemeinsamen Kampf der Arbeiter in den USA, Deutschland und der ganzen Welt gegen Imperialismus und das kapitalistische System.
Diese Veranstaltung ist ein konkreter Ausdruck des fundamentalen Sinns des 1. Mai als historischem Tag der Solidarität der internationalen Arbeiterklasse. Leo Trotzki, der gemeinsam mit Lenin die russische Revolution angeführt und später die Vierte Internationale gegründet hat, erklärte, das Ziel des 1. Mai sei es, „durch gleichzeitige Demonstrationen aller Arbeiter aller Länder an diesem Tag die Grundlagen zu schaffen, um sie in einer einzigen internationalen proletarischen Organisation der revolutionären Aktion zu vereinen. Damit entsteht ein weltweites Zentrum und eine weltweite politische Orientierung.“
Das ist heute unsere Aufgabe. Die weltweite Vereinigung der Arbeiterklasse ist die notwendige Reaktion auf die globale Krise des kapitalistischen Systems, die ihren gefährlichsten Ausdruck im Krieg findet.
Die Reden, die heute gehalten wurden, zeichnen ein eindringliches Bild einer äußerst angespannten internationalen Lage. Ihre gemeinsame Wirkung macht deutlich, vor welch enormen Aufgaben wir stehen. Wir leben in einer Ära ständiger Kriege. Fünfundzwanzig Jahre voller militärischer Konflikte seit der Auflösung der Sowjetunion; fünfzehn Jahre „Krieg gegen den Terror,“ der als betrügerische Vorwand für neokoloniale Operationen der USA und der europäischen Mächte dient und als Universalrechtfertigung für die Abschaffung demokratischer Rechte genutzt wird.
Wie wir in den heutigen Reden gehört haben, geraten alle Länder und Kontinente in den Sog imperialistischer Gewalt. Ostasien und der Pazifik werden in den „Pivot to Asia“ der USA verwickelt, deren Ziel es ist, China einzukreisen. Australien entwickelt sich zu einem Flugzeugträger der USA im Südpazifik. Japan erwägt bei der Neuauslegung seiner Verfassung sogar die Anschaffung von Atomwaffen, obwohl dort durch den bisher einzigen Atomwaffeneinsatz gegen die Zivilbevölkerung zum Ende des Zweiten Weltkriegs mehr als 200.000 Menschen getötet wurden.
Im Nahen Osten und Zentralasien wurden durch verheerende Kriege und Besatzungen bereits ganze Gesellschaften zerstört, religiöse Konflikte geschürt und Millionen aus ihrer Heimat vertrieben. Die Staaten Afrikas sind ständig Ziele imperialistischer Intrigen um die Kontrolle der Rohstoffe. Die USA und die europäischen Mächte überschwemmen Osteuropa bei ihrer Kampagne gegen Russland mit Waffen und Soldaten. In Westeuropa rüsten Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien wieder auf, um sich ihren Anteil an der Beute zu sichern. Lateinamerika, das lange ein Ziel des US-Imperialismus war, entwickelt sich zum Zentrum der Konkurrenz mit China.
Regionale Kriege entwickeln sich immer direkter zu einem Konflikt zwischen Atommächten. Selbst wenn sie ein Abgleiten in den Weltkrieg verhindern wollten, können die imperialistischen Regierungen weder die Folgen ihres eigenen Leichtsinns kontrollieren, noch die Logik des Imperialismus aushebeln.
Die herrschende Klasse der USA spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung dieses Infernos imperialistischer Kriege und Gewalt. Ihre kriminellen Machenschaften sind jedoch nur der deutlichste Ausdruck eines bankrotten Weltsystems, das auf eine Katastrophe zusteuert.
Doch wo immense Risiken sind, gibt es auch enorme Möglichkeiten. Die alte Ordnung zerbricht. Die alten politischen Institutionen sind immer weniger in der Lage, die explosiven sozialen Spannungen einzudämmen. Die gleichen Widersprüche, die zu imperialistischen Kriegen führen, verschärfen auch den Klassenkonflikt und schaffen die objektiven Bedingungen für die soziale Revolution.
Wer bezahlt für den Krieg? Die Arbeiterklasse, in Form von Toten, zerstörten Häusern und Städten, und in Form von unablässigen Forderungen nach „Opfern“ im Namen des sogenannten „nationalen Interesses“. Gleichzeitig ist die Arbeiterklasse gezwungen, mit Massenarbeitslosigkeit, Armut und der Zerstörung sozialer Rechte für die Billionen Dollar zu zahlen, die in die Aktienmärkte gepumpt wurden, um den aufgeblähten Reichtum der Finanzaristokratie zu retten.
Auf der ganzen Welt gibt es immer mehr Anzeichen eines entstehenden Klassenkampfes, auch hier in den USA. Wie Genosse Jerry White erklärte, hat die amerikanische herrschende Klasse ihren gefährlichsten Feind im eigenen Land: die amerikanische Arbeiterklasse. Was bedeutet es, dass sich Millionen von Arbeitern und Jugendlichen in den USA als Sozialisten bezeichnen? Im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, des „amerikanischen Exzeptionalismus“ und des „amerikanischen Traums“?In dem Land, in dem der Sozialismus für Generationen ignoriert oder verteufelt und unterdrückt wurde?
Die Veränderung der objektiven Bedingungen bringt die Arbeiter dazu, ihre Haltung zu ändern.
Was in den USA passiert, ist von ungeheurer politischer Bedeutung, aber es ist gewiss nicht einzigartig. Der Widerstand der Arbeiter in Frankreich gegen die rechte Arbeitsmarktreform und den undemokratischen Notstand; die Welle von Arbeitskämpfen in der Autoindustrie und anderen Branchen in China und Indien; die Streiks der kuwaitischen Ölarbeiter oder Proteste in Japan gegen Krieg und Remilitarisierung sind Beispiele dafür, wie Arbeiter radikalisiert und politisiert werden und sich auf der Suche nach einem Weg vorwärts dem Sozialismus zuwenden.
Die internationale Arbeiterklasse ist eine ungeheure soziale Kraft. Es ist nicht unsere Aufgabe, Widerstand zu schaffen und breite Massen der Arbeiter davon zu überzeugen, den Kampf aufzunehmen. Unsere Aufgabe ist es, in der Arbeiterklasse ein Verständnis für den wahren Charakter der derzeitigen Krise und ihre weltgeschichtlichen Implikationen zu schaffen. Wie müssen die getrennten Kämpfe in einer gemeinsamen politischen Bewegung gegen Imperialismus und das kapitalistische System vereinen.
Zu diesem Zweck muss eine politische Führung aufgebaut werden. Diese Führung ist das Internationale Komitee der Vierten Internationale. Keine andere politische Bewegung kann oder wird den Kampf gegen den Imperialismus aufnehmen. Das schmähliche Ende von Bernie Sanders' „politischer Revolution“ findet seinen Widerhall auch anderswo in der Welt: im Vorgehen von Syriza in Griechenland, von Jeremy Corbyn in Großbritannien und der PT in Brasilien.
Dazu muss man alle die pseudolinken Organisationen zählen, die Verteidiger von „Menschenrechtsinterventionen,“ die die CIA-Operation in Syrien und Libyen unterstützt haben, für einen Krieg gegen China und Russland werben und sich gegen „voreiligen Antiimperialismus“ ausgesprochen haben.
Alle diese Kräfte unterstützen den Imperialismus, weil sie den Kapitalismus unterstützen und den Interessen der Arbeiterklasse feindselig gegenüberstehen. Die Klasseninteressen, die diese politischen Kräfte repräsentieren, zeigen sich am deutlichsten in ihrer Einstellung zum Krieg.
Eine neue Antikriegsbewegung muss aufgebaut werden, aber sie muss auf der Erkenntnis beruhen, dass ein Kampf gegen Krieg nicht ohne Kampf für den Sozialismus möglich ist, genauso wie ein Kampf für Sozialismus nicht ohne Kampf gegen den Krieg möglich ist. Diese Antikriegsbewegung muss ihre Basis in der Arbeiterklasse haben. Sie muss sozialistisch sein. Sie muss unabhängig von und gegen alle Parteien und Organisationen der Kapitalistenklasse sein. Und vor allem muss sie international sein. Sie muss die immense Kraft der Arbeiterklasse für einen gemeinsamen globalen Kampf gegen den Imperialismus mobilisieren.
Dieses Programm und diese Perspektive vertreten wir im Kampf gegen imperialistischen Krieg. Und tatsächlich ist die Kundgebung die politische Grundlage dieser Bewegung.
Ich möchte diese Veranstaltung mit einem Appell beenden: Alle, die uns heute zuhören, sollten den Kampf für den Sozialismus aufnehmen! Baut das Internationale Komitee der Vierten Internationale auf. Tretet den Sektionen bei, wo es sie gibt. Helft mit bei ihrem Aufbau, wo es keine gibt. Gründet eine Gruppe der IYSSE an eurer Schule oder Hochschule. Baut eine Fraktion der SEP in eurer Fabrik oder an eurem Arbeitsplatz auf. Studiert das Programm der Socialist Equality Party und des Internationalen Komitees der Vierten Internationale und entscheidet euch dafür, der Weltpartei der sozialistischen Revolution beizutreten und sie aufzubauen!