Perspektive

Die US-Wahl und die Kriminalisierung der amerikanischen Politik

Die amerikanischen Vorwahlen sind bald abgeschlossen. Die beiden Parteien der herrschenden Elite, die Demokraten und die Republikaner, werden vermutlich Präsidentschaftskandidaten ernennen, gegen die möglicherweise noch vor der Wahl Anklage erhoben wird.

Der voraussichtliche Präsidentschaftskandidat der Republikaner, Donald Trump, hat sein Milliardenvermögen durch diverse Betrügereien und Insiderhandel gemacht. Die amerikanischen Zeitungen waren letzte Woche voll von detaillierten Berichten über die betrügerischen Methoden, mit denen er sein Vermögen vergrößert hat. Laut Gerichtsdokumenten aus Prozessen und den Aussagen zahlreicher ehemaliger Studenten der Trump University war die angebliche Ausbildung in Immobilienhandel an der Schule nur eine Erfindung.

Der Betrug lief auf zwei Ebenen ab. Studenten bezahlten bis zu 35.000 Dollar für ein „Gold Elite“-Programm, in dem sie wenig mehr lernten als „billig kaufen“ und „teuer verkaufen“. Bis zu 5.000 Studenten bezahlten insgesamt 40 Millionen Dollar für solch wertlose Anweisungen. Laut Presseberichten hätten sie die meisten davon durch einfache Internetrecherche finden können.

Es hieß, Trump würde persönlich sein angebliches Expertenwissen im Immobilienhandel an die Studenten weitergeben und dabei von handverlesenen Dozenten unterstützt. Die Dokumente zeigen jedoch, dass Trump keine Rolle bei der Ausarbeitung des „Lehrplans“ gespielt hat, sondern nur seinen Namen und sein Gesicht als Werbung zur Verfügung gestellt und dafür Geld kassiert hat. Sein Anteil an der Beute liegt bei mindestens fünf Millionen Dollar.

Der Justizminister des Staates New York, Eric Schneidermann, erklärte am Donnerstagmorgen in zwei Fernsehinterviews: „Es gibt Gesetze gegen den Betrieb von illegalen und nicht lizenzierten Universitäten. Das war niemals eine Universität. Bereits der Name der Organisation war ein Betrug.“ Er fügte hinzu: „In Wirklichkeit war es von vorne bis hinten Betrug.“

Die Trump University ist nur für einen Bruchteil des persönlichen Reichtums des milliardenschweren Immobilienmoguls verantwortlich, doch ihre Methoden sind beispielhaft für sein ganzes „Geschäftsmodell“ und auch für seinen Präsidentschaftswahlkampf. Trump konzentrierte sich hauptsächlich auf die Mobilisierung verzweifelter Teile der Arbeiterklasse und des Kleinbürgertums, denen er sich als die Rettung aus ihrem wachsenden wirtschaftlichen Leid anbietet.

Es hat etwas Außergewöhnliches, dass eine der beiden Parteien der herrschenden Klasse jemanden wie Trump zum Präsidentschaftskandidaten ernennt. Trotz anfänglicher scheinheiliger Kritik an seinen vulgären und rassistischen Ausfällen hat mittlerweile fast die gesamte republikanische Parteiführung ihren Frieden mit Trump gemacht. Am Donnerstag fand dieser Prozess einen Höhepunkt, als der Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, erklärte, er werde Trumps Kandidatur unterstützen.

Das lässt sich nur im Zusammenhang mit allgemeinen sozialen Tendenzen erklären, die zu einer starken Erosion der amerikanischen Politik geführt haben. Trump verkörpert den Abstieg der amerikanischen Wirtschaft in immer dreistere Methoden der Spekulation, des Betrugs und des offenen Diebstahls, der seinen Höhepunkt im Wirtschaftszusammenbruch 2008 fand. In den letzten 40 Jahren hat das Verhalten der herrschenden Klasse der USA in wachsendem Maße einen parasitären Charakter angenommen. Massive Finanzgeschäfte überdecken einen langfristigen Niedergang der Industrie.

Gegen die Demokratische Spitzenkandidatin Hillary Clinton laufen derzeit Ermittlungen, weil sie in ihrer Zeit als Außenministerin alle Regierungsmitteilungen über einen privaten E-Mail-Server abgewickelt hat. Es war eindeutig der Sinn dieser Praxis, ihre Korrespondenz unter eigener Kontrolle zu halten, was einen Verstoß gegen den Freedom of Information Act darstellt. Im Spätsommer wird sie vermutlich vom FBI vernommen werden. Dies könnte zu einer Strafanzeige wegen falscher Handhabung von vertraulichen Materialien oder wegen Meineids führen.

Clinton verkörpert in etwas aufpolierterer Form den gleichen sozialen Prozess, der Trump hervorgebracht hat. Bill und Hillary Clinton haben für Reden vor Wirtschaftsvertretern und durch „Spendensammlungen“ der Clinton Foundation ein Privatvermögen von über 150 Millionen Dollar angehäuft.

Die Stiftung, die für hohe Gebühren Spender aus der Wirtschaft mit Wohltätigkeitsorganisationen zusammenbringt, hat sich zum Zentrum internationaler Einflussnahme entwickelt. Mit ihrer Hilfe pflegen die Clintons den Kontakt zu ihrer wahren Anhängerschaft, den Milliardären der Welt. Dabei häufen sie sagenhaften Reichtum an.

Clinton steht auch sehr direkt mit den Verbrechen des Staates und des Militär- und Geheimdienstapparats in Verbindung. Die Kriminalisierung der amerikanischen Finanzaristokratie hat ihren Widerhall in der Außenpolitik gefunden, die jeden Anschein von Rechtmäßigkeit ablegt und Folter, Morde und „Präventivkriege“ als wichtigste Mittel ansieht, um die Interessen der herrschenden Klasse im In- und Ausland durchzusetzen.

Bezeichnenderweise beschloss Clinton angesichts der Gefährdung ihres Wahlkampfs durch den anhaltenden Erfolg ihres Rivalen Bernie Sanders, im kalifornischen San Diego eine Rede zu halten, in der sie Trumps außenpolitische Ansichten kritisierte. Clinton diente sich dem Militär mit dem Argument an, sie wäre im Vergleich zu Trump (oder Sanders oder einem anderen Kandidaten) die effektivste „Oberbefehlshaberin“ des US-Imperialismus.

Im Zentrum von Clintons Rede stand die Entscheidung von Präsident Obama und seinen obersten militärischen und außenpolitischen Beratern, zu denen Clinton selbst gehörte, die Aktion des Navy Seal-Teams anzuordnen, bei der Osama bin Laden getötet wurde. Das außenpolitische Debakel, mit dem sie am stärksten in Verbindung gebracht wird, den Nato-Krieg gegen Libyen, erwähnte sie nicht. Allerdings endete er mit einem ähnlichen Ergebnis: der libysche Staatschef Muammar Gaddafi wurde in seiner Heimatstadt Sirte von amerikanischen Stellvertretertruppen hingerichtet. Clinton reagierte damals mit dem berüchtigten Spruch: „Wir kamen, wir sahen, er starb“ und löste damit unter ihrer Entourage von Beratern stürmisches Gelächter aus.

Trump und Clinton sind Produkte des gleichen Prozesses: der Kriminalisierung von Amerikas herrschender Elite. Sowohl im Geschäftsgebaren der Wall Street, als auch in der imperialistischen „Staatskunst“ haben sich Mafiamethoden zur vorherrschenden Praxis entwickelt.

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