Perspektive

Paul Krugman greift Donald Trump von rechts an

Am letzten Freitag griff der New York Times-Kolumnist und Ökonom Paul Krugman den Republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump in einer Kolumne wegen seiner Haltung zu Russland an. Er spekulierte sogar, ob Trump ein verdeckter Agent von Wladimir Putin sei.

Krugmans Kolumne trägt den provokanten Titel „Der sibirische Kandidat“, eine Anspielung auf den Politthriller The Manchurian Candidate aus dem Kalten Krieg. In diesem Roman organisiert die Sowjetunion einen Putsch in Amerika; und ein Gefangener aus dem Koreakrieg wird durch Gehirnwäsche zu einem verdeckten Attentäter gemacht.

Krugman wirft Trump vor, er wolle „auf Kosten von Amerikas Verbündeten und dem Eigeninteresse des Landes“ eine Putin-freundliche Außenpolitik betreiben. Er deutet an, Trump würde sich durch angebliche „undurchsichtige Geschäfte mit reichen Russen“ beeinflussen lassen, und erklärt: „Hier geht etwas sehr Seltsames und Beunruhigendes vor sich. Man sollte es nicht ignorieren.“

Diese Argumentation erinnert an die Sprache und die Methoden der McCarthy-Ära. Krugman vollbringt auf diese Weise das Kunststück, den Faschisten Trump von rechts anzugreifen.

Der Kolumnist hat sich bei der Times einen Ruf als akademischer Standartenträger des „liberalen“ Flügels der Demokratischen Partei aufgebaut. Als eingefleischter und schamloser Opportunist und Karrierist setzt er sein journalistisches Können ein, um Barack Obama in absurder Verdrehung der Tatsachen als Kämpfer gegen soziale Ungleichheit zu feiern und den Wahlkampf von Hillary Clinton zu unterstützen. Für letztere verfasste er eine Reihe von verlogenen, prinzipienlosen und rechten Kolumnen gegen ihren innerparteilichen Konkurrenten Bernie Sanders.

Jetzt scheint Krugman von seiner Hauptaufgabe als intellektueller Verteidiger der Obama-Regierung und der Demokratischen Partei umzusatteln. Mit der Kolumne gegen Trump vom Freitag trat er im Auftrag des amerikanischen Militär- und Geheimdienstapparats als Verteidiger von Washingtons zentraler imperialistischer Kriegsstrategie auf.

Der Anlass für die Kolumne war ein Interview der Times mit Trump während des republikanischen Nominierungsparteitags in Cleveland, bei dem dieser sich zu außenpolitischen Fragen äußerte. Auf die Frage, ob er den baltischen Staaten im Falle eines Angriffs durch Russland sofort militärisch zu Hilfe kommen würde, gab der Kandidat eine mehrdeutige Antwort.

Dass die große Mehrheit der Amerikaner keine Ahnung davon hat, dass sich Washington bereit erklärt hat, wegen drei winzigen ehemaligen Sowjetrepubliken, die alle samt von von rechtsextremen und radikal antirussischen Regimes geführt werden, Krieg gegen Russland zu führen, möglicherweise auch unter Einsatz von Atomwaffen, ist für einen Medien-Guru wie Krugman völlig belanglos. Für ihn zählt nur, dass die USA zu einer Militärintervention bereit sind, wenn eines dieser Regimes behauptet, es sei von Russland angegriffen worden. Diese Kriegsbereitschaft ist für ihn ein wichtiger Faktor in der globalen Strategie der USA.

Krugman ist nicht der einzige journalistische Hetzer, der auf die Unruhe eingeht, welche Trumps Aussage in Teilen des amerikanischen Staatsapparats ausgelöst hat. Jeffrey Goldberg vom Atlantic schrieb in einem Artikel mit dem Titel „Es ist offiziell: Hillary Clinton tritt gegen Wladimir Putin an“: „Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald J. Trump hat sich diese Woche als de facto-Agent des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu erkennen gegeben, eines vom KGB ausgebildeten Diktators. Putins Ziel ist es, das Sowjetimperium wiederaufzubauen. Zu diesem Zweck will er die freien Nationen Europas schwächen, die Nato an den Rand drängen und Amerika von seinem Platz als einzige Supermacht der Welt verdrängen.“

Goldberg war einer der wichtigsten Befürworter des Angriffskriegs gegen den Irak innerhalb der etablierten Medien. Er verbreitete die Lügen der Bush-Regierung, der Irak besitze „Massenvernichtungswaffen“ und unterhalte Beziehungen des Landes zu Al Qaida, und schmückte sie weiter aus. Sein Artikel basiert offenbar auf den gleichen Argumenten wie der von Krugman. Zum Schluss schreibt er: „Sollte Donald Trump zum Präsidenten gewählt werden, so wäre dies das Ende der internationalen Nachkriegsordnung. Diktatoren, allen voran sein Verbündeter Wladimir Putin, könnten ungehindert ihre Interessen vertreten.“

Vor dem Interview mit der Times war bereits ein Artikel von James Kirchick erschienen mit dem Titel „Wenn Trump gewinnt, wäre ein Putsch in Amerika nicht undenkbar“, der auf den gleichen Befürchtungen des herrschenden Establishments basiert. Genau wie Krugman und Goldberg hebt Kirchick hervor, dass Trumps Wahlkampfmanager Paul Manafort zuvor Lobbyist für den prorussischen ehemaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch war. Dieser war 2014 durch einen Putsch gestürzt worden, der von den USA organisiert und von faschistischen Kräften angeführt wurde. Goldberg behauptet außerdem, Trumps Fraktion innerhalb der Republikaner hätte in Debatten um die Ukraine zur Mäßigung aufgerufen.

Kirchick schreibt: „Trump ist nicht nur völlig ungeeignet für das Präsidentenamt, sondern auch eine Gefahr für Amerika und die Welt. Wenn die Wähler ihn nicht aufhalten, muss das Militär es tun.“

Kirchick war früher Autor für Radio Free Europe und hat sich inzwischen darauf spezialisiert, Putin wegen der Frage der Rechte von Homosexuellen anzugreifen. Mittlerweile ist er Fellow der Denkfabrik Foreign Policy Initiative. Zu deren Führungspersonal gehören u.a. der Redakteur William Kristol vom Weekly Standard, der ehemalige Sprecher der irakischen Besatzungsregierung Dan Señor und Robert Kagan, der Mitbegründer des Project for a New American Century [Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert]. Kagan ist mit der US-Staatssekretärin Victoria Nuland verheiratet, die eine führende Rolle bei dem Putsch in der Ukraine 2014 spielte. Diese Schichten unterstützen Hillary Clinton entweder offen oder stillschweigend, weil sie sie aufgrund ihrer entscheidenden Mitwirkung an amerikanischen Kriegsverbrechen, u.a. im Irak, Libyen und Syrien, für die ideale Oberbefehlshaberin des US-Militärapparats halten.

Die ätzende Kritik an Trump verdeutlicht, dass die militärische Aufrüstung und die Kriegsvorbereitungen gegen Russland von zentraler Bedeutung für die internationale Politik des US-Imperialismus sind.

Sie ermöglicht zudem einen Einblick in den wahren Charakter der Demokratischen Partei und von Clintons Wahlkampf. Dieser besteht im Grunde aus einer Mischung von Identitätspolitik (der unablässigen Propagierung Fragen der Hautfarbe, des Geschlechts und sexueller Orientierung als wichtigste Triebkräfte der amerikanischen Gesellschaft) und rücksichtsloser imperialistischer Kriegspolitik. Diese giftige Mischung soll die Arbeiterklasse spalten und gleichzeitig eine neue Anhängerschaft für imperialistische Kriege innerhalb der privilegierten Schichten des besser gestellten Kleinbürgertums und der pseudolinken Anhängsel der Demokratischen Partei schaffen.

Am Montag begann der Nominierungsparteitag der Demokraten in Philadelphia. Die Partei und ihre Medien haben „Inklusion“ und „Vielseitigkeit“ bejubelt. Unterdessen ist der Demokratische Präsident für weitere Luftangriffe verantwortlich, die bereits hunderte von syrischen und irakischen Zivilisten getötet haben, und plant nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei seinen nächsten Schritt.

Trump beruft sich in gewisser Weise auf eine ältere, üble Tradition der politischen Rechten Amerikas. Mit seiner Parole „Amerika zuerst“ spielt er zweifellos bewusst auf die Politik des America First Committee an, das 1940 gegründet wurde, um die USA aus dem Zweiten Weltkrieg zu halten und einen Verhandlungsfrieden mit dem Dritten Reich zu erreichen.

Zu dem Komitee gehörten nicht nur rechte Unternehmer, Antisemiten und Hitler-Bewunderer wie sein wichtigster Sprecher, der Flieger Charles Lindbergh, sondern auch Opportunisten und Reformisten wie Norman Thomas von der American Socialist Party. Die letzteren Elemente gehörten zwar zur politischen Linken, lehnten aber jede Form von revolutionärem Widerstand gegen den Imperialismus von Seiten der Arbeiterklasse ab. Stattdessen hielten sie sich die Nasen zu und gingen ein reaktionäres und politisch unverzeihliches Bündnis mit Elementen des Großkapitals, Rechten und Halbfaschisten ein.

Dass eine solche Organisation einen Krieg unmöglich verhindern kann, zeigte der japanische Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941. Daraufhin erklärte das Komitee seine Unterstützung für die Teilnahme der USA am Zweiten Weltkrieg und löste sich selbst auf.

Wer Trumps rhetorischen Widerstand gegen Kriege für „Regimechange“ und „Nation Building“ oder seine positiven Äußerungen über Putin ernst nimmt, dem steht ein böses Erwachen bevor. Der riesige amerikanische Militär- und Geheimdienstapparat wird ihn mit Sicherheit spätestens nach seinem Wahlsieg zur Ordnung rufen, vielleicht noch während des Wahlkampfs. Kirchicks Putsch wird gar nicht notwendig sein.

Jedenfalls strotzt seine Haltung nur so vor Widersprüchen. Die Politik der „Festung Amerika“ und der Wirtschaftsnationalismus, den er vertritt, werden unweigerlich und in kurzer Zeit zu einem Krieg führen. Zudem ist sein Wahlprogramm äußerst militaristisch. Darin heißt es: „Wir werden der Rückkehr der russischen Aggressivität mit der gleichen Entschlossenheit entgegentreten, die schon zum Untergang der Sowjetunion führte. Wir werden keine territorialen Veränderungen in Europa, der Ukraine, Georgien oder sonstwo hinnehmen, die mit Gewalt erzwungen wurden...“ Im weiteren Verlauf des Dokuments wirft er Obama vor, seine Außenpolitik sei nicht aggressiv genug gewesen und fordert eine massive militärische Aufrüstung, vor allem des amerikanischen Atomarsenals.

Die Arbeiterklasse muss die Empörung über Trumps Äußerungen zu den baltischen Republiken als eindeutige Warnung vor den immensen Gefahren begreifen, mit denen sie in den USA und der Welt konfrontiert ist. Während die Medien darüber politisch fast vollständig stillschweigen, sind die Pläne für neue und noch schlimmere Kriege bereits weit fortgeschritten. Ihre Umsetzung wird spätestens nach der Wahl beginnen, egal ob der Sieger Clinton oder Trump heißt.

Die einzige prinzipielle und objektive Grundlage für Widerstand gegen imperialistischen Krieg ist der Aufbau einer revolutionären sozialistischen und internationalen Bewegung innerhalb der Arbeiterklasse. Die Socialist Equality Party und ihre Kandidaten Jerry White und Niles Niemuth beteiligen sich an der amerikanischen Präsidentschaftswahl, um eine solche Bewegung aufzubauen. Zu diesem Zweck werden sie den Kriegskurs der herrschenden Elite offenlegen und Arbeiter und Jugendliche im Kampf gegen Krieg und das kapitalistische System mobilisieren, das die Grundlage für Kriege ist. Wir rufen alle unsere Leser dazu auf, sie zu unterstützen und sich an dieser Kampagne zu beteiligen.

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