Putin besucht die Krim – wachsende Spannungen mit der Ukraine

Am Freitag traf sich der russische Sicherheitsrat mit Präsident Wladimir Putin an der Spitze zu einer Sondersitzung auf der Krim. Das russische Militär führte gleichzeitig Übungen auf der Halbinsel durch. Die Spannungen mit dem Regime in der benachbarten Ukraine, das von den USA unterstützt wird, nahmen unterdessen weiter zu.

Es ist Putins fünfter Besuch auf der Krim, seitdem diese wieder zu Russland gehört. Nach dem Putsch gegen die gewählte ukrainische Regierung im Februar 2014, der von den USA und Deutschland unterstützt und von faschistischen Kräften angeführt wurde, hatte ein Volksentscheid zur Abtrennung der Krim von der Ukraine und zur Wiederangliederung an Russland geführt. Putins jüngster Besuch findet vor dem Hintergrund wachsender Spannungen mit der Ukraine statt. Moskau wirft dem ukrainischen Militärgeheimdienst vor, er habe einen bewaffneten Sabotagetrupp organisiert, der auf die Krim eindringen und Anschläge auf wichtige Infrastruktureinrichtungen verüben sollte. Bei Zusammenstößen mit den Saboteuren wurden angeblich zwei russische Soldaten getötet.

In seiner Rede vor dem Sicherheitsrat erklärte der russische Präsident: „Es scheint, als hätten unsere Partner in Kiew beschlossen, die Spannungen zu verschärfen.“ Gleichzeitig schlug er jedoch einen versöhnlichen Ton an und erklärte, Moskau wolle seine Beziehungen zu der ehemaligen Sowjetrepublik nicht kappen, trotz des ukrainischen Militäraufgebots nahe der russischen Grenze und Kiews Weigerung, die Ernennung eines russischen Botschafters anzuerkennen.

Als Geste der Öffnung gegenüber der Ukraine ernannte Putin den ehemaligen Bildungs- und Wissenschaftsminister Dmtri Liwanow zum Sondergesandten für Beziehungen in Handels-, Wirtschafts-, Wissenschafts- und Technikfragen mit der Ukraine.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte einen Tag vor Putins Besuch damit gedroht, wegen der Spannungen um die Krim und der neuen Kämpfe im ostukrainischen Donbass das Kriegsrecht zu verhängen und die Wehrpflicht einzuführen. Im Donbass kämpfen das ukrainische Militär und rechte Milizen gegen die Unterstützer von zwei prorussischen separatistischen Republiken.

In einer Rede in der westukrainischen Region Lwiw warnte er vor einer möglichen „groß angelegten russischen Invasion“ und erklärte: „Wir schließen nicht aus, dass wir das Kriegsrecht verhängen und die Mobilmachung verfügen, wenn die Lage im Osten und auf der Krim eskaliert.“ Zuvor hatte Poroschenko die ukrainischen Streitkräfte in höchste Kampfbereitschaft versetzt.

Im Vorfeld von Poroschenkos Rede kam es im Donbass zu Zusammenstößen, bei denen drei ukrainische Soldaten getötet und sechs weitere verwundet wurden. Die Kämpfe dort sind die schwersten seit einem Jahr. Das ukrainische Militär beschießt Wohnhäuser und separatistische Milizen, die ebenfalls ihre Angriffe verstärkt haben. Am Mittwoch hatten Hunderte Wohnungen und eine Zeche in Donezk keinen Strom infolge des Beschusses von Regierungstruppen.

In den letzten zwei Jahren wurden bei den Kämpfen fast 10.000 Menschen getötet, weitere Zehntausende wurden verwundet. Wirtschaftlich liegt der Donbass am Boden.

Putin erklärte in seiner Rede auf der Krim, die ukrainische Regierung habe sich entschieden, „Spannungen zu schüren,“ weil sie „nicht bereit oder nicht in der Lage ist, das Abkommen von Minsk umzusetzen“ und „ihrer eigenen Bevölkerung die beträchtlichen Fehler ihrer Sozial- und Wirtschaftspolitik zu erklären.“

Das Minsker Abkommen zwischen Russland und der Ukraine basiert auf deutschen und französischen Vorschlägen für eine Verhandlungslösung zur Beilegung der Kämpfe im Donbass und wurde nach einer Reihe von Rückschlägen für die ukrainischen Truppen Anfang 2015 ausgehandelt.

Das Abkommen sieht nicht nur einen Waffenstillstand vor, der von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa überwacht wird, sondern auch Kommunalwahlen und die Verabschiedung eines Gesetzes durch das ukrainische Parlament, das der Ostregion eine gewisse Autonomie geben soll. Die Poroschenko-Regierung hat die politischen Verpflichtungen aus dem Abkommen bisher noch nicht umgesetzt, da dies die semifaschistischen antirussischen Elemente gegen sie aufbringen würde, die die ukrainische Politik dominieren. Dies wiederum wäre vermutlich das Ende der Regierung Poroschenko.

Die Poroschenko-Regierung hat allen Grund, Spannungen mit Russland zu schüren, sowohl um die Aufmerksamkeit der Bevölkerung von der anhaltenden Wirtschaftskrise im Land und den endlosen Korruptionsskandalen abzulenken, als auch um mehr Unterstützung von Washington und der Nato zu erhalten.

Seit dem vom Westen unterstützten Putsch 2014 haben etwa fünf Millionen Ukrainer ihre Arbeitsplätze verloren, die Lebensqualität hat sich drastisch verschlechtert. Die Wirtschaft konnte zwar durch internationale Finanzhilfen vor dem vollständigen Zusammenbruch bewahrt werden, aber die Auszahlung eines Rettungspakets in Höhe von 17,5 Milliarden Dollar durch den IWF hat sich verzögert, weil die Regierung die damit verknüpften Bedingungen nicht erfüllt.

Poroschenkos Manöver, um das Überleben seines Regimes zu sichern, spielen jedoch nicht die entscheidende Rolle. Vielmehr geht der US-Imperialismus massiv gegen Russland vor und bedient sich der Ukraine in eigener Sache. Die USA und die Nato haben bereits Pläne zur Stationierung von mehreren Bataillonen, insgesamt etwa 4.000 Soldaten, an der russischen Grenze in Polen und den baltischen Republiken umgesetzt. Darüber hinaus hat die Nato eine 40.000 Mann starke schnelle Eingreiftruppe für militärische Konfrontationen mit Moskau aufgestellt.

Washington beobachtet das russische Vorgehen im Nahen Osten argwöhnisch, vor allem Moskaus Militärbündnis mit dem Iran in Syrien und die russische Annäherung an die Türkei. In dieser Atmosphäre sollen die Provokationen auf der Krim den militärischen Druck auf Russland an den eigenen Grenzen erhöhen.

Die russische Regierung repräsentiert die Interessen der milliardenschweren Oligarchen, die sich nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 am ehemaligen Staatseigentum bereichert haben. Sie hat keine kohärente Strategie, um diesem wachsenden militärischen Druck entgegenzutreten. Daher schwankt sie zwischen Versuchen, sich mit Washington zu einigen, und Demonstrationen militärischer Stärke sowie Appellen an russischen Nationalismus.

Während Putin auf der Krim sprach, führten die russische Marine und die Landstreitkräfte Manöver durch, um die schnelle Verlegung von Truppen, Panzern und anderem Gerät auf die Krim im Falle eines Krieges zu üben. Die Übung beinhaltete u.a. den Einsatz von 2.500 Soldaten, 350 Panzerfahrzeugen, Marineschiffen und anderen Militäreinheiten.

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