Ägyptische Junta umwirbt Russland und China als Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten

Die ägyptische Militärdiktatur von General Abdul Fattah al-Sisi, die lange Zeit als ein entscheidender Verbündeter der Vereinigten Staaten fungierte, hält Ende dieses Monats erstmals Militärübungen mit Russland ab.

Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, die Übungen unter dem Namen „Beschützer der Freundschaft-2016“ umfassten 500 Soldaten, fünfzehn Flugzeuge und Helikopter sowie zehn militärtechnische Einheiten. Das Ministerium bezeichnete die Übungen als „gegen Terrorismus gerichtet“ und fügte hinzu: „Das Absetzen mehrerer russischer Truppentransporter mit Fallschirmen im ägyptischen Wüstenklima findet zum ersten Mal in der Geschichte statt.“

Zwar hat bereits die Sowjetunion während des Kalten Krieges Hunderte „Militärberater“ nach Ägypten entsandt, doch ist dies das erste Mal, dass die beiden Länder gemeinsame Militärübungen zu Lande abhalten werden. Vergangenes Jahr führten Russland und Ägypten erstmals eine gemeinsame Marineübung im Mittelmeer durch, an der auch das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte, der Flugzeugträger Moskwa, beteiligt war.

Vor dieser jüngsten Mitteilung berichteten russische Medien, dass Ägypten die Möglichkeit diskutiert, Russland Militärstützpunkte auf ägyptischem Territorium zu gestatten. Russland ist bestrebt, eine ehemalige sowjetische Marinebasis in der Küstenstadt Sidi Barani, nahe der libyschen Küste, bis zum Jahr 2019 in Betrieb zu nehmen und damit seine Mittelmeerpräsenz zu stärken. Diese Meldung folgte drei Tage nach der Ankündigung Moskaus, seine Marinebasis in Tartus an der syrischen Küste mit einem S-300-Flugabwehrraketensystem zu verstärken.

In der letzten Woche verhinderte Ägypten eine von Frankreich befürwortete Resolution des UNO-Sicherheitsrates, die die Beendigung aller Luftangriffe und Überflüge russischer und syrischer Luftstreitkräfte über Aleppo forderte. Ägypten unterstützte zudem die russische Resolution, die eine Waffenpause forderte, ohne die französische Bedingung zu erwähnen. Keine der beiden Resolutionen erhielt eine Mehrheit.

Das ägyptische Elektrizitätsministerium kündigte außerdem an, einen umfangreichen Vertrag mit Rosatom abzuschließen, um in dem Gebiet um al-Dabaa ein Atomkraftwerk zu errichten. Parallel beraten die beiden Staaten, wie die Touristenflüge wiederaufgenommen werden können, die nach dem Flugzeugabsturz im Oktober 2015 auf der Sinai-Halbinsel unterbrochen wurden.

Ein Ausdruck der zunehmenden Spannungen zwischen Ägypten und Saudi-Arabien ist die Erklärung des saudischen Ölministeriums, dass die saudische staatliche Ölgesellschaft Aramco ihre Öl-Hilfslieferungen an Ägypten einstellen werde. Andererseits bleibt die für fünf Jahre vereinbarte Lieferung von 700.000 Tonnen raffinierter Ölprodukte monatlich, die im letzten Jahr unterzeichnet wurde, in Kraft.

Al-Sisis umstrittene und höchst unpopuläre Vereinbarung mit Riad vom April, zwei Inseln im Roten Meer, Tiran und Sanafir, an Saudi-Arabien zu übergeben, hat in Ägypten einen erbitterten Gerichtsprozess ausgelöst, der die Saudis in Wut versetzte. Ende letzten Monats hat ein ägyptisches Gericht eine vorhergehende Entscheidung aufgehoben, die eine Wiederherstellung der vorherigen maritimen Grenzen zwischen Ägypten und Saudi-Arabien forderte. Doch gegen dieses Urteil kann immer noch Einspruch eingelegt werden.

Die Übergabe der beiden Inseln war die Gegenleistung für ein finanzielles Rettungspaket für die Militärjunta. In dieses Paket flossen seit al-Sisis Putsch gegen Präsident Mohammed Mursi im Jahr 2013 Milliarden Dollar aus Saudi-Arabien, in Form von Zuschüssen, Krediten und Handelsverträgen.

Ein weiterer Zankapfel zwischen Riad und Kairo ist die ägyptische Weigerung, sich am Krieg zum Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu beteiligen.

Zur gleichen Zeit unterzeichnete Ägypten eine 20-Milliarden-Dollar-Vereinbarung mit der China Fortune Land Development Company (CFLD), um die zweite und dritte Bauphase der neuen 45 Milliarden Dollar teuren Verwaltungshauptstadt angehen zu können. Diese sollen ab Juni 2018 beginnen, nachdem die erste Bauphase des Projekts abgeschlossen sein soll. Ägypten hofft, damit weitere 15 Milliarden Dollar Direktinvestitionen anzuziehen.

Ursprünglich beabsichtigte Kairo, den Vertrag für dieses Projekt mit einem Unternehmen aus Abu-Dhabi abzuschließen, wandte sich dann aber, als dieser Plan scheiterte, an China. Von diesem ehrgeizigen Projekt ist bislang wenig fertiggestellt.

Al-Sisi war 2014 und 2015 auf Staatsbesuch in China und Präsident Xi Jinping besuchte Anfang dieses Jahres Kairo, um fünfzehn Projekte im Wert von zehn Milliarden Dollar zu vereinbaren. Zu diesen Projekten zählen drei Elektrizitätswerke, eine Eisenbahnverbindung zwischen Kairo und der Stadt des 10. Ramadan, einen Bahnhof am Flughafen von Alexandria, Glas- und Lederfabriken sowie die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke zwischen Alexandria und Abukir. Die chinesische Asian Infrastructure Investment Bank finanziert Berichten zufolge die ägyptische Zentralbank und weitere ägyptische Banken in Staatsbesitz mit mindestens 1,7 Milliarden Dollar.

Die ägyptische Auslandsverschuldung wuchs unter al-Sisi von 44,8 Milliarden Dollar im Juli 2014 auf 53,4 Milliarden Dollar im Januar 2016, während gleichzeitig die Währungsreserven auf knappe fünfzehn Milliarden Dollar zusammenschrumpften. Die in Blut watende Diktatur konnte den Staatsbankrott nur dank Finanzspritzen, Krediten und Ölgarantien in Höhe von 50 Milliarden Dollar abwenden, die sie von Saudi-Arabien, Katar und weiteren ölreichen Golfstaaten erhielt. Die ägyptischen Einnahmen aus der internationalen Nutzung des Suez-Kanals, aus der Tourismusbranche und aus den Überweisungen von im Ausland arbeitenden Ägyptern sind eingebrochen. Zudem gelang es auf der internationalen Konferenz von Scharm el-Scheich nicht, weitere angekündigte Hilfsspritzen zu realisieren.

Es wird allgemein erwartet, dass Ägypten seine Währung weiter abwerten und abermals teilweise den Wechselkurs freigeben wird, um die kürzlich mit dem Internationalen Währungsfond geschlossene Vereinbarung einzuhalten. Diese sieht die Durchsetzung von Sparmaßnahmen vor, in dessen Gegenzug ein Zwölf-Milliarden-Dollar-Kredit zur Verfügung gestellt wird, um die ägyptische Währung zu stützen. Die Abwertung des ägyptischen Pfundes vom vergangenen März und die Einführung von Kapitalkontrollen, darunter eine Einschränkung von Überweisungen ins Ausland sowie der Entzug von Geldern für Auslandsreisen, haben dazu geführt, dass die Unternehmen keine Grundversorgungsmittel importieren konnten. Unter anderem betrifft dies Weizen, auf dessen Einfuhr Ägypten angewiesen ist. Die politische, wirtschaftliche und soziale Krise wird auf diese Weise weiter verschärft.

Jede weitere Abwertung wird die Inflationsrate weiter erhöhen, die bereits bei fünfzehn Prozent jährlich steht. 27 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der offiziellen Armutsgrenze und fast 50 Prozent der jungen Menschen sind entweder arbeitslos oder unterbeschäftigt.

Vergangenen Monat demonstrierten aufgebrachte Mütter und forderten Babynahrung, zugleich rief ein Facebook-Eintrag unter dem Titel „Revolution der Armen“ zu landesweiten Demonstrationen für den 11. November auf.

Ägyptens Hinwendung zu Russland und China ist ein verzweifelter Versuch, Washington, das Kairo 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe pro Jahr zur Verfügung stellt, seine Verbündeten am Golf, sowie Moskau und Peking gegeneinander auszuspielen, um damit den Staatsbankrott abzuwenden.

Al-Sisis Kalkül besteht darin, dass die Wichtigkeit der Erhaltung von Stabilität in Ägypten Washington und Riad davon abhalten werde, die Hilfen ernsthaft einzuschränken, da Unruhen in Ägypten unzweifelhaft einen Dominoeffekt in der gesamten Region auslösen würden, darunter auch in den Golfmonarchien. Fünfeinhalb Jahre nach dem Ausbruch von revolutionären Massenkämpfen in Ägypten, die zum Sturz des langjährigen Diktators Hosni Mubarak geführt haben, fürchtet sein Nachfolger eine weitere soziale Eruption oder einen präventiven Militärputsch, während die Presse des internationalen Finanzkapitals sein Handhaben der Situation aufs Schärfste kritisiert.

Die kleinbürgerlichen pseudolinken Kräfte von der Gruppe der Revolutionären Sozialisten (RS), einem Bestandteil der International Socialist Tendency, nahmen bei ihrer Kritik am al-Sisi-Regime und seiner Unterstützung der russischen UNO-Resolution einen vollständig nationalistischen, pro-imperialistischen und kriegsbefürwortenden Standpunkt ein.

Die RS spielten eine entscheidende Rolle, als das konterrevolutionäre Militärregime im Jahr 2013 an die Macht gelangte. Sie begrüßten den Putsch als „Zweite Revolution“ und unterstützten den konterrevolutionären Terror, der Ägypten seitdem in den Griff genommen hat. Heute ist ihre Opposition gegen den Diktator und Ägyptens Unterstützung für die russische UNO-Resolution von der Position der CIA und des Pentagon praktisch nicht zu unterscheiden. Eine ihrer prominentesten Mitglieder, Gihan (Gigi) Ibrahim, unterstützt den Wahlkampf der Kriegsbefürworterin Hillary Clinton, der US-Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei.

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