Clinton bereitet parteiübergreifende Regierung für Sparmaßnahmen und Krieg vor

Weniger als zwei Wochen vor dem Wahltag intensivieren Hillary Clinton und die Demokratische Partei ihre Vorbereitungen auf Clintons erste 100 Tage als Präsidentin. Im Zentrum dieser Bemühungen steht der Versuch, einen parteiübergreifenden Konsens mit dem Establishment der Republikanischen Partei über die Bildung einer Regierung zu erzielen, welche die amerikanischen Militäroperationen im Nahen Osten und weltweit verschärfen soll. Die Kosten dafür sollen der Arbeiterklasse durch neue Sparmaßnahmen aufgebürdet werden.

Ein Großteil der amerikanischen Medien und des politischen Establishments sind zu dem Schluss gekommen, dass Clintons Sieg über den Republikanischen Kandidaten Donald Trump faktisch als sicher gilt. In Umfragen liegt Clinton zwar seit den letzten Wochen allgemein vor Trump, doch dieser Schluss könnte sich noch immer als voreilig erweisen. Clinton wird trotz ihres Vorsprungs vor Trump weiterhin nur von 39 Prozent der Wahlberechtigten als ehrlich und vertrauenswürdig eingestuft. Damit ist sie, gleich nach Trump selbst, die zweit-unbeliebteste Kandidatin in der Geschichte Amerikas.

Der Kandidat der Republikaner genießt aufgrund seiner demagogischen Appelle an die Wut und Frustration großer Teile der Arbeiter und der Mittelschicht, deren Lebensstandard durch das wirtschaftliche und Finanzestablishment dezimiert wurde, weiterhin breite Unterstützung. Der milliardenschwere Immobilienmogul tut so, als sei er ein Gegner dieser Kräfte. Clintons Lager verstärkt seinerseits die Orientierung auf das Republikanische Establishment und wohlhabendere Gesellschaftsschichten, die normalerweise die Republikaner wählen, aber von Trump wegen seines offenen Rassismus, seines extremen Nationalismus und seiner Selbstdarstellung als Kämpfer gegen das Establishment angewidert sind.

Am Montag kündigte die Regierung an, dass die Prämien für Obamacare im nächsten Jahr um durchschnittlich fünfundzwanzig Prozent steigen werden. Solche Entwicklungen, Enthüllungen aus noch nicht von WikiLeaks veröffentlichten E-Mails von Clinton, oder eine unerwartete wirtschaftliche oder politische Erschütterung könnten unvorhergesehene Folgen für das Wahlergebnis haben.

Allerdings ist klar, dass diese Präsidentschaftswahl die rechteste Regierung der modernen Geschichte Amerikas an die Macht bringen wird, egal welcher der beiden Kandidaten der großen Parteien sie stellen wird.

Clinton ist die Wuschkandidatin der Wall Street, der Wirtschaftselite und großer Teile des Republikanischen Parteiestablishments. Sie versucht, im Rahmen der politischen Verhältnisse in Amerika eine Art große Koalition aus den Führungen der beiden Parteien zusammenzustellen.

Anfang der Woche wurde berichtet, dass Clinton Hinterzimmergespräche mit Parteiführern im Kongress über die grundlegende Politik und das Führungspersonal einer Clinton-Regierung aufgenommen hat. Es wurde außerdem berichtet, dass Clintons Übergangsteam zusätzliche Kräfte eingestellt und seine Versuche verstärkt hat, eine neue Demokratische Regierung zusammenzustellen.

Der Vorsitzende von Clintons Übergangsteam ist Ken Salazar, ein ehemaliger Senator des Staates Colorado und Innenminister während Präsident Obamas erster Amtszeit. Er gehört dem rechten Flügel der Demokratischen Partei an und war in seiner politischen Karriere als Lobbyist der Ölindustrie und anderer Energiebranchen tätig. Innerhalb der Demokratischen Partei hatte er für Streit gesorgt, als er George W. Bushs rechtsextremen Kandidaten für das Amt des Justizministers, Alberto Gonzales, vorgestellt und während dessen Bestätigungsanhörung vor dem Senat neben ihm gesessen hatte.

Die zentrale politische Ausrichtung einer künftigen Regierung unter Hillary Clinton ist bereits jetzt in ihrer antirussischen Kampagne gegen Trump im Stil der McCarthy-Ära zu erkennen. Sie gewinnt fast im ganzen bürgerlichen Spektrum Unterstützung, weil sie eine Verschärfung des amerikanischen Krieges für einen Regimewechsel in Syrien und eine noch rücksichtslosere Konfrontation mit Russland in Aussicht stellt. Für Syrien fordert sie die Einrichtung einer Flugverbotszone, obwohl führende Militärs zugegeben haben, dass dies nicht nur einen Krieg gegen Syrien erfordern würde, sondern auch gegen Russland.

Die Hetze gegen Russland soll die öffentliche Anti-Kriegs-Stimmung überrumpeln und desorientieren und es einer künftigen Clinton-Regierung ermöglichen, das Mandat für eine militärische Eskalation zu beanspruchen. Zahlreiche Kommentare in den Medien wiesen auf die allgemeine parteiübergreifende Unzufriedenheit des außenpolitischen Establishments mit Obamas Politik hin. Das Grundargument lautet, seine Regierung sei zu schüchtern. In Wirklichkeit hat sie den Krieg in Afghanistan fortgesetzt, ihn auf Pakistan ausgeweitet, verheerende Kriege in Libyen und Syrien geführt, einen neuen Krieg im Irak begonnen, Saudi-Arabien bei seinem Krieg im Jemen unterstützt und hunderte von Drohnenangriffen im ganzen Nahen Osten und Afrika organisiert.

Die Washington Post schrieb letzte Woche: „Republikaner und Demokraten aus der außenpolitischen Elite schaffen durch zahlreiche Berichte von Funktionären, die wahrscheinlich wichtige Rollen in einer Clinton-Regierung spielen würden, die Bedingungen für eine selbstbewusstere Außenpolitik.“

Der Artikel wies darauf hin, dass Madeleine Albright, die unter Bill Clinton als Außenministerin tätig war, ein „parteiübergreifendes und internationales Team“ bei der Denkfabrik Atlantic Council anführt, das „die Strategie der USA im Nahen Osten bewertet.“ Er zitierte sie mit den Worten: „Wir glauben, Amerika muss mehr tun – keine Bodentruppen, sondern zusätzliche Hilfe bei den militärischen Aspekten.“

Die herrschende Klasse weiß, dass sie mit einer solchen Außenpolitik ein weiteres Anwachsen der sozialen Wut und der antikapitalistischen Stimmung riskiert. Bisher äußerte sich diese in der massiven Unterstützung für Bernie Sanders' Wahlkampf und, in etwas verzerrterer Form, für Trumps angebliche Herausforderung des Status Quo.

Die Probleme der herrschenden Klasse werden durch die Tatsache verstärkt, dass eine Außenpolitik, die höhere Militärausgaben erfordern wird, tiefere Sozialkürzungen nach sich ziehen wird. Clinton behauptet, sie wolle die Konzerne und die Reichen stärker besteuern, um ein riesiges Arbeitsbeschaffungsprogramm und Sozialreformen zu ermöglichen, u.a. eine schuldenfreie Hochschulausbildung. Doch diese Behauptungen werden durch die unverhältnismäßige Unterstützung widerlegt, die ihr Wahlkampf durch die Wall Street und unter Unternehmensvorständen genießt.

Dazu einige relevante Tatsachen:

* Von den 88 Millionen Dollar, die Milliardäre für die Präsidentschaftskandidaten der beiden Parteien gespendet haben, gingen 70 Millionen Dollar an Clinton.

* Zwei Drittel der von der Wirtschaft finanzierten Politischen Aktionskomitees (PAC) bevorzugen Clinton gegenüber Trump.

* Bis Juli hat noch kein einziger Vorstandschef eines Unternehmens, das im Aktienindex Fortune 100 gelistet ist, für Trumps Wahlkampf gespendet oder ihn unterstützt. Clinton hat von Vorstandschefs von elf derartigen Firmen Spenden erhalten.

* Laut Umfragen wollen 45 Prozent der Haushalte mit einem Jahreseinkommen von über 100.000 Dollar pro Jahr für Clinton stimmen, nur 28 Prozent für Trump. Bei den Haushalten mit einem Jahreseinkommen von über 250.000 Dollar, d.h. den obersten fünf Prozent, ist Clintons Vorsprung noch größer: 53 Prozent wollen die Demokratin wählen, nur fünfundzwanzig Prozent Trump.

WikiLeaks hat Abschriften von Clintons Reden vor Wall Street-Bankern veröffentlicht, für die sie sechsstellige Honorare erhielt. In diesen Reden lobt sie die Empfehlungen der Simpson-Bowles-Kommission, die 2010 Kürzungen bei Social Security, Medicare und Medicaid, die Streichung von 200.000 staatlichen Arbeitsplätzen und immense Senkungen der Einkommenssteuer für Reiche und der Körperschaftssteuern vorgeschlagen hatte, um das Haushaltsdefizit zu verringern.

Der künftige Vorsitzende der Demokratischen Senatsfraktion, Charles Schumer, erklärte letzte Woche auf CNBC, Clinton werde vorschlagen, amerikanischen Konzernen die Rückführung von Gewinnen aus Übersee in Höhe 2,5 Billionen Dollar zu einem Steuersatz zu erlauben, der weit unter dem offiziellen Satz von 35 Prozent liegt (möglicherweise bis zu zehn Prozent). Die Großkonzerne würden damit riesige Gewinne machen.

Die herrschende Elite strebt eine Einheitsfront der beiden Parteien des Großkapitals an, um diese Politik durchzusetzen. Dieses Anliegen könnte noch wichtiger werden, wenn die Republikaner möglicherweise die Mehrheit im Senat oder sogar im Repräsentantenhaus verlieren und eine unwiderrufliche Spaltung der Partei droht.

Eine zentrale Aufgabe der künftigen Clinton-Regierung wäre es, die Republikaner zu retten und zu rehabilitieren und das Zweiparteiensystem zu stärken. Dass Clinton und die Demokraten daran arbeiten, zeigen Clintons zunehmend entschlossenere Versuche, sich als Kandidatin des gesamten politischen Establishments zu präsentieren.

So erklärte sie am Montag in New Hampshire: „Ich bin stolz, dass ich erleben kann, wie sich Amerikaner – Demokraten, Republikaner und Unabhängige – zusammen gegen Hass und Spaltung stellen… Ich bin stolz, dass ich die Unterstützung von 150 Republikanischen Parteiführern im Staat genieße, denen ihr Land wichtiger ist als ihre Partei.“

Der Kolumnist Thomas Friedman von der New York Times, ein mediales Sprachrohr Clintons und der Demokraten, erklärte am Mittwoch in einer Kolumne: „Das Land braucht dringend eine gesunde Partei rechts der Mitte“.

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