Nato kündigt größte Truppenbereitstellung gegen Russland seit dem Kalten Krieg an

Wie hohe Nato-Vertreter am Montag der Londoner Times erklärten, wird die Nato in den nächsten Monaten Einheiten mit hunderttausenden Soldaten für Militärschläge gegen Russland in Alarmbereitschaft versetzen.

Das von den USA geführte Militärbündnis plant eine beschleunigte Mobilisierung von zehntausenden, später hunderttausenden und schließlich Millionen Soldaten gegen Russland. Abgesehen von seiner bestehenden, 5.000 Mann starken „Speerspitze“ verdreifacht die Nato ihre schnelle Eingreiftruppe auf 40.000 Mann und will hunderttausende Soldaten in höhere Alarmbereitschaft versetzen.

Die Times schrieb: „Sir Adam West, der scheidende ständige Vertreter Großbritanniens in der Nato, erklärte, das Ziel sei es, in etwa zwei Monaten die Reaktionszeit von bis zu 300.000 Soldaten zu beschleunigen. Derzeit würde es bis zu 180 Tage dauern, bis eine Streitmacht dieser Größenordnung einsatzbereit ist.“

Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte: „Wir... befassen uns mit den Follow-On-Forces, wie wir sie nennen. Die Nato-Verbündeten haben große Streitkräfte. Wir befassen uns damit, wie sich mehr von ihnen in kürzerer Zeit einsatzbereit machen lassen.“ Laut der Times erklärte Stoltenberg, die Nato untersuche allgemein Methoden, wie sich die „Einsatzbereitschaft der fast drei Millionen Soldaten, Matrosen, Luftwaffensoldaten und Marineinfanteristen des Bündnisses verbessern lässt.“

Diese größte Truppenbereitstellung seit der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie und dem Ende des Kalten Krieges vor einem Vierteljahrhundert richtet sich gegen Russland.

Stoltenberg erklärte: „Wir haben erlebt, dass Russland seit vielen Jahren eine beträchtliche militärische Aufrüstung betreibt. Es hat seine Militärausgaben seit 2000 faktisch verdreifacht, neue militärische Kapazitäten entwickelt, seine Truppen in Manövern geschult und militärische Gewalt gegen Nachbarstaaten angewandt. Wir haben auch erlebt, dass Russland Propaganda unter Nato-Verbündeten in Europa betreibt, und genau deshalb reagiert die Nato. Wir reagieren mit der größten Verstärkung unserer gemeinsamen Verteidigung seit dem Ende des Kalten Krieges.“

Diese Äußerungen machen deutlich, dass die Nato während des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfs hinter dem Rücken der Bevölkerung ihre Pläne für einen schrecklichen Krieg vorantreibt. Wie auch immer die Wahlen in den USA und die, die in den europäischen Nato-Staaten 2017 anstehen, ausgehen, die Truppenverlegungen und Kriegsvorbereitungen des Pentagon und der Generalstäbe der europäischen Staaten werden fortgeführt.

Mit seinem vagen Anspielungen auf Russlands „Propaganda“ in Europa meint Stoltenberg die instinktive Ablehnung der europäischen und internationalen Arbeiterklasse gegen Kriege und das allgemeine Misstrauen gegen die antirussische Propaganda von Nato-Funktionären wie Stoltenberg und West.

Das Pew Research Center hatte letztes Jahr eine Umfrage durchgeführt, aus der hervorgeht, dass weltweit die Bevölkerung mehrheitlich einen konventionellen Krieg gegen Russland in Osteuropa ablehnt, selbst wenn Russland den Konflikt begonnen hätte. Unter diesen hypothetischen Bedingungen lehnten 58 Prozent der Deutschen, 53 Prozent der Franzosen und 51 Prozent der Italiener jedes militärische Vorgehen gegen Russland ab. Die Ablehnung wäre zweifellos noch größer gewesen, wenn die Befrager erwähnt hätten, dass die Entscheidung der Nato zu einem Angriff auf russische Truppen in Osteuropa zu einem Atomkrieg führen könnte.

Die Ursachen dieser Ablehnung liegen in der tief sitzenden Unzufriedenheit mit den imperialistischen Kriegen im Nahen Osten nach der Auflösung der Sowjetunion und der Erinnerung an zwei Weltkriege in Europa im zwanzigsten Jahrhundert. Die Argumente Stoltenbergs dagegen sind politische Irreführung.

Nicht von Russland geht die größte Gefahr von militärischer Aggression und Krieg in Europa aus, sondern von den Nato-Staaten. In den letzten fünfundzwanzig Jahren haben die imperialistischen Nato-Mächte Länder in Zentralasien, im Nahen Osten und Afrika bombardiert und überfallen. In Europa bombardierten sie während der Balkankriege in den 1990er Jahren Serbien und den Kosovo und verschoben die Grenzen der Nato hunderte Kilometer weiter nach Osten. Im Jahr 2014 unterstützten sie in der Ukraine einen gewalttätigen, von Faschisten angeführten Putsch gegen eine prorussische Regierung.

Ein Bericht von NBC News vom letzten Freitag zeigte wieder einmal den aggressiven Charakter der Nato-Politik. Dem zufolge haben amerikanische Cyberkriegseinheiten wichtige russische Elektrizitäts-, Internet- und Militärnetzwerke gehackt. Diese sind jetzt „anfällig für Angriffe durch geheime amerikanische Cyberwaffen, sollten die USA dies für nötig halten“, erklärte NBC.

Russische Regierungsvertreter verurteilten die in diesem Bericht geschilderten Aktivitäten und das Schweigen der Obama-Regierung über die Angelegenheit. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa erklärte: „Sollte keine offizielle Reaktion der amerikanischen Regierung erfolgen, würde dies belegen, dass in den USA Cyberterrorismus betrieben wird. Wenn die USA ihre Angriffsdrohung wahrmachen, die in den US-Medien verkündet wurden, hätte Moskau das Recht, Washington anzuklagen.“

Die katastrophalen geostrategischen Folgen der Auflösung der Sowjetunion und der Wiedereinführung des Kapitalismus in Osteuropa durch die stalinistische Bürokratie werden immer offensichtlicher. Die Nato hat in einem geografischen Gürtel von den baltischen Republiken über Polen und die Ukraine bis nach Rumänien ihre Truppen nahe oder unmittelbar an der russischen Grenze stationiert und bereit sich auf einen Krieg gegen Russland vor, der schnell zu einem nuklearen Schlagabtausch ausarten könnte.

Eine Auswertung von Stoltenbergs Äußerungen zeigt, dass die Pläne der Nato keine defensiven Vorbereitungen zur Abwehr eines plötzlichen konventionellen Angriffs des russischen Militärs auf Europa sind. In einem solchen Szenario würden russische Panzerkolonnen die wenigen tausend oder zehntausend Soldaten der diversen Eingreiftruppen der Nato überrennen, sodass die restlichen „Follow-On-Forces“ der Nato nicht die nötigen 60 bis 180 Tage zur Mobilmachung zur Verfügung hätten.

Der Plan, mehrere aufeinanderfolgende Schichten von „Follow-On“-Truppen zu mobilisieren, soll es der Nato vielmehr ermöglichen, Russland in einer „Krisensituation“ zu bedrohen, indem sie nach und nach immer mehr von den gemeinsamen Streitkräften ihrer 28 Mitgliedsstaaten mobilisiert, die zusammen stärker sind als die russischen. Russlands Bevölkerung beträgt nur 145 Millionen und ist damit deutlich kleiner als die Gesamtbevölkerung der Nato-Staaten mit 906 Millionen.

Der mit der CIA verbündete Thinktank Rand Corporation veröffentlichte letzten Monat einen Bericht über die militärische Lage in den baltischen Republiken Litauen, Lettland und Estland, der den aggressiven Charakter der Pläne der Nato verdeutlicht. Die kleinen Nato-Truppen in den baltischen Republiken würden laut dieser Denkfabrik einen verheerenden Krieg eher provozieren als ihn verhindern. Sie kam zu dem Schluss, dass russische Truppen diese Länder bei einem tatsächlichen Angriff in etwa 60 Stunden erobern könnten.

Daher forderte die Rand Corporation eine umfassende Aufrüstung der Nato in den baltischen Republiken, d.h. praktisch vor den Toren von St. Petersburg. Um eine schnelle Eroberung der baltischen Staaten zu verhindern, würde eine Streitmacht von etwa sieben Brigaden erforderlich sein, „darunter drei schwere Panzerbrigaden, ausreichende Luftunterstützung, landbasierte Artillerie und andere Unterstützungstruppen, die ab Beginn der Kampfhandlungen aktiv werden können.“ Die Kosten für die Nato-Staaten würden sich auf 2,7 Milliarden Dollar pro Jahr belaufen.

Während die Nato-Staaten ihre Drohungen gegen Russland verschärfen, entstehen auch innerhalb der imperialistischen Nato-Mächte zunehmend erbitterte Konflikte. Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi hat letzten Monat beim EU-Gipfel in Brüssel die Forderung der USA nach weiteren Sanktionen gegen Russland offen abgelehnt. Auch zwischen den USA und Deutschland verschärfen sich die Spannungen angesichts der Forderungen von Berlin und Paris nach einer unabhängigen Streitmacht der EU.

Angesichts der Verstärkung der militärischen Provokationen gegen Russland unter Führung der USA verschärfen sich auch die Spannungen in Europa. Der Spiegel warnte in einem Artikel mit dem Titel „Ob Clinton oder Trump - für Deutschland wird es ungemütlich“ vor den langfristigen Folgen einer aggressiven Politik der USA gegen Russland, die nach Meinung des Magazins, unabhängig vom Ausgang der Wahl fortgesetzt würde.

Laut Spiegel werde das Motto sein: „Wenn ihr (auch nuklearen) US-Schutz vor Putin wollt, müsst ihr uns entweder dafür mehr Geld bezahlen oder selber aufrüsten.“

Loading