Rot-Rot-Grün rüstet Berliner Polizei auf

Aktuell finden im Roten Rathaus in Berlin die Koalitionsverhandlungen für die angestrebte rot-rot-grüne Landesregierung statt. In dieser Woche ging es vertieft um Fragen der öffentlichen Sicherheit und Verwaltung. Erste Verlautbarungen über den Inhalt der Debatten lassen keinen Zweifel daran, dass die Aufrüstung des Staatsapparats und der Berliner Polizei auch unter Rot-Rot-Grün vorangehen und sogar noch verstärkt werden wird.

Der Newsletter des Landesverbands der Berliner Linkspartei vom Donnerstag berichtet, dass sich „die große Verhandlungsgruppe von SPD, LINKEN und Grünen“ am Montag „zur zehnten Verhandlungsrunde“ getroffen habe, um den „Themenkomplex ‘Öffentliche Sicherheit und Bürgerrechte’“ zu diskutieren. Die „Maßnahmen“, die „dazu im Bereich Inneres“ getroffen wurden, lesen sich wie der Wunschzettel aus dem Polizeipräsidium.

Unter anderem soll eine „bessere Erreichbarkeit und stärkere Präsenz der Polizei in den Wohnquartieren“ sichergestellt und am Alexanderplatz „eine Kombiwache“ eingerichtet werden. „Unbesetzte Stellen bei der Polizei“ gelte es „schnellstmöglich [zu] besetzen“ und eine „qualifizierte Aus- und Fortbildung [zu] sichern“. Außerdem soll „eine Kooperative Leitstelle für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste […] eingerichtet [und] ein Konzept für eine Katastrophenschutzleitzentrale erarbeitet werden“. Auch „der Einsatz von V-Leuten bei der Polizei“ soll „in begründeten Ausnahmefällen“ weiterhin erfolgen.

Bereits im Wahlkampf hatten Linkspartei und Grüne klar gemacht, dass sie den „Law and Order“ Kurs der Großen Koalition im Kern unterstützen und fortsetzen wollen. Die Grünen traten mit einem eigenen Sicherheitskonzept auf, das mindestens 500 neue Stellen für die Polizei und die rechtliche Regelung des finalen Rettungsschuss forderte, der in Berlin gesetzlich noch nicht zulässig ist.

Auch die Linkspartei warb in ihrem Wahlprogramm für mehr Stellen bei der Polizei. „Insbesondere in Bussen und Bahnen sowie auf Bahnhöfen im öffentlichen Nahverkehr“ solle sie „mit zusätzlichem Personal für Sicherheit sorgen“, hieß es darin. Und im Abschnitt „Die Arbeitsbedingungen der Polizist*innen verbessern“: „Grundlage dafür, dass die Polizei ihre Aufgaben verantwortungsvoll erfüllen kann, ist eine fundierte Ausbildung und Ausstattung. Deshalb müssen […] wieder mehr Polizistinnen und Polizisten eingestellt werden.“

Die spezifische Rolle von Rot-Rot-Grün besteht darin, die massive Aufrüstung des Staatsapparats mit Phrasen von „Bürgerrechten“ und „Demokratieförderung“ und gar der Stärkung der Rechte von Frauen und Migranten zu begründen. „Die Koalition will den Anteil von Frauen, MigrantInnen und Migranten bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten erhöhen“, heißt es im Newsletter der Linkspartei.

Die rot-rot-grüne Propaganda zielt darauf ab, besser gestellte Mittelschichten in die Kampagne für Staatsaufrüstung zu integrieren und gleichzeitig deren reaktionäre Stoßrichtung zu verschleiern. Tatsächlich geht es um die Unterdrückung der Arbeiterklasse. Rot-Rot-Grün rüstet sich für Auseinandersetzungen in der Hauptstadt, die sich mit der sozialen Spaltung, der Flüchtlingskrise und dem wachsenden Militarismus zuspitzen werden.

Wie die Berliner Zeitung parallel zu den rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen berichtete, sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre die Spezialeinheiten Ausrüstung und Bewaffnung im Wert von sechs Millionen Euro erhalten. Dazu zählen Maschinenpistolen, Schutzwesten der höchsten Sicherheitsklasse und Atemschutzgeräte.

Auch gepanzerte Fahrzeuge sollen bald auf Berliner Straßen fahren. Derzeit laufen bereits die Ausschreibungen für den sogenannten „Survivor R“. Das 500.000 Euro teure Fahrzeug ähnelt stark den Panzerwägen, die die SWAT-Kommandos (schwer bewaffnete Sondereinheiten der Polizei) in den USA einsetzen. „Survivor R“ wurde von der deutschen Firma Rheinmetall aus Düsseldorf und der österreichischen Firma Achleitner entwickelt.

Allein die Ausstattung macht deutlich, das sich die Berliner Polizei auf bürgerkriegsähnliche Zustände vorbereitet: Das Fahrzeug bietet Schutz vor Angriffen mit Maschinenpistolen, Handgranaten und atomaren, biologischen und chemischen Kampfstoffen; eine Abschussanlage für Nebelgranaten oder Tränengas ist variabel im Lieferumfang enthalten. Außerdem ist der Einbau einer Waffenstation mit Doppelbewaffnung möglich, die im Inneren des Fahrzeugs bedient und nachgeladen werden kann.

Neben dem Panzerwagen bekommt das SEK 100 Maschinenpistolen des Typs MP7. Die hochmoderne Nahbereichswaffe wird vorwiegend von der deutschen Bundeswehr eingesetzt und dient der Bekämpfung von Zielen bis zu einer Entfernung von 150 Metern. Laut der Website des Herstellers Heckler & Koch stellt sie im Vergleich zur konventionellen Maschinenpistole einen weiteren Schritt in Richtung Sturmgewehr dar und wurde als „ideale Begleitwaffe für den modernen Soldaten“ konzipiert. Erst im Sommer kündigte Innensenator Frank Henkel an, die Berliner Polizei zukünftig auch mit Elektroschockern auszustatten.

Das Geld für die Waffen kommt aus dem sogenannten „Anti-Terror-Paket“, das vom Berliner Abgeordnetenhaus im November 2015 als Reaktion auf die Terroranschläge in Paris verabschiedet wurde. Das Paket umfasst rund 33 Millionen Euro. Neben den 1000 zusätzlichen Stellen bei Polizei, Feuerwehr und Verfassungsschutz soll auch eine 75-köpfige Taskforce für besondere Sicherheitslagen gebildet werden.

Die Stoßrichtung des Pakets wurde bereits damals von allen Parteien im Abgeordnetenhaus unterstützt. Die SPD hatte die Vorschläge als Regierungspartei von Anfang an mitgetragen. Die Grünen griffen die Maßnahmen von rechts an. In der Debatte im Abgeordnetenhaus am 10. Dezember 2015 warf der Grüne, Benedikt Lux, dem Innensenator vor, „weder ‘Law’ noch ‘Order’“ zu sein. Mit Verweis auf die maroden Schießstände fragte der Abgeordnete erbost: „Und Sie wollen Berlin vor Terror schützen? Wo soll denn geübt werden, wie ein Terrorist erschossen werden soll?“

Auch die Linkspartei unterstützte bereits damals den Kurs der Aufrüstung. Der Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, reagierte auf das „Anti-Terror-Paket“ mit der Bemerkung, dass die Schutzausrüstung der SEK unter Rot-Rot bereits umfassend erneuert worden sei. Sein Kollege, Hakan Taş, verlangte von der Regierung mehr „Geld und Personal für die tägliche Kriminalitätsbekämpfung in der Stadt“. Auch er beschwerte sich, dass das „Schießtraining“ für die Polizisten wohl ausfallen müsse, weil es nicht genügend Schießstände gebe.

Loading