Perspektive

Trump ernennt Stephen Bannon zum Chefstrategen: ein neues Krisenstadium der amerikanischen Demokratie

Die Berufung des Leiters von Breitbart News, Stephen Bannon, zum „Chefstrategen“ Donald Trumps und das Ausbleiben merklichen Widerstands seitens der Demokratischen Partei ist politisch von weitreichender Bedeutung. Ein Mann mit direkten Beziehungen zu organisierten Faschisten und Rassisten wird als rechte Hand des Präsidenten enormen Einfluss auf die Politik der Regierung ausüben können.

Trumps Aufstieg zur Macht bedeutet, dass sich die amerikanische herrschende Klasse politisch völlig neu ausrichtet. Der Ausgang der Wahl vom 9. November war, wie sich Obama ausdrückte, das Ergebnis eines „internen Gerangels“ innerhalb der herrschenden Klasse. Im Zuge dieser Auseinandersetzung gelangte sie zu einer neuen politischen Orientierung.

Trump konnte es wagen, Bannon zu ernennen, weil er weiß, dass die Demokratische Partei kein Interesse daran hat, auch nur die elementarsten demokratischen Rechte zu verteidigen. Mit ihrer unterwürfigen Reaktion auf seine Wahl haben ihm führende Demokraten –von Obama und Hillary Clinton bis hin zu Bernie Sanders und Elizabeth Warron – zu verstehen gegeben, dass er beim Aufbau einer ultrarechten Regierung noch einen Schritt weiter gehen kann.

Auf Obamas erster Pressekonferenz nach Trumps Wahl stellte die Demokratische Partei ihre ganz Gleichgültigkeit, Selbstzufriedenheit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit zur Schau.

Obama weigerte sich, Bannons Ernennung zu kommentieren. Es sei „seine [Trumps] Sache, ein Team zusammenzustellen“, und es sei „wichtig, ihn Entscheidungen treffen zu lassen“. Obama äußerte sich lobend über seine „freundschaftliche Diskussion“ mit dem designierten Präsidenten und sagte, die amerikanische Bevölkerung müsse sich jetzt „mit der Trump-Präsidentschaft abfinden“. Seine eigene Aufgabe, fügte Obama hinzu, bestehe darin, „ihm nach Kräften zu helfen, voranzugehen und auf dem Fortschritt aufzubauen, den wir erreicht haben“.

Die Reaktion der Demokraten auf die Wahl Trumps ist besonders bemerkenswert, wenn man die genauen Umstände der Wahl betrachtet. Zum zweiten Mal innerhalb von 16 Jahren ist eine Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten nicht durch die Anzahl der Wählerstimmen entschieden worden, sondern allein durch die Zusammensetzung des Wahlmännerkollegiums. Diese Situation, die vor der Manipulation des Wahlergebnisses im Jahr 2000 zuletzt vor 112 Jahren eingetreten war, rief keinen Widerstand bei den Demokraten hervor.

Auf seiner Pressekonferenz schwieg sich Obama darüber aus, dass Trump bis zu zwei Millionen weniger Stimmen gewonnen hat als Clinton, und erwähnte nicht, dass die Wähler in den beiden wirtschaftlich wichtigsten Bundesstaaten mit großer Mehrheit gegen Trump gestimmt haben. Er wies auch nicht darauf hin, dass Trump nach Abschluss der Auszählung wahrscheinlich weniger Wählerstimmen gewonnen haben wird als Mitt Romney 2012 bei seiner Niederlage gegen Obama. Der noch amtierende Präsident nahm dies nicht zum Anlass, zu erklären, dass Trump kein Mandat der Wählerschaft für seine rechte Politik hat.

In den letzten Tagen hat Trump begonnen, den politischen Kurs seiner Regierung abzustecken. In einem Interview der Nachrichtensendung „60 Minutes“ am Sonntag kündigte er an, „zwei Millionen oder gar drei Millionen“ Einwanderer zu verhaften und einzusperren. Den Obersten Gerichtshof will er mit Richtern besetzen, die strikte Abtreibungsgegner sind und das Recht auf Abtreibung kippen sollen. Außerdem behielt sich Trump vor, strafrechtliche Ermittlungen gegen seine Gegnerin in der Wahl, die Demokratin Hillary Clinton, in die Wege zu leiten.

Nichts von alledem konnte der Demokratischen Partei auch nur den Hauch eines Protests entlocken. Das einzige, was die Demokraten gegenwärtig interessiert, ist ein „geordneter Machtwechsel“. Doch wohin führt dieser Wechsel?

Trump ist zwar eine neue Erscheinung in der amerikanischen Politik, aber kein völliger Bruch mit der Vergangenheit. Mit seiner Wahl beschleunigt die herrschende Klasse eine extrem antidemokratische Orientierung, die sich schon seit mehr als 25 Jahren entwickelt.

Nach der Auflösung der Sowjetunion verkündeten die Ideologen der amerikanischen herrschenden Klasse das „Ende der Geschichte“. Der Kapitalismus habe gesiegt, und nun werde ein Zeitalter des Friedens und der liberalen Demokratie anbrechen. Was in Wirklichkeit kam, waren 25 Jahre ständiger Kriege, eine immer tiefere Wirtschaftskrise, eine historisch beispiellose soziale Ungleichheit und die Zerstörung demokratischer Herrschaftsformen.

Bevor der Oberste Gerichtshof im Dezember 2000 die Neuauszählung der Stimmen in Florida stoppte und Bush den Wahlsieg schenkte, schrieb die World Socialist Web Site, das Ergebnis des Rechtsstreits „Bush vs. Gore“ werde zeigen, „wie weit die amerikanische herrschende Klasse beim Bruch mit traditionellen bürgerlich-demokratischen und verfassungsmäßigen Herrschaftsformen zu gehen bereit ist“. Indem die Demokratische Partei darauf verzichtete, den Wahlbetrug zu stoppen und sich dem damit verbundenen politischen Putsch entgegenzustellen, gab sie zu erkennen, dass in der herrschenden Klasse praktisch keine Bereitschaft mehr vorhanden war, demokratische Rechte zu verteidigen.

Alles, was seither geschehen ist, hat diese Einschätzung bestätigt. Kaum ein Jahr nach ihrem Amtsantritt nahm die Bush-Regierung die Terroranschläge vom 11. September 2001 zum Vorwand, um einen „Krieg gegen den Terror“ auszurufen. Dieser diente als Rechtfertigung für endlose Kriege nach außen und für die Zerstörung demokratischer Rechte im Inneren der Vereinigten Staaten.

Obama verstärkte nach seiner Wahl 2008 den Angriff auf demokratische Herrschaftsformen. In politischen Weißbüchern und Beschlüssen der Exekutive hat die Obama-Regierung dem Präsidenten die Vollmacht zugesprochen, US-Bürger ohne Anklage und Gerichtsverfahren zu ermorden. Die Folterer und Kriegsverbrecher der Bush-Regierung kamen ungestraft davon, und die Macht des Militär-, Geheimdienst- und Polizeiapparats hat enorm zugenommen.

Vieles von dem, was unter Obama zum Teil hinter den Kulissen vor sich gegangen ist, wird unter Trump viel direkter und unverhüllter praktiziert werden. Es entsteht eine Form von amerikanischem Autoritarismus, der darauf abzielen wird, die Kämpfe der Arbeiterklasse gewaltsam zu unterdrücken.

Mit der Wahl von Trump wetzt die herrschende Klasse die Messer und bereitet sich darauf vor, sie auch zu benutzen. Zugleich ist der Wirtschaftsnationalismus Trumps keine Abkehr von militaristischer Gewalt, sondern der Vorbote eines dritten Weltkriegs. Weil die amerikanische herrschende Klasse mit einer hartnäckigen globalen Krise konfrontiert ist, wird sie versuchen, ihre weltweite Vorherrschaft durch immer offenere Aggression zu retten.

Allenthalben wird versucht, die Bedeutung dieser Ereignisse kleinzureden. Die korrupten amerikanischen Medien passen sich an das neue ultrarechte Regime an. Die New York Times hat eine reumütige Entschuldigung für ihre bisherige Berichterstattung verfasst, nachdem sie im Wahlkampf unaufhörlich für Clinton getrommelt hatte. Ihre Kolumnisten, die bisher jeden, der den Wahlkampf der Demokraten nicht unterstützt hatte, scharf kritisierten, erklären nun, dass es nötig sei, „Trump Zeit zu geben“, um zu sehen, was er tut.

Solche Beruhigungspillen sind Zeichen für Feigheit und Betrug.

Die grundlegende Lehre lautet: Es ist nicht möglich, mit irgendeiner Fraktion der Demokratischen Partei gegen politische Reaktion, Krieg und Ungleichheit zu kämpfen. Während Trump ein Bündnis der Wall Street mit faschistischen Kräften verkörpert, ist die Demokratische Partei ein Bündnis der Wall Street mit privilegierten, selbstzufriedenen und eigensüchtigen Teilen der oberen Mittelklasse.

Die Demokraten machen sich über das Aufkommen von Widerstand in der Arbeiterklasse viel mehr Sorgen als über taktische Differenzen mit Trump. Sie wissen genau, dass es in der Bevölkerung eine enorme Opposition gegen beide Parteien gibt, und wollen um jeden Preis verhindern, dass diese Opposition einen politischen Ausdruck findet. Kein einziger prominenter Vertreter der Demokraten hat bisher seine Solidarität mit den Protesten gegen Trumps Wahl erklärt, Verständnis für die Demonstranten geäußert oder sich ihnen gar angeschlossen.

Während Trumps Wahlsieg eine starke Wende der amerikanischen herrschenden Klasse nach rechts anzeigt, bewegen sich Millionen Arbeiter und Jugendliche politisch in eine andere Richtung. Trump konnte die soziale Unzufriedenheit ausnutzen, weil die Demokratische Partei politisch bankrott ist, die Wahlbeteiligung gering war und das politische Establishment insgesamt verhasst ist. Aber die meisten Wähler Trumps wollten nicht für ein rechtsextremes Regime stimmen. Je mehr der Charakter seiner Regierung deutlich wird, desto mehr wird die soziale und politische Opposition zunehmen.

Die Socialist Equality Party und ihre Kandidaten Jerry White und Niles Niemuth haben an der Wahl 2016 teilgenommen, um die politischen Grundlagen für eine sozialistische Bewegung der Arbeiterklasse zu legen. Das Ziel unseres Wahlkampfs war der Aufbau einer Führung in der Arbeiterklasse, um die kommenden Kämpfe vorzubereiten, egal, ob Trump oder Clinton ins Weiße Haus einzieht.

Die Wahl von Trump unterstreicht die Dringlichkeit dieser Aufgabe. Im ganzen Land muss Widerstand gegen die Trump-Regierung und ihre Politik aufgebaut und organisiert werden. Alle Arbeiter und Jugendlichen, die nach einer Möglichkeit suchen, den Kampf aufzunehmen, sollten die notwendigen Schlussfolgerungen aus der Wahl von 2016 ziehen und sich der Socialist Equality Party und den International Youth and Students for Social Equality anschließen.

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