Syrische Armee rückt weiter in Aleppo vor

Syrische Truppen haben am Montag ihren Vorstoß in Ost-Aleppo vorangetrieben und damit den „Rebellen“, die von den Vereinigten Staaten unterstützt werden, eine weitere verheerende Niederlage zugefügt. Laut Berichten kontrollieren syrische Truppen und schiitische Milizen, darunter auch Truppen aus dem Iran und von der libanesischen Hisbollah, jetzt zwei Drittel des Gebiets, das zuvor von den islamistischen Kräften gehalten wurde, die gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad kämpfen.

Washingtons Versuch, sich auf islamistische Stellvertretertruppen zu stützen, um in Syrien einen Regimewechsel herbeizuführen, steht vor dem Scheitern. US-Außenminister John Kerry drängte letzte Woche auf ein Abkommen, nach dem al-Nusra-Kämpfer die Stadt verlassen und im Gegenzug dafür Assad und Russland einer Übereinkunft zustimmen sollten, die so genannten „gemäßigten Rebellen“ in der Stadt zu lassen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow forderte jedoch am Montag, alle „Rebellen“-Kämpfer müssten die Stadt verlassen.

Lawrow erklärte: „Bewaffnete Gruppen, die sich weigern, Ost-Aleppo zu verlassen, werden als Terroristen betrachtet. Wir werden sie entsprechend behandeln, als Terroristen und Extremisten, und wir werden einen syrischen Armeeeinsatz gegen diese kriminellen Abteilungen unterstützen.“

Laut New York Times wollten US-Vertreter nicht bestätigen, dass in den kommenden Tagen in Genf Gespräche mit Russland über den Rückzug der „Rebellen“ stattfinden. Da das Ausmaß der Niederlage der „Rebellen“ immer deutlicher wird, macht sich Krisenstimmung breit. Ein Hinweis darauf findet sich in der Feststellung der Times, Lawrows jüngste Abzugsforderung habe die US-Vertreter offensichtlich überrascht.

Ein Sieg der syrischen Regierung in Aleppo scheint immer greifbarer. Nach Berichte von Sonntag kontrollierten mit der Regierung verbündete Truppen rund die Hälfte von Ost-Aleppo, weitere Bodengewinne wurden am Montag gemeldet. Die von den Rebellen gehaltenen Gebiete wurden während der dreiwöchigen Offensive in Enklaven aufgespalten. Begleitet wurde die Offensive von intensiven Bombardements durch russische und syrische Flugzeuge.

Nach jüngsten Schätzungen haben diese Angriffe 320 Zivilisten das Leben gekostet, unter den Toten sind etwa 40 Kinder. Die „Rebellen“ ihrerseits haben ihren wahllosen Beschuss des von der Regierung kontrollierten Westteils der Stadt Aleppo fortgesetzt und dabei im selben Zeitraum 69 Menschen getötet.

Hilfsorganisationen berichten, dass 31.000 Zivilisten aus dem von den „Rebellen“ kontrollierten Gebiet geflohen sind.

Am Montag wurde ein provisorisch eingerichtetes Feldlazarett, das vor den Kampfhandlungen fliehende Zivilisten behandeln sollte, von den Anti-Assad-Truppen angegriffen. Zwei russische Krankenschwestern wurden bei dem Angriff getötet. Insgesamt wurden acht Tote in den von der Regierung kontrollierten Gebieten gemeldet. Zwei Luftangriffe in der Provinz Idlib, die wahrscheinlich von syrischen oder russischen Flugzeugen geflogen wurden, haben mehreren Dutzend Menschen das Leben gekostet.

Moskau hofft, den Vorteil nutzen zu können und alle „Rebellen“-Streitkräfte aus Aleppo zu jagen. Deshalb legte Russland am Montag zusammen mit China ein Veto gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats ein. Die Resolution, die von Spanien, Ägypten und Neuseeland mit Unterstützung der USA eingebracht wurde, hatte einen sofortigen siebentägigen Waffenstillstand zum Ziel.

Der russische Außenminister Lawrow erklärte, die Resolution sei eine „Provokation“. Mit Blick auf die „Rebellen“, die von der al-Nusra-Front, einer Schwesterorganisationen von al-Qaida, dominiert werden, erklärte er, die bisherigen Waffenruhen seien von ihnen benutzt worden, um neue Waffen aus den USA und den Golf-Scheichtümern zu erhalten. Dies war das Ergebnis des kurzen Waffenstillstands, dem Russland und die USA im September zugestimmt hatten. Die Waffenruhe wurde gebrochen, als US-Flugzeuge weniger als eine Woche nach ihrem Inkrafttreten syrische Armeestellungen bombardierten.

Wie vorherzusehen war, reagierten die USA und ihre Verbündeten auf Moskaus und Pekings Votum, indem sie Russland und Syrien wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilten. Der Pressesprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, erklärte, die syrischen und russischen Angriffe seien „eine Schande“.

Das Heuchelei in solchen Äußerungen ist atemberaubend. Moskaus wichtigstes Ziel besteht darin, das Assad-Regime zu halten, den wichtigsten Verbündeten Russlands im Nahen Osten. In Syrien liegt der einzige russische Militärstützpunkt außerhalb der Gebiete der ehemaligen Sowjetunion. Auch nimmt sich die Zahl der Opfer, die syrische und russische Angriffe fordern, gering aus in Vergleich zu den Gräueltaten, die vom den US-Imperialismus verübt werden.

Die USA spielen eine entscheidende Rolle bei der brutalen Offensive, die derzeit gegen die Stadt Mossul im Nordirak geführt wird. Dort sind mehr als 1,5 Millionen Menschen eingeschlossen und erleiden ununterbrochene Angriffe auf die Wohngebiete. US-Politiker und Medien haben versucht, die öffentliche Meinung auf eine große Zahl ziviler Opfer in Mossul vorzubereiten, indem sie den Kämpfern des Islamischen Staats die alleinige Schuld geben. Die von den USA unterstützte Offensive der irakischen Armee, der kurdischen Peschmerga und anderer Milizen hat jedoch zu einer unbekannten Zahl ziviler Todesopfer geführt, Zehntausende zur Flucht gezwungen und in den östlichen Stadtteilen von Mossul die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung unterbrochen. Es gibt außerdem Berichte über religiös motivierte Gräueltaten gegen die ansässige sunnitische Bevölkerung.

Die Vereinigten Staaten tragen die Hauptverantwortung für die Gewalt, in die der Irak und Syrien versunken sind und die Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Washington hat nicht nur 2011 den Bürgerkrieg mit dem Ziel eines Regimewechsels in Damaskus geschürt, die USA haben in dieser Weltregion zwei Jahrzehnte lang praktisch ununterbrochen Krieg geführt, um die amerikanische Vorherrschaft über diese ressourcenreiche Region zu festigen.

Der designierte Präsident Donald Trump hat ein Kabinett zusammengestellt hat, das von ehemaligen Generälen und aggressiven Befürwortern des US-Militarismus dominiert wird. Daraus ist zu schließen, dass diese Politik unter der neuen Regierung noch verstärkt wird.

Trump muss zwar erst noch eine Strategie für Syrien ausarbeiten, die Ernennungen von Generals a.D. James Mattis zum Verteidigungsminister und von Michael Flynn zum Sicherheitsberater weisen allerdings auf einen Politikwandel hin. Beide haben Obamas Politik kritisiert, sich auf „Rebellengruppen“ zu stützen. Mattis fordert eine Resolution des Kongresses, die im Ernstfall den Einsatz von US-Bodentruppen gegen den Islamischen Staat vorsieht. Der IS kontrolliert immer noch wesentliche Teile Syriens.

Die Niederlage der von den USA protegierten islamistischen Kräfte in Aleppo treibt die europäischen imperialistischen Mächte an, eine alternative Lösung für den Konflikt zu finden. Ein Bericht in der Londoner Times deutet darauf hin, dass das Fiasko der US-Politik in Syrien die Europäische Union veranlasst, eine eigene Initiative vorzulegen. Laut dem Bericht der Times hat die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini vor zwei Wochen auf einem Treffen mit syrischen Oppositionskräften vorgeschlagen, Brüssel könne Assad als Staatschef akzeptieren, wenn er die Kontrolle über bestimmte Regionen des Landes den „Rebellen“ überlassen würde. Mogherini soll auch finanzielle Unterstützung aus Brüssel für eine solche Vereinbarung in Aussicht gestellt haben. Laut Times will man auf diesem Wege den westlichen Einfluss in Syrien nach einem Sieg Assads nicht ganz verlieren.

Eine Quelle mit Verbindungen zur syrischen Opposition erklärte: „Mogherini wollte einen EU-Plan vorstellen, der eine Lösung im Konflikt anbietet. ... Wenn alle Seiten einverstanden sind und alle tun, was die EU sagt, gibt es als Gegenleistung einen großen Topf Geld.“

Dies unterstreicht nur die zunehmend explosive Brisanz der syrischen Krise. Sie verschärft die Rivalitäten zwischen den imperialistischen Mächten, die ihre geostrategischen Interessen mit immer offenerer Rücksichtslosigkeit verfolgen. Führende europäische Politiker betonten nach Trumps Sieg letzten Monat, dass Europa unabhängiger von den Vereinigten Staaten agieren und sie in Fragen, bei denen die Interessen kollidieren, auch herausfordern müsse.

EU-Diplomaten haben die Vorschläge, von denen die Times berichtet, dem Grunde nach bestätigt. Da die US-Strategie, einen islamistischen Aufstand gegen Assad zu unterstützen, offensichtlich auf eine Niederlage zusteuert, treibt die EU Pläne für eine religiös begründete Aufteilung Syriens in Regionen voran, deren konkurrierende Regierungen von europäischem Kapital unterstützt werden.

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