Griechenland: Generalstreik gegen die Syriza-Regierung

Am Donnerstag fand in Griechenland ein eintägiger Generalstreik gegen die Sparpolitik der Regierung statt. Die Arbeiter protestierten gegen die erneuten Kürzungen und Steuererhöhungen, die die pseudolinke Regierungspartei Syriza (Koalition der Radikalen Linken) durchsetzen will.

Die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes (ADEDY) und der Allgemeine Gewerkschaftsverband griechischer Arbeiter (GSEE), der für die Privatwirtschaft zuständig ist, hatten zum Streik aufgerufen. Der gesamte öffentliche Nahverkehr war vom Ausstand betroffen. In der Hauptstadt Athen fuhren weder U-Bahnen, noch gab es Bahnverbindungen zu den Vorstädten. Die Fernzüge wurden gestrichen, weil der Bahnbetreiber Trainose gezwungen war, seinen Betrieb einzustellen.

Staatliche Schulen und Universitäten blieben geschlossen. Die Beschäftigten im staatlichen Gesundheitssektor unterstützten den Streik ebenfalls. In den Krankenhäusern war nur ein Notfalldienst eingerichtet. Auch die Bankangestellten beteiligten sich an dem Streik.

Am Mittwoch waren bereits die Journalisten in einen 24-stündigen Streik getreten, so dass keine Nachrichtensendungen im Fernsehen und im Rundfunk übertragen wurden. Am Donnerstagmorgen erschienen keine Zeitungen und wurden die Nachrichten-Webseiten nicht aktualisiert. Die Journalisten protestierten gegen Kürzungen bei der Sozialversicherung, die Auswirkungen auf ihre Rentenfonds haben. Wegen der Wirtschaftskrise in Griechenland und dem allgemeinen weltweiten Rückgang der Zeitungsauflagen haben viele Journalisten schon seit Monaten keinen Lohn erhalten, obwohl sie weiterhin arbeiten.

Die Seeleute haben in dieser Woche ebenfalls gestreikt. Sie protestierten gegen geplante Steuererhöhungen auf ihre Einkommen. Dadurch kam der Verkehr der Passagier- und Frachtschiffe zum Erliegen.

Etwa 7.000 Menschen beteiligten sich an mehreren Demonstrationen in Athen. Die Hauptdemonstration begann am Pedion-tou-Areos-Platz und endete am Syntagma-Platz vor dem Parlamentsgebäude. Auf einigen Transparenten stand: „Wir machen keine Kompromisse“ und „Wir wollen Arbeitsplätze“. Nikos Spanopoulos, ein Fabrikarbeiter, der auf der Demonstration war, erklärte gegenüber den Medien: „Diese linke Regierung wurde gewählt, um die Situation zu verbessern, aber nach allem, was ich sehe, ... werden sie uns alles wegnehmen, einschließlich unserer Unterwäsche.“

Ein weiterer Teilnehmer erklärte gegenüber Euronews: „Fast alle Familien sind in einer Krise.“ Und er fügte hinzu: „Es gibt enorme Schwierigkeiten, nicht nur ökonomisch, sondern auch im sozialen Bereich.“ Ein Rentner erklärte: „Unsere Renten sind um mindestens 40 Prozent gekürzt worden. Die Menschen haben kein Geld, um noch mehr Steuern zu zahlen. Sie haben hart gearbeitet und eine Menge Beiträge in die Sozialversicherung gezahlt. Das wurde ihnen alles im Voraus weggenommen.“

PAME, die Gewerkschaftsorganisation der stalinistischen Kommunistischen Partei Griechenlands, organisierte eine gesonderte Demonstration in Athen.

Im ganzen Land fanden Demonstrationen statt. In Griechenlands zweitgrößter Stadt Thessaloniki demonstrierten 5.000 Menschen. Der öffentliche Nahverkehr kam auch hier zum Erliegen.

Seit Beginn der brutalen Sparpolitik im Jahr 2009 hat die griechische Bevölkerung fast ein Drittel ihres Einkommens eingebüßt. Die Arbeitslosigkeit liegt weiterhin bei über 23 Prozent (1,1 Millionen Menschen), und die Jugendarbeitslosigkeit beträgt mehr als 46 Prozent.

Die Gewerkschaften haben den eintägigen Generalstreik ausgerufen, damit die Arbeiter ihrer Wut Luft machen können, während die Sparmaßnahmen unvermindert weitergehen. Doch man hat mittlerweile den Eindruck, dass diese abgenutzte Taktik, die seit dem ersten Sparprogramm im Jahr 2010 zahllose Male angewandt wurde, langsam ausgedient hat. Die Gewerkschaftsbürokratie hat vor diesem Streik einen kämpferischeren Ton angeschlagen, um die Arbeiterklasse weiter im Zaum zu halten und ihre eigene Komplizenschaft bei der Durchsetzung der Sparmaßnahmen in den letzten sechs Jahren zu vertuschen. ADEDY erklärte in einem Statement, es sei notwendig, alle Arbeiter zu vereinen und die „Streiks, Demonstrationen und Besetzungen zu einem gemeinsamen Kampf mit der Jugend und den verarmten Schichten der Mittelklasse auszuweiten“.

Die Sparpolitik der Regierung hat auch innerhalb von Syriza eine Krise ausgelöst. Neun von zehn Wählern sind mittlerweile unzufrieden mit der pseudolinken Partei. Um dieser Ablehnung entgegenzuwirken, hat Syrizas „Abteilung für Arbeitsmarktpolitik“ den Streik unterstützt. Sie gab eine Erklärung heraus, in der sie gegen die „neoliberale Politik, die Arbeitsnehmerrechte abbaut“, wettert und „Arbeiter, Arbeitslose und Jugendliche“ dazu aufruft „in großer Zahl an dem Streik teilzunehmen“ – der sich gegen ihre eigene Partei richtet!

Der Streik fand nur drei Tage nach einem Treffen der Finanzminister der Europäischen Union (EU) statt, auf dem Griechenland darum bat, dass die Zielvorgabe eines 3,5prozentigen Primärüberschusses nach 2018 gesenkt und ein Schuldenerlass durchgesetzt wird. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble drohte Griechenland am Sonntag vor dem Treffen, dass es nur in der Eurozone bleiben könne, wenn es weitere Sparmaßnahmen umsetze. Ein Schuldenerlass würde dem Land nicht helfen, erklärte er gegenüber der BILD am Sonntag. „Athen muss endlich die nötigen Reformen machen. Wenn Griechenland im Euro bleiben will, führt kein Weg daran vorbei - und zwar unabhängig vom Schuldenstand.“

Der Internationale Währungsfonds hingegen hält das 3,5-Prozent-Ziel für unrealistisch und befürwortet einen gewissen Schuldenerlass – aber nur im Gegenzug für zusätzliche 4,2 Milliarden Euro an Einsparungen und weiteren Arbeitsmarktreformen, darunter die Abschaffung der Tarifverhandlungen und die Erleichterung von Entlassungen.

Das griechische Parlament soll am Samstag über den Haushalt abstimmen. Finanzminister Euclid Tsakalotos berichtete dem Parlament am Donnerstag von dem Treffen der Eurogruppe und erklärte: „Wie werden auf keinen Fall die Maßnahmen [die vom IWF gefordert werden] umsetzen.“ Er hoffe, einen Kompromiss über den Primärüberschuss erzielen zu können, damit er ein Prozent der Gesamtsumme beiseite legen kann, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Diese heuchlerischen Appelle an Griechenlands Kreditgeber sind völlig wertlos. Syriza hatte nur acht Monate nach ihrem Amtsantritt im Januar 2015 trotz enormer Ablehnung der Kürzungspolitik in der Bevölkerung ein drittes Sparmemorandum unterzeichnet. Ihre jetzige Taktik verfolgt lediglich das Ziel, der Regierung genügend Raum für Manöver zu verschaffen, um die Umsetzung der Sozialangriffe vorzubereiten, die von den Kreditgebern verlangt werden.

Laut Quellen, die von der Online-Zeitung TheToc.gr zitiert werden, „besteht der IWF auf Lohnkürzungen und sogar Entlassungen im öffentlichen Dienst, sowie auf die gleichzeitige Abschaffung mehrerer Einrichtungen des öffentlichen Dienstes“. Laut dem Artikel auf TheToc.gr schlägt der IWF vor, dass solche Maßnahmen automatisch umgesetzt werden, wenn die Personalkosten einen vorgegebenen Prozentsatz des BIP überschreiten.

Vor ein paar Tagen hat die Syriza-nahe Tageszeitung I Efimerida Ton Syntakton (Ef.Syn.) eine Umfrage veröffentlicht, laut derer sechs von zehn Griechen dafür sind, dass Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes entlassen werden, wenn sie bei der Leistungsbewertung negativ abschneiden. Im nächsten Jahr soll ein neues System zur Leistungsbewertung eingeführt werden. Doch diese Umfrage basierte auf einer trügerischen Fangfrage. Sie zielt darauf ab, der bereits festgelegten politischen Agenda – die Aushöhlung des griechischen öffentlichen Dienstes – einen objektiven, wissenschaftlichen Schein verleihen.

Die Umfrage von Ef.Syn, die vor allem der Propaganda dient, soll die Öffentlichkeit auf die Massenentlassungen im öffentlichen Dienst vorbereiten. Diese Entlassungen sind nur ein Teil der umfassenden Pläne, die Lebensbedingungen der gesamten Arbeiterklasse weiter drastisch zu senken.

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