Perspektive

Die Trump-Junta

Am Mittwoch wurde General John Kelly, der ehemalige Chef des Southern Command, als Minister für das US-Heimatschutzministerium nominiert. Damit sind inzwischen drei ehemalige militärische Befehlshaber für Kabinettsposten in Donald Trumps Regierung vorgesehen.

Trump hatte zuvor schon Generalleutnant Mike Flynn, den ehemaligen Chef des Militärgeheimdiensts Defense Intelligence Agency, als seinen Nationalen Sicherheitsberater ausgewählt. Flynn ist auch für seine muslimfeindlichen Äußerungen berüchtigt.

Außerdem hat er den ehemaligen Chef des Central Command, den frisch pensionierten General James Mattis als künftigen Verteidigungsminister benannt. Mattis hat sich seinen Spitznamen „Mad Dog“ (tollwütiger Hund) dadurch erworben, dass er wiederholt öffentlich seine Lust am Töten betont hat. Die Nominierung von Mattis erfordert eine Sondergenehmigung des Kongresses, denn normalerweise ist es militärischen Befehlshabern, die in den letzten sieben Jahren im aktiven Dienst standen, per Gesetz verwehrt, ein solches Amt zu bekleiden. Mattis ging 2013 in Rente und übernahm einen Sitz im Aufsichtsrat bei dem bedeutenden Rüstungslieferanten General Dynamics.

Weitere Offiziere stehen auf der Warteliste. Der pensionierte General David Petraeus, der auch schon als Chef des US Central Command gedient hat und kurzzeitig Direktor der CIA war, ist angeblich in der engeren Auswahl für den Posten des Außenministers. Aber auch er würde eine Ausnahmegenehmigung brauchen, weil er vor weniger als sieben Jahre aus dem aktiven Dienst ausgeschieden ist. Außerdem bräuchte er die Zustimmung seines Bewährungshelfers, in Washington arbeiten und aus den Vereinigten Staaten ausreisen zu dürfen. Er wurde letztes Jahr zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt, nachdem er zugegeben hatte, Dokumente der höchsten Geheimhaltungsstufe an seine Geliebte weitergegeben zu haben.

Auch der pensionierte Admiral James Stavridis, ehemaliger NATO-Oberbefehlshaber wird auf seine Eignung für das Amt des Außenministers überprüft. Er traf Trump am Donnerstag in New York. Früher galt er mal als möglicher Kandidat für den Posten des Vizepräsidenten an der Seite Hillary Clintons. Admiral Michael Rogers, gegenwärtig Chef der National Security Agency (NSA), soll als Nationaler Geheimdienstdirektor im Gespräch sein.

Die vielen Militärs, die für Trumps Kabinett zur Auswahl stehen, lassen die künftige US-Regierung mehr und mehr einer lateinamerikanischen Militärjunta ähneln. Besonders beängstigend ist, dass noch kürzlich aktive Generälen künftig an der Spitze des Verteidigungsministeriums und des Heimatschutzministeriums stehen sollen – das eine kontrolliert die gigantische amerikanische Militärmaschinerie, das andere koordiniert den aufgeblähten Polizeistaatsapparat. Die Regierung will den Krieg im Ausland mit Unterdrückung im Inland verbinden, und das alles unter der strikten Kontrolle einer militärischen Kamarilla.

Der Hochstapler-Milliardär Trump hatte sich während des Vietnamkriegs insgesamt fünfmal der Wehrpflicht entziehen können. Heute scheint er sich bevorzugt mit viel militärischem Blech zu umgeben. Auf Kundgebungen bricht er in idiotische „Mad Dog Mattis“ Rufe aus, so als ob die Beschwörung des Schlächters von Falludschah sein Image aufbessern könne. Aber es gibt einen objektiven Grund für den Aufstieg des Militärs in höchste Regierungspositionen.

Vor 55 Jahre warnte US-Präsident Dwight D. Eisenhower, ehemals Oberbefehlshaber im Zweiten Weltkrieg, in seiner Abschiedsrede vor der „Verbindung einer gewaltigen militärischen Führungsschicht mit einer mächtigen Rüstungsindustrie“ deren „wirtschaftlicher, politischer und sogar geistiger Einfluss in jeder Stadt, jedem Bundesstaat, jedem Ressort der Bundesregierung spürbar ist“.

Eisenhower warnte: „Wir […] müssen uns vor unbefugtem Einfluss – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – durch den militärisch-industriellen Komplex schützen. Das Potenzial für die katastrophale Zunahme fehlgeleiteter Kräfte ist vorhanden und wird weiterhin bestehen.“

Eisenhower hat sich wohl in seinen wildesten Träumen kaum jene „katastrophale Zunahme fehlgeleiteter Kräfte“ ausmalen können, wie sie in der designierten Trump-Regierung sichtbar wird, und wohl auch kaum das schiere Wachstum des US-Militärapparats.

Das Budget des Pentagon verschlingt mit 580 Mrd. Dollar mehr als die Hälfte der verfügbaren Haushaltsmittel. Wenn man zu den Mitteln für die nicht enden wollenden Kriege in Übersee noch die Kosten für die Atomwaffen und weitere Militärausgaben hinzuzählt, liegen die wahren Kosten von Washingtons Kriegsmaschine eher bei einer Billion Dollar im Jahr.

Nicht nur das Budget des US-Verteidigungsministeriums, auch die politische Macht des Pentagons ständig zu – insbesondere während des vergangenen Vierteljahrhunderts ununterbrochener Kriegsführung. Die Schaffung einer professionellen Freiwilligenarmee hat die Streitkräfte immer mehr von der Zivilgesellschaft isoliert und eine ausgeprägte gesellschaftliche Kaste geschaffen, die ihre eigenen politischen Interessen im Staat immer aggressiver verfolgt. Befehlshaber des so genannten „Vereinigten Kampfkommandos“ (UCC) wie Mattis, Kelly, Petraeus und Stravidis üben über ganze Weltregionen eine enorme Macht aus. Sie stellen jeden Botschafter oder andere zivile Repräsentanten der US-Regierung weit in den Schatten.

Offenbar haben die einfachen Soldaten des US-Militärs mit großer Mehrheit für Trump gestimmt – zum Teil aus der fehlgeleiteten Hoffnung heraus, dass er die Dauerkriege in Afghanistan und im Nahen Osten beenden würde. Die meisten Spitzenvertreter des Militärs standen dagegen auf der Seite der Demokratin Hillary Clinton, die sie bereits als Militaristin und verlässlichere Unterstützerin ihrer strategischen Kriegsvorbereitungen gegen Russland kannten.

Mit der Ausnahme von Flynn hatte keiner der militärischen Ex-Kommandeure, die jetzt für höhere Ämter in Betracht gezogen werden, im Wahlkampf auf Trumps Seite gestanden. Einige waren mit der Obama-Regierung aneinander geraten, Mattis zum Beispiel wegen dem Iran, und Kelly wegen Guantanamo.

Es ist nicht davon auszugehen, dass nur Trump die Generäle aussucht. Genauso entscheiden die Generäle möglicherweise selbst, der Regierung beizutreten, weil sie zuversichtlich sind, ihr letztlich ihre Politik diktieren zu können.

Die Obama-Regierung und die Demokraten im Kongress haben am Donnerstag signalisiert, dass sie der Berufung von Mattis zum Verteidigungsminister keine Steine in den Weg legen werden. Dem Kongress liegt bereits eine Eingabe vor, um dem erst kürzlich aus dem Dienst ausgeschiedenen Befehlshaber diesen Posten nicht zu verwehren. Die Debatte über die Sonderregelung im Senat wird auf zehn Stunden begrenzt, obwohl diese Bestimmung zum ersten Mal seit mehr als sechzig Jahren angewendet werden soll.

Der Sprecher des Weißen Hauses Josh Earnest erklärte, Trump „soll viel Spielraum bei der Zusammensetzung seines Teams eingeräumt werden“. Obama „glaubt, dass dies ein wichtiges Prinzip ist.“

Wichtiger offenbar als die zivile Kontrolle über das Militär. Dieses absolut grundlegende verfassungsrechtliche Prinzip ist inzwischen das Papier nicht mehr wert, auf das es geschrieben ist und wird von keinem nennenswerten Teil des politischen Establishments mehr verteidigt. Dies ist eines der klarsten Anzeichen für den Verfall und den Zusammenbruch bürgerlich demokratischer Institutionen in den Vereinigten Staaten. Dieser Zustand findet seinen klarsten politischen Ausdruck in der Trump-Präsidentschaft selbst.

Bei den Beratungen in den New Yorker Trump Towers wird eine Klassenkriegsregierung zusammengestellt, die aus Milliardären und Generälen besteht. Sie wendet sich an das Militär, um eine reaktionäre Sozialpolitik und militaristische Kriegspolitik durchzusetzen und den bevorstehenden Widerstand der Arbeiterklasse und der Jugend gegen diese Politik zu unterdrücken.

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