Zeit-Journalisten Joffe und Bittner verlieren Unterlassungsklage gegen Satiresendung „Die Anstalt“

Zeit-Herausgeber Josef Joffe und Zeit-Journalist Jochen Bittner sind mit einer Unterlassungsklage gegen die ZDF-Satiresendung “Die Anstalt” gescheitert. Der Bundesgerichtshof hob am Dienstag in dritter Instanz ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg auf, das es dem ZDF untersagte, die Verbindung der beiden Journalisten zu bestimmten sicherheitspolitischen Lobbygruppen zu thematisieren.

Die von den Kabarettisten Max Uthoff und Claus von Wagener moderierte Sendung hatte am 29. April 2014 das inzestuöse Verhältnis sogenannter Alpha-Journalisten zu transatlantischen Thinktanks wie dem Aspen Institute, der Trilateralen Kommission, der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik und der Bundesakademie für Sicherheitspolitik thematisiert, die sich für militärische Aufrüstung einsetzen.

Das Thema war damals, auf dem Höhepunkt der Ukrainekrise, hochaktuell. Nur drei Monate vorher hatten Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf der Münchner Sicherheitskonferenz das „Ende der militärischen Zurückhaltung“ verkündet.

Neben Joffe und Bittner von der Zeit ging „Die Anstalt“ auch auf Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung sowie auf Günther Nonnenmacher und Klaus-Dieter Frankenberger von der Frankfurter Allgemeinen ein. Auf einer Schautafel skizzierten Uthoff und von Wagener die zahlreichen Verbindungen der fünf Journalisten zu diversen Lobbygruppen und charakterisierten sie mit dem Satz: „Die recherchieren da nicht, die sind da Mitglieder, Beiräte, Vorstände.“

Die betroffenen Journalisten versuchten darauf, das ZDF unter Druck zu setzen. Joffe schrieb einen Beschwerdebrief an ZDF-Chefredakteur Peter Frey, der wie Stefan Kornelius und Klaus-Dieter Frankenberger im Beirat der Bundesakademie für Sicherheitspolitik sitzt. Joffe und Bittner forderten zudem eine Unterlassungserklärung und erhoben, als das ZDF diese nicht unterschrieb, Unterlassungsklage.

Unterlassungserklärung und -klage sind beliebte Mittel, um kritische Journalisten und Medien unter Druck zu setzen. In der Regel erhält der Betroffene vom Rechtsanwalt des Klägers die Aufforderung, freiwillig auf die Wiederholung bestimmter Aussagen zu verzichten und im Falle eines Verstoßes eine hohe Geldbuße zu akzeptieren. Verweigert er die Unterschrift, muss er mit einem teuren Klageverfahren rechnen. Selbst wenn er unterschreibt, muss er in der Regel die überteuerte Rechnung des Klägeranwalts bezahlen, der die Erklärung aufgesetzt hat. Vor allem für finanzschwache Medien können solche Verfahren existenzbedrohend sein.

Beim gebührenfinanzierten ZDF spielt die Finanzfrage zwar keine vorrangige Rolle, doch die Klage Joffes und Bittners sollte offenbar dafür sorgen, dass Kritik an den etablierten Medien vor einem Millionenpublikum in Zukunft ausbleibt. Ihr Vorgehen gegen „Die Anstalt“ unterschied sich in dieser Hinsicht nicht wesentlich von den Klagen des türkischen Präsidenten Erdogan gegen den Satiriker Jan Böhmermann, über die sich viele deutsche Medien empört haben.

Vor dem Landgericht Hamburg scheiterten Joffe und Bittner in erster Instanz. Das Gericht hielt es für unerheblich, dass Joffe nur in sieben und nicht, wie von der Sendung behauptet, in acht der genannten Organisationen Mitglied war. Schließlich, so das Gericht, handle es sich um eine Satiresendung.

Bittner wollte außerdem die Aussage verbieten lassen, er habe selbst an der Rede von Bundespräsident Gauck auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2014 mitgewirkt, über die er dann wohlwollend berichtete. Tatsächlich hatte Bittner an dem Strategiepapier „Neue Macht – neue Verantwortung“ mitgearbeitet, auf das Gauck in seiner Rede zurückgriff.

Die zweite Instanz, das Oberlandesgericht Hamburg, hob das Urteil der ersten Instanz auf und entschied zugunsten von Joffe und Bittner. Es gelangte zum Schluss, dass Joffe bei etwas strengerer Auslegung nur mit sechs statt wie von der Satiresendung behauptet mit acht transatlantische Organisationen verbandelt sei. Dies sei eine „verfälschende Abweichung“, die „geeignet wäre, den sozialen Geltungsanspruch des Klägers zu beeinträchtigen“.

Das BGH hat nun diesen Versuch, mittels Erbsenzählerei politische Kritik zu unterbinden, klar zurückgewiesen. Es wirft dem OLG Hamburg vor, es habe „den angegriffenen Äußerungen einen unzutreffenden Sinngehalt entnommen“. Bei „korrekter Ermittlung des Aussagegehalts“ hätten die Kabarettisten „die oben genannten Aussagen nicht getätigt, so dass sie nicht verboten werden können“.

Laut BGH muss eine Äußerung zur Erfassung des Aussagegehalts „stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist“. Bei einem satirischen Fernsehbeitrag sei außerdem „in den Blick zu nehmen, welche Botschaft bei einem unvoreingenommenen und verständigen Zuschauer angesichts der Vielzahl der auf einen Moment konzentrierten Eindrücke ankommt“.

„Dies zugrunde gelegt“, endet die kurze Pressemitteilung des Gerichts, „lässt sich dem Sendebeitrag im Wesentlichen nur die Aussage entnehmen, es bestünden Verbindungen zwischen den Klägern und in der Sendung genannten Organisationen. Diese Aussage ist zutreffend.“

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